Am 02.12.2009 um 09:27 schrieb Peter Jacobi:
Ja, aber: Ist eine Enzyklopädie der richtige Ort für Informationen, die man sonst nirgendwo findet?
Ich weiß ein abgegriffenes Argument, und überall hört man Rufe, dass sich die Wikipedia neu definieren müsse, und vom überholten Enzyklopädie-Bild wegkommen solle. Aber mir wäre es halt lieber, wenn man sich zuerst einmal darauf konzentriert, eine Enzyklopädie zu schreiben.
Wir schreiben ja eine Enzyklopädie. Der Streit geht aber darum, was die nun sei. Die Definition ist nicht feststehend, war sie auch nie. Man muss sich nur Diderot, Krünitz und Brockhaus nebeneinander anschauen. Und das waren alles Bücher, wir sind es nicht.
Eine Enzyklopädie *kann* auch ein Ort für Informationen sein, die man sonst nirgends findet. Wobei "nirgends" natürlich bedeutet, "nur schwer". Das wird doch auch akzeptiert, wenn jemand etwas zu einem leicht abseitigen Thema in einem Orchideenfach schreibt, indem er schwer zugängliche Fachlieratur auswertet.
Von der Mitarbeiterstruktur der Wikipedia her müssen wir uns nicht entscheiden, zuerst eine "klassische" Enzyklopädie zu schreiben. Wer das will, kann diesen Teil der Aufgabe problemlos verfolgen. Wer an anderen Dingen interessiert ist, wird sowieso anderes tun. Solange Mindeststandards eingehalten werden, spricht doch nichts dagegen.
Ich halte es für illusorisch, aus der Wikipedia einen besseren Brockhaus oder eine bessere Britannica machen zu wollen. Dafür bräuchte man *eine* Redaktion. Sie kann es in Teilgebieten werden. Insgesamt wird sie immer disparat bleiben und das macht auch einen erheblichen Teil ihres Charmes aus. Es hat schlicht keinen Sinn, die gesamte Wikipedia "auf Linie" bringen zu wollen, überall den gleichen Maßstab durchsetzen zu wollen. Mehr Mut zum Pluralismus und etwas mehr Gelassenheit täte uns ganz gut.
Gruß, Rainer