Henriette Fiebig schrieb:
On 28.11.2009, at 15:39, Reinhard Kraasch wrote:
Hi,
ja, schon - aber was nützt das ganze, wenn am Ende ein wunderschöner Artikel über ein Unternehmen bar jeder Relevanz herauskommt? Deshalb wird ja auch in [[WP:DEA]] usw. immer darauf hingewiesen, dass man zuerst die Relevanz abklären und dann erst schreiben sollte - leider liest das aber niemand.
liest das niemand oder findet nur niemand diesen Text oder kann er nur mit dem Satz „Woher auf [[WP:RK]] achten!!!“ nichts anfangen? Oder anders: In welcher Rolle sprichst Du hier: Speziell als Mentor, als Support-Team-Mitarbeiter oder als Abarbeiter von Löschanträgen oder der neuen Artikel?
Löschanträge arbeite ich eher selten bis gar nicht ab - ich sehe mich eher als Kundenbetreuer (im Support-Team wie als Mentor). Seit ich (auf Rat von Guandalug) meinen Mentees auch die Kommunikation per E-Mail anbiete, sieht das allerdings durchweg so aus: Der/die/das Mentee schickt mir eine E-Mail mit Artikelvorschlag - ich schreibe zurück, warum der Artikel in Wikipedia keine Chance hat - und das war's dann...
Wobei die Mentees ja immerhin schon die Schwelle der Anmeldung genommen haben - eine niedrigschwellige "Beratung" müsste eigentlich weitaus früher einsetzen.
(Bzw. die Leute lesen es, kümmern sich aber nicht darum - sei es, dass sie rein emotional nicht mit der "Irrelevanz" ihres Themas leben können, sei es, dass sie nun einmal diese Aufgabe bekommen haben und nun schlecht zu ihrem Chef gehen können und sagen: "Tut mir leid, aber unsere Klitsche ist nun mal irrelevant").
_Genau_ diese Diskussion hatten wir doch schon mal im Mentorenprogramm: Die ganzen armen und hilflosen Sekretärinnen und Praktikanten, die für den Chef einen Artikel schreiben sollen und dann im Mentorenprogramm aufschlagen, die würden euch vermutlich für die Ewigkeit dankbar sein, wenn sie dem Chef einen kurzen – sozusagen offiziellen – Text eines Wikipedianers vorweisen könnten, der freundlich aber bestimmt „ihre Klitsche ist irrelevant“ aussagt. Die sind sich doch u. U. auch voll bewußt, daß das nur schiefgehen kann, aber ihnen fehlen Autorität und Hintergrundwissen um dem Chef die bittere Pille zu verabreichen. Kurz: Die machen das, weil sie müssen und nicht, weil sie euch oder uns ärgern wollen.
Ich persönlich könnte auch mit wesentlich lockereren Relevanzkriterien z.B. im Unternehmensbereich (und schärferen im Bereich "Hochschullehrer") leben - aus meiner Sicht ist die Relevanz eines durchschnittlichen Professors (ohne Nachweis besonderer Meriten im Forschungsbereich) mit der eines Inhabers bzw. Geschäftsführers eines durchschnittlichen Kleinunternehmens gleichzusetzen. Aber das wird in der Community wohl anders gesehen (warum, wäre mal eine soziologische Untersuchung wert - ich vermute, dass es unter den Wikpedianern neben dem Bias "männlich, jung, technikaffin" auch noch den Punkt "hochschulnah" bzw. "unternehmensfern" gibt ...)
Deswegen: Sicher ist der Umgangston in der Löschdiskussion verbesserungsfähig - besser wäre es aber, wenn es gar nicht zur Löschdiskussion käme, weil der Autor im Vorwege sieht, dass das Thema keine Chance hat.
Warum sollte ein Thema schon im Vorfeld keine Chance haben? Achim zum Beispiel hats uns doch mehrfach vorgemacht, daß man über die seltsamsten Dinge sehr lesenswerte Artikel schreiben kann. Und aus Sicht des unwissenden, aber wohlmeinenden WP-Adepten: Wenn alles drinsteht, was mich interessiert und ich immer alles finde was ich suche, warum sollte dann ausgerechnet das, was ich jetzt ergänzen will, nicht auch passend sein? Natürlich ist das eine 1A subjektive Sicht – nachvollziehen kann ich sie totzdem. Nochmal: Die wenigsten wollen uns bewußt ärgern, die wollen etwas Gutes tun. Und wenn ich mich nicht irre, dann wurde für genau für solche Fälle … *staubrunterpust* … AGF erfunden, oder?
