>
> Was Du sagst ist ja nur das, was ich auch gesagt habe: die niedrige
> Eingangshuerde dient dazu, Leute anzulocken und ist damit erfolgreich.
> Das heisst aber nicht, dass sie noch zeitgemaess ist. Wir sind bekannt
> genug, dass wir nicht mehr betteln muessen. Wir koennten auch
> versuchen, gezielt zu Benutzer anzuwerben und zwar in den BEreichen,
> wo wir grosse Luecken haben. Und da ist die Frage angebracht, wieso
> wir uns den taeglichen Vandalismus durch IPs geben, wenn wir das
> eigentlich gar nicht noetig haben.
>
100 % Zustimmung zu jedem einzelnen Wort. Leider ist das Wikiprinzip mit
der Zeit zu einer quasireligiösen Grundlage der Wikipedia erhoben worden,
das anzutasten schon beinahe sakrosankt geworden ist. Das habe ich vor
einigen Monaten bei einem Vorschlag von Dickbauch gemerkt, der eine
winzige Einschränkung für anonyme Mitarbeiter bedeutet hätte. Es ist wahr,
dass das Wikiprinzip großartig funktioniert hat. Es hat dafür gesorgt,
dass Wikipedia von einer belächelnswerten Sammlung von ein paar Artikeln
zu einer kolossal umfangreichen Informationshalde geworden ist
(Enzyklopädie will ich mal nicht sagen). Nun wäre es tatsächlich an der
Zeit, zu überlegen, wie es von diesem Punkt weitergehen soll. Der
Zoologie-Bereich (in dem ich hauptsächlich tätig bin) wird täglich
überschwemmt von Beiträgen von Nutzern, die vielleicht sogar gutwillig
sind, es aber einfach nicht können und nie können werden. In anderen
Themenfeldern ist es wohl noch viel schlimmer. Ein solide ausgebauter
Artikel mit einem breiten Überblick über die wichtigsten Informationen zu
einem Thema braucht in der Regel nur noch weitere Bearbeitungen von
wirklichen Fachleuten, die Ergänzungen von wissenschaftlichem Wert machen
können (und mit Fachleuten meine ich hier auch Hobbyisten). Der Nutzer,
der noch die Details aus der Pro7-Serie "Monster der Wildnis" oder aus
"Genial daneben" hinzufügen will, richtet dagegen wirklichen Schaden an:
nicht so sehr, weil es Aufwand bedeutet, seinen Edit wieder rückgängig zu
machen, sondern weil es regelmäßig einen enormen Zeitaufwand bedeutet, mit
solchen Leuten Diskussionen zu führen.
Nun kommen regelmäßig die Argumente mit der Medienkompetenz. Wer nicht
weiß, dass er sich auf Informationen aus Wikipedia nicht verlassen kann,
hat eben selbst Schuld, weil er keine ausreichende Medienkompetenz
besitzt. Entschuldigung, ist denn die Unzuverlässigkeit ein
unabänderliches Naturgesetz, mit dem wir uns für alle Zeiten abfinden
müssen? Ich weiß manchmal wirklich nicht, wie lange ich noch Lust habe,
für Artikel zu recherchieren, wenn es praktisch überhaupt keine Barrieren
für Leute gibt, die nie eine Bibliothek von innen gesehen haben und deren
einzige Informationsquelle das Fernsehen ist, die Artikel hinterher in die
Grütze zu hauen.
Viele Auswege aus der Misere sind vorgeschlagen worden. Die Kennzeichnung
stabiler Versionen; die verspätete Freischaltung anonym bearbeiteter
Artikel; exzellente Artikel dürfen nur von Angemeldeten bearbeitet werden
- all diese Wege sind zielführend, aber bei allen gibt es immer wieder
Stimmen von Mahnern, dass diese eine Verletzung des Wikiprinzips seien.
Darauf sollten wir endlich einmal antworten: ganz egal, das Wikiprinzip
war gestern. Mir ist "Enzyklopädie" wichtiger als "Wikiprinzip". Beides
scheint auf Dauer nicht zu kombinieren zu sein.
Grüße,
Mirko