* Henriette Fiebig wrote:
Doch, doch: Die Regel steht sogar sehr ausführlich im Metabereich und dort ist auch erklärt, warum es sie gibt; man muß sie nur finden – typisches Problem. Und um sie zu finden – _noch_ typischeres Problem – muß man die Terminologie der Wikipedia beherrschen. In WP heißt das nämlich Selbstdarstellung.
Dort steht keine überzeugend begründete Regel, dort steht ein sehr in- konsequenter Rat der im Wesentlichen nicht begründet ist (man soll le- diglich warten bis jemand anders einen Artikel einstellt bevor man ak- tiv wird weil man angeblich die Relevanz schlecht einschätzen kann).
Eine Regel stellt sich selbst klar als Regel da, ist konsequent formu- liert, und eine Begründung knüpft zunächst am Denkprozess des Lesers, und stellt dann die wesentlichen Gegenargumente dar; und wenn nötig, wird anschliessend auf Ausnahmen verwiesen. Also eher etwas wie:
Grundregel: Nur neu geschriebe Texte! Vorveröffentlichte Texte wie <Beispiele> dürfen nicht direkt in Artikel in der Wikipedia einge- arbeitet werden, sondern müssen von Grund auf neu formuliert werden. Während <Argumente solche Texte reinzukopieren, ala Arbeitserspar- nis> verursacht das <Probleme> so dass <die vermuteten Vorteile in der Praxis durch die Probleme aufgehoben werden>. Ausnahmen wie die Verwendung von Zitaten werden unter <Verweis> besprochen. Weitere Erklärungen und Informationen sind unter <Verweis> nachzulesen.
Sowas vernünftig zu formulieren ist natürlich schwierig und in ein paar Minuten nicht zu leisten. Aber würde wohl in diese Richtung gehen:
Grundregel: Nur unabhängige Autoren! Personen die am Gegenstand eines Artikels in besonderer Weise beteiligt sind wie <Beispiele> sollten diese Artikel nicht bearbeiten. Während <pro>, <contra>. In solchen Fällen <alternative Handlungsmöglichkeiten, ala Notiz auf der Diskussionsseite, Artikelkommentare wie es sie in der pol- nichen Wikipedia gibt, Kontakt mit OTRS aufnehmen>. <Verweise>.
"Es ist besser zu warten, bis ein anderer den Artikel schreibt" ist keine Regel, und offenbar gibt es auch keinen Konsens über einen praktischen Verbot der "Selbstdarstellung" trotz all der Probleme zu dem diese regelmässig führen. Der Ansatz hier wäre erstmal eine Zu- sammenstellung der Probleme zu machen und die in den Artikel einzu- arbeiten (vom Dilemma der Praktikantin über die Versuchung Sachen aus der Werbebroschüre ohne "Freigabe" zu kopieren bis hin zum Skandal wenn jemand ein Jahr später mal den Wikiscanner anwirft).
(Eventuell macht es auch Sinn, das Problem aus einer anderen Perspek- tive darzustellen. Wer seine Interessen in die Öffentlichkeit trägt, sollte aus informationsethischen Gründen die Autorenschaft offenlegen; Selbstdarstellungen in der Wikipedia sind praktisch Schleichwerbung).
Das ist tatsächlich irre schwer! 1. setzt Du damit ein relativ großes Reflexionsvermögen voraus (wer gibt schon gern vor sich selber zu, daß er nicht neutral ist?), 2. hast Du ratzfatz die Diskussion „wieso sind _die_ drin und nicht ich??“ und 3. wollen die Vereine, Firmen etc. eben nicht „an konkret benannten anderen Orten“ stehen, sondern genau da wo alle stehen: In der Wikipedia.
Nicht neutral sein und in besonderer Weise am Artikelgegenstand be- teiligt zu sein sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Man kann durchaus neutral und in besonderer Weise beteiligt sein (z.B. als Augenzeuge). Darüber hinaus bringt es wenig über die Fähigkeiten der Menschen zu sinnieren. Im Moment mangelt es an Aufklärung, erst wenn die in einem Zustand ist, an dem man nichts mehr zu verbessern weiss, könnte man darüber philosophieren.
Was die Vereine, Firme, und so weiter wollen ist ebenfalls nebensäch- lich. Man erliegt ja auch sonst nicht jeder Versuchung.
Dein zweiter Punkt jedoch ist ganz richtig, insbesondere aufgrund der wachsenden Marktmacht der Wikipedia muss sie sich der Regulierung von Aussen unterwerfen, in diesem Falle dem Gleichbehandlungsgrundsatz; ebenso wie man in Artikeln verfälschende Auslassungen haben kann, ist das auch projektweit möglich. Wenn es, um mal ein Beispiel aus der Luft zu greifen, in Deutschland vier Schwertschmiede gibt, und drei da- von in der Wikipedia stehen, wird man es schwer haben den vierten aus der Wikipedia herauszuhalten (genaugenommen wird Wikipedia da dann zu einem selbstbestätigendem System, der vierte ist "relevant" weil er als einziger nicht in der Wikipedia steht).
Um derlei Argumenten entgegenzuwirken gibt es eine Dokumentation der Relevanzkriterien und eine zurecht restriktive Auslegung derselben. Aufgabe hier wäre es eigentlich ein Bewustsein dafür zu schaffen, dass Dinge nicht unbedingt aus ihrem eigenen "merit" heraus in die Wikipe- dia kommen, sonden aus einem Erfordernis heraus. Anfangen tut man mit einem Artikel über "Deutschland", kommt aufs "Dritte Reich", "Kraft durch Freude", und dann ist es nicht sehr sinnig Volkswagen nicht zu thematisieren. Sprich, die Relevanz der Dinge ergibt sich vor allem aus dem enzyklopädischen Gesamtzusammenhang. [1]
Bei Personen läuft diese Grunderkenntnis dann auf ganz andere Fragen hinaus als sie in der typischen Löschdiskussion zu Tage treten. Wenn ich überlegen würde, einen Artikel zu einer Person anzulegen, würde ich mich viel eher fragen, steht sie ausreichend im öffentlichen Interesse, dass sie dulden muss mit wahrscheinlich vollem Namen, Geburtsdaten, Details aus der Kindheit, und so weiter, in der Wiki- pedia zu stehen (das wäre ja die typische/gewünschte Entwicklung)?
Leider, wie schon gesagt, steht in den Relevanzkriterien kein Wort über deren Sinn, und werden daher eben oft als unsinnig abgetan oder falsch ausgelegt und angewendet. Da ist es dann kein Wunder, wenn man Diskussionen über "der steht ja auch drin" auf niedrigem Niveau führen muss.
[1] Und so wie der Gesamtzusammenhang wächst, tun sich immer mehr Felder auf. Heute gibt es einen Artikel zu "Hacker" mit einem Unterabschnitt "Hackerkultur". Wie der Artikel wächst, wird man sich eventuell überlegen, einen eigenen "Hackerkultur" Artikel anzulegen, und der wird dann vielleicht auf Besonderheiten der Kultur in Deutschland eingehen, und dann wird der Abschnitt dazu wohl Tschunk erwähnen; und es macht wenig Sinn im Artikel auf das Getränk näher einzugehen, also wird der Artikel dazu gege- benenfalls wiederauferstehen, weil sich das so aus dem Zusammen- hang ergibt. Und nicht nur von da, auch von "Club-Mate" aus und so weiter. "Blatt ohne tragenden Ast" wäre da neulich die sinn- vollere Löschbegründung gewesen als sonst irgendwas.