Nun ja, Achim ist Achim - mit dem mögen sich selbst gestandene Admins nicht anlegen. Es wird halt selten ausgesprochen, aber Rückhalt in der Gemeinschaft bzw. eine gewisse Reputation ist natürlich auch wichtig bei Behaltensentscheidungen (und das ist eigentlich auch ganz gut so, solange es nicht zu echter Kungelei verkommt, also wirklich miese Artikel behalten werden, nur weil sie von bestimmten Leuten erstellt wurden) . Allerdings sind die eingestellten Artikel, von denen wir hier reden, in den allerseltensten Fällen von dieser Qualität (siehe halt auch das Elaborat unserer "Schweizerin"), sondern wie gesagt entweder Sub-Stubs, oder meist direkte Kopien irgendwelcher - stark werblicher - Websites, die eine Menge Nacharbeit erfordern.
Durch das Nicht-Löschen qualitativ mangelhafter Artikel entsteht - unabhängig davon, wer jetzt die Nacharbeit warum macht - auf jeden Fall ein Arbeitsaufwand. Wobei es eigentlich dem Gedanken eines freiwilligen Projekts widerspricht, andere mit Arbeit zu versorgen. (Insofern hat Magnus' Limbo-Gedanke schon einen gewissen Charme, zum einen kann man argumentieren: "Ist immerhin nicht gelöscht worden", zum anderen "Steht aber ja noch nicht im Artikelnamensraum" - faktisch dürfte das aber wohl nicht viel bringen, weil der Chef gesagt hat: "Stell einen Aritikel in Wikipedia" und nicht "Stell den Artikel irgendwo hin, egal ob ihn dort jemand liest"...).
Und der Ansatz "da wird sich schon jemand finden, der das verbessert" funktioniert mit zunehmener Größe von Wikipedia (und mit abnehmender "Sexiness" der betroffenen Artikel) auch immer schlechter. Auch das sieht man an den Unternehmensartikeln - den Einstellern ist ja selten bewusst, dass sie sich um den Artikel auch langfristig kümmern müssen: die schlagen dann nach Jahren im Support-Team auf und beklagen sich über falsche Logos, falsche Umsatzzahlen usw. (Bzw., einigen ist es wohl schon bewusst, aber sie haben halt keinen Auftrag dafür - oft genug werden ja auch Praktikanten damit beschäftigt, die natürlich nach Ende des Praktikums ganz anderes im Sinn haben.) Und so hat dann das Unternehmen seine Werbefläche und wir Wikipedianer haben die Arbeit.
Wie gesagt: Ich finde einfach, man sollte sich ehrlich machen und den Neulingen nicht sagen: "Komm her und leg los - du bist ohne Ansehen der Person oder der Art und Dauer deiner Mitarbeit willkommen" (was eben faktisch einfach nicht [mehr] stimmt), sondern: "Das hier ist leider alles nicht so einfach - nimm dir bitte ein, zwei Stunden Zeit und mach dich mit den Regeln vertraut"
Es sei denn, man verfolgt den Ansatz: "Wir nehmen diskussionslos alles", aber den halte ich, auch wenn er immer gern wieder - und speziell von außen - an Wikipedia herangetragen wird, für indiskutabel und auch - glücklicherweise - für in der Community nicht durchsetzbar.
Zwischen „wir hauen alles weg, was nicht auf den 1. Blick exzellenzfähig aussieht“ und „wir behalten jeden Kram“ liegt allerdings ein weites Feld. Mit Maximalforderungen kommen wir nicht weit. Sieht man doch täglich.
Nun ja, aber Aufwand liegt ja im ständigen Abwägen - wenn man Maximallösungen wählen würde (sei es: "Wir nehmen alles", sei es "Wir nehmen nur Artikel von angemeldeten Benutzern, die ihre E-Mail-Adresse hinterlegt haben"), wäre sicher alles viel einfacher. (Ob es auch schöner wäre, ist letztendlich die Frage, die hier diskutiert wird - bzw.: jeder hat natürlich eine andere Vorstellung von Wikipedia).
Am liebsten hätten die eine "Artikelabgabestelle" oder Redaktion (viele davon verwechseln das OTRS mit einer derartigen Redaktion), wo sie - auch gerne gegen Geld - diesen "ihren" Artikel in Auftrag geben können.
Warum sollten sie nicht so denken? Die WP macht von außen den Eindruck, daß sie ein Produkt aus _einer_ strengen Hand ist und was der Gelegenheitskonsument so mitbekommt, gibt es in WP tatsächlich irgendwelche Leute (Adminis-Dingsda), die die WP überwachen und darauf achten, daß irgendwelche Kriterien eingehalten werden.
Da hilft wohl nur mehr Aufklärung - wobei wir als Wikipedianer natürlich im Kopf haben sollten, dass den allermeisten Menschen Wikipedia ziemlich egal ist - viele Wikipedianer sind da von einer gewissen Betriebsblindheit befallen.
