+++ Pressemitteilung +++
Berlin, den 21. Juni 2004
In einer gemeinsamen Erklärung fordern Urheberrechtswissenschaftler, Praktiker und Vertreter der Zivilgesellschaft die Europäische Kommission auf, einen neuartigen Ansatz zu verfolgen, um Urheber für die Online-Nutzung ihrer Werke zu vergüten. In der "Berliner Erklärung zu kollektiv verwalteten Online-Rechten: Kompensation ohne Kontrolle" [1] bezeichnen sie Digital Rights Management (DRM) Technologie und die massenhafte Strafverfolgung von Filesharern als Strategien, die in einer offenen und gerechten Gesellschaft nicht akzeptabel sind. Sie warnen insbesondere vor DRM-Systemen, die im vergangenen Jahrzehnt als einzige Lösung von der Industrie entwickelt und von den Gesetzgebern geschützt wurden. Nicht nur haben DRMs die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, sie geben auch Anlass für schwerwiegende Bedenken in Bezug auf
den Schutz der Privatsphäre, Bildung, Wettbewerb, Forschung und Innovation und neue Formen partizipativer Kultur.
Stattdessen fordert die "Berliner Erklärung" eine indirekte Kompensation,
wie sie sich für zulässiges privates Kopieren seit Jahrzehnten bewährt hat. Nutzer würden eine Flatrate für das Recht zum Filesharen bezahlen,
und eine neue Online-Verwertungsgesellschaft würde Urheber und Verlage entsprechend der gemessenen Nutzung ihrer Werke vergüten. Lawrence Lessig, Rechtsprofessor an der Stanford Law School, Gründer des Creative Commons Projekts, und einer der Erstunterzeichner der "Berliner Erklärung", bezeichnet diese Modell als "Kompensation ohne Kontrolle."
Die Erklärung, die auf einer Konferenz über die Zukunft der digitalen Allmende [2] in der vergangenen Woche verfasst worden war, wurde heute in die Konsultation der Europäischen Kommission zur kollektiven Rechteverwaltung [3] eingegeben. Die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen bekräftigen die Kommission in ihrem Bemühen, Verwertungsgesellschaften demokratischer, transparenter und flexibler zu gestalten. Dazu sagte Lessig: "Gesellschaften für die kollektive Rechtewahrnehmung sollen den Urhebern nützen. Urhebern im digitalen Zeitalter eine größere Wahlfreiheit zu geben, würde sie besser in die Lage versetzen, ihre Werke zu verwerten."
Die Initiative kündigte an, dass in kürze europaweit Unterschriften für die Erklärung gesammelt werden [4], bis der für Herbst erwartete Entwurf der EU Richtlinie zur kollektiven Rechteverwaltung vorliegt. Dr. Volker Grassmuck, Medienforscher an der Humboldt-Universität zu Berlin und einer
der Initiatoren der Erklärung, sagte dazu: "Die digitale Revolution enthält ein großes Potential für die Kultur und die Art, wie wir zusammen arbeiten. Die Freie Software, Wikipedia und Millionen von Werken, die unter Creative Commons lizenziert sind, zeigen das. Urheberrecht ist die Hauptform der öffentlichen Regulierung dieses Potentials. Sie sollte im öffentlichen Interessen erfolgen. Die Erklärung ermöglicht es europäischen Bürgern, ihren Abgeordneten zu sagen, dass sie einen Wandel wollen."
Ebenfalls heute legte eine Koalition der deutschen Zivilgesellschaft der Bundesregierung eine Stellungnahme vor, in der sie sie ebenfalls auffordern, DRM zu überdenken und den Weg für eine Flatrate im Internet zu ebenen. [5] Weiterhin ermutigen sie die Berliner Gesetzgeber, beim Zweiten Korb der Urheberrechtsreform die digitale Privatkopieschranke zu bestätigen und durchsetzungsstark zu machen. Das Forum Informatikerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.(FIfF), das Netzwerk Neue Medien, der Chaos Computer Club, FoeBuD e.V., die Attac AG Wissensallmende und freier Informationsfluss und privatkopie.net gehören zu den Initiativen für digitale Bürgerrechte, die die Stellungnahme unterstützen.
"Berlin Declaration on Collectively Managed Online Rights: Compensation without Control"
Zu den Erstunterzeichnern gehören
* Prof. Dr. William Fisher, Professor of Intellectual Property Law, Harvard University & Director, Berkman Center for Internet and Society, Boston
* Prof. Dr. Wolfgang Sander-Beuermann, Project Lead, Search Engine Lab, Regional Computing Center for Lower Saxony, University of Hannover
* Prof. Dr. Hans-Jörg Kreowski, University Bremen and Chairman of Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)
* Prof. Dr. Martin Kretschmer, Director (joint), Centre for Intellectual Property Policy & Management & Professor of Information Jurisprudence, Institute of Business & Law, Bournemouth University
* Dr. Felix Stalder, Lecturer in Media Economy, Academy of Art and Design, Zurich & co-founder, Openflows.org, Vienna
* Dr. Mindaugas Kiskis, Dept. of Legal Informatics, Law University of Lithuania, Vilnius, Lithuania
* Michael Grob, Film Director, CH7 & Technical Software Consultant, Bern
* Andreas Lange, Director Spielemuseum & Digital Game Archive, Berlin
* Judith van Erve, Public Affairs, XS4ALL, Amsterdam
* Veni Markovski, Chairman of the Board, Internet Society Bulgaria (ISOC) & Bulgarian Country Coordinator for the Global Internet Policy Initiative (GIPI), Sofia
* Dr. Ian Brown, Director, Foundation for Information Policy Research (FIPR), London
* Matthias Geiser, Member of the Board, Swiss Internet User Group (SIUG)
* Slobodan Markovic, Centre for Internet Development & Internodium, Belgrade
* Ville Oksanen, Chairman, Electronic Frontier Finland, Helsinki
* André Rebentisch, Media Spokesperson, Forum for a Free Information Infrastructure (FFII), Munich
* Sjoera Nas, Bits of Freedom, Amsterdam
* Markus Beckedahl, Chairman, Netzwerk Neue Medien, Berlin
* Alvar C.H. Freude, ODEM.org
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