Am Thu, 04 May 2006 18:10:14 +0100
schrieb Timwi <timwi(a)gmx.net>et>:
Kann man so sehen, ich bin anderer Meinung, Eike
offenbar auch. [...]
Ich glaube, unser fundamentaler Meinungsunterschied kommt einfach
dadurch zustande, dass ich mehr von Benutzerfreundlichkeit verstehe und
deshalb Wert darauf lege, dass Software sich so verhält, wie der
Benutzer das auch will bzw. erwartet. Der {{Falschschreibung}}-Hinweis
ist unerwünscht, weil ein Benutzer niemals danach verlangt. Wer in das
Wikipedia-Suchfeld "Lybien" eingibt, ist völlig ohne Zweifel auf der
Suche nach Informationen über Libyen, also erwartet er, dass diese
Informationen (und nichts anderes) auch möglichst sofort erscheinen.
Entschuldigung, Du unterliegst hier dem Irrtum, ein Fehlschreibredirect sei
benutzerfreundlich. Dem ist nicht so.
Benutzerfreundlichkeit heißt, dass ein Gerät oder eine Software, das tut, was der Nutzer
erwartet. Geht dies nicht (aus Sicherheitsgründen oder weil es ein häufiger Benutzerfehler
ist) kann man zwei Strategien anwenden, um damit umzugehen. Entweder man tut etwas
anderes, wovon man als Hersteller ausgeht, dass es der Benutzer tatsächlich möchte. Diese
Annahme kann zutreffen - sogar oft zutreffen - sie kann aber auch falsch sein. In diesem
Fall wird der Nutzer im besten Fall verwirrt, im schlechteren Fall nimmt er aber an, dies
wären die erwarteten Ergebnisse. Die andere Strategie ist, den Benutzer auf das Problem
hinzuweisen. Ein Fehlschreibredirect ist ein Automatismus, auf den nur sehr unauffällig
hingewiesen wird (das kann man leicht übersehen). Unerwartet ist das Verhalten in jedem
Fall, ob man sich nun vertippt hat, oder tatsächlich nach der Fehlschreibung gesucht hat.
Bei Benutzerfreundlichkeit geht es darum, dass der Anwender die Kontrolle über die
Maschine behält, nicht umgekehrt. Es kann hilfreiche Automatismen geben, der Nutzer sollte
sich aber dann zumindestens über deren Anwendung im Klaren sein, und gegebenenfalls den
Automatismus übersteuern können. Den Redirect-Hinweis sehe ich hier nicht als ausreichend
an, wenn etwas unerwartetes passiert: Es gibt das eingetippte Wort nicht und mir wird der
Artikel zu einem anderen Begriff präsentiert.
Es gibt neben der fehlenden Benutzerfreundlichkeit noch zwei weitere Argumente gegen
Fehlschreibredirects. Einer wurde hier schon des öfteren genannt, es geht um die
Wahrnehmung. Das menschliche Gehirn hat nicht die Rechenkapazität um alle gesammelten
Informationen zu verarbeiten. Deshalb wird stark gefiltert. Liest Du einen Text, dann
setzt Du nicht bei jedem Wort alle Buchstaben zusammen und suchst dann in einem internen
Wörterbuch nach der Bedeutung. Anhand einiger Buchstaben und dem KONTEXT wird entschieden,
welches Wort hier stehen könnte. Man liest also oft genug, was man erwartet zu lesen, und
nicht was wirklich dort steht. Wer nach Lybien sucht und ohne auffälligen Hinweis Libyen
bekommt, wird in dem Artikel wahrscheinlich weiter Lybien lesen. Dies ist eine technisch
vermeidbare Fehlinformation.
Der dritte Grund hat mit der Semantik von Redirects zu tun. So wie ich das überblicke,
haben Redirects die Semantik, eine Alternativschreibweise zu verlinken. Falls man also
tatsächlich aufmerksam liest, und bemerkt, dass der Artikel Libyen und nicht wie erwartet
Lybien heißt, könnte aufgrund der Semantik von Redirects vermuten, dass Lybien eine
korrekte alternative Schreibweise darstellt. Auch hier entstehen Fehlinformationen
aufgrund von Erwartungen.
So wie ich den Thread überblicke, wurden Deine Argumente für Fehlschreibredirects alle
widerlegt (ich bitte um Aufklärung, sollte ich eins übersehen haben). Die Argumente gegen
Fehlschreibredirects konnten dagegen nicht von Dir widerlegt werden. Hast Du noch
ungenannte Argumente?
Jörgen
--
Jörgen 'Mnementh' Kosche
http://www.mnementh.de/