elwp@gmx.de wrote:
Wievele kostenpflichtige Abmahnversuche gab es bislang und wieviel wollten die Anwälte durchschnittlich haben? Mir fällt gerade kein Grund ein, weshalb diese Zahlen nicht in die Öffentlichkeit gelangen dürften.
Wenn man über Abmahnversuche berichtet, bringt man vielleicht andere auf die Idee, das ebenfalls zu versuchen; ich vermute, das war bei mir die Wirkung der ausführlichen Berichterstattung über meine Waldorf- Abmahnung: Dose hat etwas von einer Abmahnung gelesen und sich möglicherweise gedacht, das könnte er doch auch gleich probieren; Ergebnis war eine neue Abmahnung. Außerdem bringt man durch die Dokumentation von Argumentationen und Gegenstandswerten so etwas wie "Referenzwerte" für andere auf den Tisch, was man auch nicht unbedingt will ("der ja jenes abgemahnt, ich finde, mein Schaden ist viel höher, also verdopple ich mal den Streitwert"; bei meiner Waldorf-Abmahnung war der Streitwert 75.000 Euro, bei Dose waren es dann schon 250.000 Euro). Ich kann also durchaus verstehen, dass man selbst aggregierte und anonymisierte Angaben eher vorsichtig behandelt (auch wenn ich natürlich nicht sicher bin, dass es in meinem Fall wirklich einen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Abmahnungen gibt).
Andererseits irritiert mich Geheimniskrämerei in Hinterzimmern zumindest ebenso, wie ich Verständnis dafür habe, das man bei bestimmten Dingen lieber die Tür schließen möchte; es geht ja nicht allein um Abmahnungen, die mangels Verfolgbarkeit im Sande verlaufen, sondern beispielsweise auch um Strafanzeigen gegen einzelne Wikipedianer (z.B. Thread "Wir sind doch keine kriminelle Vereinigung" auf Wikide-L vor ein paar Wochen). Ich weiß nicht, ob mehr Offenheit und Öffentlichkeit nicht vielleicht doch eher Wiki-like wäre. Geheimverhandlungen in Rechtsstreitigkeiten sind für mich eher ein Merkmal des Big Business, dem die betroffenen Communities durch Öffenheit und Öffentlichkeit à la Groklaw [1] entgegenzutreten versuchen.
Von der anderen Seite, also der des Abmahnenden und Klagenden, macht das Harald Welte vom Netfilter-Projekt imho ebenfalls ziemlich vorbildlich [2]; natürlich hat Harald als Verfolger von Verstößen gegen die GNU GPL ein ganz anderes Interesse an Öffentlichkeit als der Störer, wichtiger ist m.E. aber, dass Harald eine gewisse Transparenzt schafft, und die schafft wiederum die Grundlage für Vertrauen.
Wie gesagt, die Interessenlage ist bei gpl-violations.org natürlich anders gelagert, aber vielleicht wäre etwas mehr Transparenz auch bei rechtlichen Streitigkeiten der Wikipedia hilfreich, auch wenn vielleicht nicht alles ganz ruhmreich für die Wikipedia sein sollte. Bei einem Graswurzelprojekt mit tausenden von aktiven Teilnehmern sollte doch klar sein, dass auch mal Fehler gemacht werden; Transparenz könnte beispielsweise helfen, denselben Fehler nicht zweimal zu begehen...
MfG -asb