Hi Henriette,
okay, ich nehme die "wirklichen Gegener" zurück. Verschwörungstheorien sind mir zwar nicht unbedingt fremd, ich habe nichts gegen Spinnereien, Paranoien usw. Übrigens, um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich bin (wenn überhaupt) nur privat religiös, es gibt keine Partei, die mir oder der ich nahe stünde (außer der einst von mir geründeten 2 Parteien "die Orangenen" und "die Nachtblauen", die aber offensichtlich derart simple, idealistisch, realistische Möglichkeiten von besserer Politik aufgezeigt haben, daß sie von niemand ernst genommen worden sind: Ich wollte, daß kein einziger Mensch mehr auf dieser Kugel von anderen als "Feind" angesehen wird.
Zwar bin ich Gesellschaftskritiker, aber nur um zu helfen. Ich will wirklich Niemanden ans Bein pinkeln. Der Kapitalismus (dessen Gegener ich nicht so einfach bin) allerdings begann nicht mit den Schlesischen Webstühlen (wie landläufig behauptet), sondern durch den Buchdruck, durch die Letter von der Stange, durch Verlage. Und bis heute haben wir Gesetze, die die ganzen Hochglanzprospekte in Millionen von Briefkästen, hunderte sinnloser, durch Werbung finanzierter Hochglanzmagazine und 'Zig Privatfernsehsender, die allein dadurch leben, daß Wir Alle (als Kunden und als Steuerzahler) die hoch kreativen Werbeblöcke und den dazwischenliegenden - die minimalste Intelligenz von Menschen beleidigenden - Füllstoff subvensionieren bzw. in Gänze bezahlen. Absurder Weise sind dagegen Schulbücher oft überteuert, veraltet und auf teilweise schlechtem Papier. Bis ca. 2000, als ich die Uni verließ, wurde wohl keine einzige Vorlesung oder gar Vortrag (etwa von Habermas) weder in Bild noch in Ton aufgezeichnet - und m.E. geschieht das immer noch nicht. [Ja, ich weiß, wir müssen uns ab und zu selber loben, für unseren guten Ideen, macht ja sonst keiner].
Ich könnte der Absurditäten noch viele aufzählen - und alles zusammen schiene dann derart aufgeklärt düster zu sein, daß jede Verschwörungstheorie dagegen blaß aussähe. Auf geschichtliche und gesellschaftliche Prozesse bezogen, denke ich in Strukturen, in welchen: 1. spezielle Clubs, 2. ökonomische, ökologische, demoskopische Verhältnisse, 3. die Persönlichkeit und das Charisma von einzelnen Menschen eine entscheidende Rolle spielen. Und natürlich 4. Bücher!
Sorry für die Länge...;-)
2006/11/7, Henriette Fiebig Henriette.Fiebig@snafu.de:
Michael Haufe wrote:
Hallo Michael,
Und die wirklichen Gegner (und das sind zum Teil eben Verleger; das sind zum Teil Leute, die nichts von "frei verfügbaren" bzw. nichtkomerziellen Projekten halten, weil sie dadurch ihre Existenz
bedroht
sehen) würden vielleicht einsehen, daß Arbeiten zum Wohle Aller mehr
Spaß
macht.
ich muß gestehen, daß ich von derlei Verschwörungstheorien nicht viel halte: Sicher gehts denen bei Brockhaus auf den merkantilen Sack (sorry), daß wir versuchen hier so eine Art Parallel-Enzyklopädie-Universum aufzubauen; andererseits liefern wir denen kostenlos, unentgeldlich und professionell jeden Tag Ideen, was die moderne Gesellschaft denn gern in einer Enzyklopädie lesen würde. Ich möchte nicht wissen, wieviel Geld es kosten würde, wenn man eine repräsentative Umfrage/Studie machte, um sowas herauszubekommen ;)
Mit Wikipedia wird es plötzlich auch wieder schick, daß man "etwas weiß", daß man gebildet ist, daß man Wissen anhäuft - Wissen und Bildung sind nicht mehr humanistischer Ödkram von vorvorgestern, sondern hip. Und was machen sie, unsere "Feinde"? Sie schmeissen haufenweise "Wissens-Magazine" auf den Markt, legen ihren Zeitschriften Bücher, informative Heftchen, DVDs bei. Und das sicher nicht aus Gutmenschentum, sondern aus kommerziellem Interesse. Wir haben da sicher auch ein wenig Anteil an der Entstehung eines ganz neuen Marktes: Und das haben die - wie man sieht - ganz schnell bemerkt und verdienen auf ihre Weise daran.
Und denk nur mal an unsere Literaturverweise: Das soll alles nur vom Feinsten (= meist auch teuersten Verlag) sein: Wer weiß, wieviel Leute sich schon Bücher gekauft haben, weil sie in der WP genau diese quasi empfohlen bekommen haben? Bei aller Zurückhaltung gegenüber der WP: Aber selbst ich würde einem Literaturhinweis in der WP fast mehr vertrauen, als einem Amazon-Laienkommentar zu einem Buch. Ich frage mich, wann _das_ mal bei denen eingeführt wird: "Wikipedianer die dieses Buch empfohlen haben, empfehlen auch dieses Buch" (Hey Amazon: Für diese geniale Idee möchte ich Gewinnbeteiligung :))
Außerdem denken sie natürlich langfristig: Wer erst einmal vom Wissens- und Enzyklopädie-Fimmel angesteckt ist, der wird sicher mehr Geld in Bücher und vielleicht einen Brockhaus stecken, als er es vorher getan hätte (bei mir ist das jedenfalls so: Was ich schon an Büchern gekauft habe, nur um WP-Artikel zu schreiben… da könnten die mir echt mal ein Frei-Abo und ein paar Büchergutscheine schenken ;)
An das Märchen, daß freie Inhalte die Wirtschaft kaputt machen, daran dürfte nur noch die Musikindustrie glauben :)
Gruß
Henriette
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