Ich sehe derzeit vier "Zugangstore" zur Wikipedia bzw. Bereiche, in denen Neulinge mit Wikipedianern konfrontiert werden: - das Support-Team - das Mentorenprogramm - die Eingangskontrolle - und daraus folgend: die Löschdiskussionen
wobei Support-Team und Mentorenprogramm kundenorientiert und - so wie ich es wahrnehme: höflich - mit den Neulingen umgehen, zudem einen festen Personalstamm und einiges an Richtlinien und interner Kontrolle haben. Nur die Bereiche "Eingangskontrolle" und "Löschdiskussion" sind nicht sauber strukturiert - da kann jeder mitreden, da kann jeder die Sau rauslassen - da besteht wirklicher Verbesserungsbedarf. (Vielleicht in der Weise, dass die Mitarbeiter dort sich auch irgendwie qualifizieren müssen, gewählt werden müssen - was auch immer).
Es geht aber ja schon mit den unverständlichen Begrüßungsbausteinen los, die manche den Neulingen in bester Absicht auf die Diskussionsseite packen. Die Leute sollen ja lernen, Seiten zu bearbeiten - und dann finden sie als erstes ein völlig undurchsichtiges Wirrwar von Vorlagenprogrammierung und Bilddateien auf der Diskussionsseite! Und überhaupt: Die Diskussionsseiten, die Pingeligkeiten mit "Signatur" usw. - da soll sich jemand erst einmal reinfinden. Mal abgesehen, dass jeder anders begrüßt, dass es da mittlerweile Dutzende von verschiedenen Bausteinen gibt.
Ich wäre für eine sauber strukturierte und einfache Kommunikationsschnittstelle in der Art einer Forumssoftware, die unabhängig von der Funktion "Artikel bearbeiten" funktioniert (die "liquid threads" sind nicht von dieser Art). Und für eine Notwendigkeit der Anmeldung mit Hinterlegen einer E-Mail-Adresse - da kann man dann beispielsweise eine standardisierte Begrüßungsmail versenden und E-Mail-Kontakte für weitere Fragen anbieten. E-Mail ist zudem ein Kommunikationskanal, der den meisten vertraut ist - auf jeden Fall weitaus vertrauter als "Diskussionsseiten".
Aber das ist in der Community wohl nicht durchsetzbar ("auch ich habe als IP angefangen" - ich weiß). Hier, aber nicht nur hier gibt es mittlerweile ein Maß an Betriebsblindheit und Fixiertheit auf den Status Quo, der mich mittlerweile aufregt - sich anzuschauen, wie andere Projekte Zugangsberechtigungen usw. handhaben, ist für viele Wikipedianer undenkbar geworden, das hat manchmal schon etwas Sektiererisches.
Und da sie sich im Grunde nicht die Bohne für Wikipedia interessieren, haben sie natürlich auch keine Ahnung von deren (in der Tat mittlerweile ausufernden) Mechanismen.
Warum sollten sie sich auch für unsere Interna und Streitigkeiten interessieren? Die wissen, daß WP dieses tolle Portal ist in dem sie alle Informationen finden. Punkt. Wir (= Wikipedianer) haben ein Produkt und die sind die Kunden. Wenn ich eine Dosensuppe kaufe, dann will ich auch nur ein leckeres Essen und nicht wissen, wie es hergestellt wurde.
Das sehe ich nicht so: So lange es um unsere eigentlichen Kunden, die Leser, geht: Die müssen sich ja in der Tat nicht um die Interna kümmern. Es geht aber ja um Leute, die an Wikipedia schreibend mitarbeiten wollen - die sind eher in der Situation, dass sie Mitglied in einem Klub werden wollen. Um auch ein Beispiel zu bringen: Für die Neulinge ist es eher so, als ob man am Strand langgeht, und jemand sagt: "Ach, komm doch heute abend vorbei, wir machen hier am Strand eine Grillparty - jeder ist willkommen!" Und geht man am Abend an den Strand, und wird mit allerlei unverständlichem Brimborium empfangen, muss irgendetwas Merkwürdiges trinken und stellt am Ende fest, dass man Mitglied in einer obskuren Sekte mit mehr als fragwürdigen Ritualen geworden ist.
Wenn wir in der Dosensuppen-Metapher bleiben wollen: Wenn es wirklich nur um das Wohlbefinden der Leser/Schreiber/Wikipedianer geht, sollten wir eine Abladerampe für Artikelwünsche schaffen und die Artikel (als Wikipedianer) selbst schreiben. Oder halt: Wenn ich lecker essen will, darf ich keine Dosensuppe kaufen...
Gruß
Henriette _______________________________________________ WikiDE-l mailing list WikiDE-l@lists.wikimedia.org https://lists.wikimedia.org/mailman/listinfo/wikide-l
Gruß Reinhard