Am Samstag 10 September 2005 15:25 schrieb Achim Raschka:
Moin ihr,
wenn unter einem solchen Titel ein Artikel im Netz erscheint ist das ja vollkommen o.k. und man ist ja als sensibilisierter Wikipedianer auch durchaus kritikfähig, schwierig wird es allerdings, wenn eindeutig linksgerichtete Seiten eine "sachliche" Betrachtung der "Probleme der deutschsprachigen Version in den Bereichen Rassismus, Sexismus, Eurozentrismus sowie dem Umgang mit rechtsextremen UserInnen thematisieren" wollen wie unter http://www.xpedient.org/content/modules.php?name=News&file=article&s... bzw. dem Original http://no-racism.net/article/1336/
was, wie ich meine, aber durchaus noch einigermaßen gelungen ist. Ziel war ja eine Diskussion anzustoßen, nicht uns zu verurteilen. Ich fürchte nur, das letztendlich eher eine Diskussion über diesen Artikel, nicht über die Mängel in der Wikipedia entsteht (und auch dieser Beitrag von mir ist nicht gerade geeignet das zu verhindern).
Im Fazit: Kritik gerne, dann aber fuindiert, solche Schreibereien ohne vernünftige Reschersche sollte man sich jedoch sparen
die im Artikel angesprochen Punkte sind teilweise durchaus ein Problem. Allerdings muss man schon fast Wikipedianer sein, um einzusehen, dass viele Vorderungen einfach nicht sinnvoll durch-/umsetbar sind, sogerne wir das auch hätten. Soviel Recherche, dass man darüber zum Wikipedianer wird, ist aber kaum sinnvoll verlangbar. Ein Beitrag, aus welcher Richtung auch immer muss schon fast notwendigerweise Fehler enthalten und zumindest solange, wie wir nicht selbst fehlerfrei sind, haben wir auch nicht das Recht dies von anderen zu verlangen. Abgesehen davon kommt jede Kritik natürlich immer aus irgend einer Richtung. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie nicht von Personen kommen kann, die in allen Punkten neutral sind. Insofern ist also auch Kritik von linker Seite nicht nur erlaubt sondern auch erwünscht, gerade auch beim Thema Sexismus und Rassismus, zumal dort (neben vielen Idioten) immernoch besonders Kompetente Personen zu finden sind, wie auch der Artikel beweist.
Nun also zu der schon angekündigten Kritik am Artikel, statt an uns.
Etwas lächerlich wirkte der Versuch auch konkrete Benutzer zu "geschlechtsneutralieren", von denen man mit etwas Recherche das tatsächliche oder wenigsten vorgebliche Gechlecht hätte erfahren können.
Und auch ganz allgemein von "BenutzerInnen" und "UserInnen" zu schreiben, während man richtigerweise diagnostiziert, dass wir eigentlich (fast) nur Männer sind könnte man dem Autor schon fast als latenten Sexismus unterstellen. Ich werde das nicht tun, aber verwende das hier mal als Aufhänger und Überleitung für die folgenden Abschnitte.
Offensichtlich ist die Wikipedia ja nun ein Projekt jüngeren Datums und damit eigentlich nicht vorbelastet, sieht man einmal von der Verwendung der deutschen Sprache ab (aber welche sonst sollten wir auch nehmen).
Ich war zwar nicht ganz von Anfang dabei, weiß aber, dass schon mit Beginn des Projekt leider diese Männerlastigkeit existierte. Ich für meinen Teil kann mich nicht daran erinnern (oder habe derartiges mitbekommen), das irgendwann mal Frauen geziehlt wegen ihren Geschlechts gemobbt wurden und unterstelle daher Frauen, dass sie mehrheitlich nicht an der Erstellung/Weiterentwicklung der Wikipedia interressiert sind, obwohl sie in keiner Weise systematisch ausgegrenzt wurden. Eher im Gegenteil; nach meinen Eindruck haben Frauen bei uns viel höhere Chancen zur Teilnahme ermutigt zu werden als Männer.
Die einzig echten Hinderungsgründe für Frauen am Projekt zu partizipieren sind also die deutsche Sprache und jene Gründe, die sich Frauen (vermutlich aufgrund ihrer Sozialisation) selbst auferlegt haben.
Da wir eine deutschprachige Enzyklopädie erarbeiten und in der deutschen Sprache das männliche Geschlecht nunmal dominiert muss imho genau dies auch in einer deutschprachigen Wikipedia zum Ausdruck kommen, teils freiwillig, teils unfreiwillig. Genau deshalb ist nämlich das ästetische Empfinden das Kriterium, wenn man danach fragt, wie stark in der Wikipedia geschlechtsneutral formuliert werden sollte. An dieser Stelle können wir also wenig für Frauen tun (sollte das tatsächlich der Grund sein, dass sie nicht am Projekt teilnehmen). Bei den selbstauferlegten Gründen können wir natürlich erst recht nichts ändern.
Nichtsdestotrotz ist natürlich auch die deutsche Sprache ständigen Veränderungen unterworfen. Obwohl es weder primär noch sekundär (naja, vielleicht tertiär) unser Ziel oder unsere Aufgabe ist, so beeinflußt gerade unser Projekt die deutsche Sprache vermutlich besonders stark.
Zumindest gibt es Wortneuschöpfungen wie zum Beispiel "DER Wikipedianer". Auch wenn dieses Wort meist in der Pluralform gebraucht wird und dann natürlich auch unsere weiblichen Mitstreiterinnen einschließt, so ist es formal männlich und man muss sich hier unweigerlich die Frage stellen, ob dies nicht zurecht der Fall ist. Für den wesentlich selteneren Fall, das man doch mal im Singular von einer weiblichen Mitstreiterin sprechen kann, gibt es immernoch die weibliche Form des Wortes aber niemand geht zu unrecht von einem Mann aus, wenn er das Wort "Wikipedianer" hört.
Spätestens jetzt sollte man meiner Meinung nach einsehen, das das (Haupt-)Problem nicht die Verwenung einer männlich dominierten Sprache ist, sondern die Nicht-Teilnahme der weiblichen Deutschsprechenden.
Und spätestens jetzt sollte man auch bemerken, dass man eine Sprache nicht dadurch positiv beinflußt (und zum Beispiel die Dominanz des männlichen Geschlechts abschwächt), indem man sie krampfhaft verkompliziert. Entwickeln tut sich eine Sprache durch die Menschen, die etwas in ihr zu sagen haben (nicht im Sinne von Macht, sondern im Sinne von "sich einbringen"). Und zumindest in unserem Projekt wollen Frauen scheinen sehr wenig sagen und vertun damit selbst eine Chance auf unsere Sprache einzuwirken.
Zu einem anderen angesprochenen Thema, diesmal ohne polemische Überleitung. Die "Verwendung des Kreuz-Symbols" vor dem Sterbedatum halte ich persönlich zwar auch nicht unbedingt für besonders glücklich, dies aber mit dem "Fakt, dass die Mehrheit der Menschen auf dieser Welt nicht nach christlichen Glaubenssätzen lebt" zu begründen ist dann aber mehr als dürfig. Offensichtlich ist der Fakt, dass die deutschprachige Wikipedia sich nur an die deutschsprachigen Menschen richtet (die [leider] sehr wohl noch mehrheitlich christlich geprägt sein dürften) dem Autor des Artikels nicht in den Sinn gekommen.
Zur Kritik an der Teilnahmeberechtung auch rechtsextremer Personen an der Wikipedia bleibt noch zu sagen, dass wir natürlich keinen Einfluß darauf haben, was sich diese Idioten auf ihren Foren so vornehmen. Ich persönlich glaube nicht, das sie besonders großen Erfolg bei solchen Bestrebungen haben werden. Gerade Artikel, die sich mit solchen Themen beschäftigen werden häufig beobachtet. Am Ende ist eher zu vermuten, dass diese Personen aufgeben oder sich so stark anpassen müssen, dass sie selber ein gutes Stück von ihren verkorksten Ideen abrücken. Schon deshalb kann ich sehr gut damit leben, dass auch solche Leute bei uns mitmachen dürfen.
-- Ivo Köthnig