Hi,
Unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24221/1.html findet sich der Dritte Teil von Stefan Weber's Auszügen aus seinem Buch "Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden" - in dem mehrfach auf Wikipedia und die Unsitte des wenn schon nicht urheberrechtlich doch wissenschaftlich und moralisch falschen Kopierens hingewiesen wird. Die Schlußfolgerungen des Autors teile ich nicht ganz (es kommt nämlich nicht darauf an, wo eine Quelle herkommt, sondern wie sie verwendet wird) aber zur nächsten Veranstaltung zu Qualität und Wikipedia sollten wir Stefan Weber mal als Referent einladen.
Schöne Grüße Jakob
Am Montag, 18. Dezember 2006 11:55 schrieb Jakob:
Hi,
Unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24221/1.html findet sich der Dritte Teil von Stefan Weber's Auszügen aus seinem Buch "Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen
Das Buch habe ich mir schon vorgestern bestellt, bin gespannt darauf. Im Gegensatz zu Jakob glaube ich schon, dass die Wikipedia zu dem Phänomen einen ziemlichen Beitrag geleistet hat (sie hat vielen Leuten beigebracht, dass man auf diese Weise Enzyklopädieartikel erstellen kann). Wobei ich Wikiweise da gar nicht außen vor nehmen will - systembedingt provozieren wir hier die gleiche "naheliegende" Vorgehensweise, nur ist der Lehrer der heutigen Copypaste-Diplomarbeiter halt die Wikipedia.
Was allerdings berücksichtigt werden sollte, ist die Tatsache, dass ein Enzyklopädietext eine Zusammenfassung *anderer* Texte sein sollte, per Definition eben gerade keine eigene neue Forschungsleistung beinhalten sollte. Die Kunst des Enzyklopädieschreibens liegt darin, das zu schreiben, was andere auch schon geschrieben haben, nur ein bisschen kürzerm vereinheitlichter und prägnanter.
So ganz neu ist das "Google"-Copy-Paste-Syndrom allerdings auch nicht. Der Spruch "Setz Dich in des Tisches Mitte, nimm zwei Bücher, schreib das Dritte" hat schon einige Jährchen auf dem Buckel und ist sicher weit älter als das Internet.
Uli Wikiweise - besser zu Wissen!
------ Ihre Bilder [...] zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwanghaft immer bis zum letzten Zipfelchen des Blattes ausgemalt sind. [...] Sie wollen immer unbedingt alles erfassen. Auch wir, zumindest die Gebildeten unter uns, wollen erfassen - vielleicht sogar alles erfassen, obwohl bei uns jeder weiß, das das nicht geht. Daran glauben die Großnasen nicht. Sie unterliegen dem Aberglauben, dass man eines Tages alles erfasst haben könnte.
Kao-tai an seinen Freund Dji-gu in der chinesischen Vergangenheit. ------
Am 18.12.06 schrieb Jakob jakob.voss@s1999.tu-chemnitz.de:
Hi,
Unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24221/1.html findet sich der Dritte Teil von Stefan Weber's Auszügen aus seinem Buch "Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden" - in dem mehrfach auf Wikipedia und die Unsitte des wenn schon nicht urheberrechtlich doch wissenschaftlich und moralisch falschen Kopierens hingewiesen wird. Die Schlußfolgerungen des Autors teile ich nicht ganz (es kommt nämlich nicht darauf an, wo eine Quelle herkommt, sondern wie sie verwendet wird) aber zur nächsten Veranstaltung zu Qualität und Wikipedia sollten wir Stefan Weber mal als Referent einladen.
Nichts dagegen. Nur wäre anzumerken, dass der, wie mir scheint, etwas reißerische Stil und von Webers Einlassungen die drastischen Schlussfolgerungen ihre Gründe haben mögen:
1. will er Werbung für sein Buch machen und 2. kann es ein fachspezifisches Problem sein.
Er schreibt als Medienwissenschaftler darüber wie Medienwissenschaftler medienwissenschaftliche Texte produzieren. Überschrift und Einleitung suggerieren jedoch, dass die geschilderten Missstände allerorten gleich virulent wären.
Ich würde vermuten, dass Medienwissenschaften ein Fach mit besonderer Schwurbelanfälligkeit sind.
Wenn ich an meine Magisterarbeit zurückdenke, würde ich vermuten, dass ich auch heute nur sehr wenig wirklich brauchbare Forschungsarbeiten oder Quellen im Netz finden würde.
Bei einem halbwegs spezifischen Thema führt schlicht kein Weg an Fachliteratur vorbei. Und von dem, was in Bibliotheken steht, ist nach wie vor nur ein verschwindender Teil elektronisch frei verfügbar. (Etwas besser mag die Lage in Uni-Netzen sein, insofern immer mehr Fachzeitschriften dort online verfügbar sind. Aber außerhalb der Uni-Netze ist damit Essig, was mich oft genug ärgert!)
Das Verfahren des "Web-Samplings" könnte, so meine laienhafte Vermutung, eigentlich nur bei solchen Fächern für qualifizierte Arbeiten ausreichen, die sich überwiegend mit sich selbst befassen.
Sind hier irgendwo Medienwissenschafter? Ja? Aua! Bitte nicht so doll schlagen!
Johannes
Moin,
-------- Original-Nachricht -------- Datum: Mon, 18 Dec 2006 14:11:18 +0100 Von: "Johannes Rohr" jorohr@gmail.com An: "Mailingliste der deutschsprachigen Wikipedia" wikide-l@wikipedia.org Betreff: Re: [Wikide-l] Copy und Paste aus Wikipedia statt wissenschaftlichem Arbeiten
Wenn ich an meine Magisterarbeit zurückdenke, würde ich vermuten, dass ich auch heute nur sehr wenig wirklich brauchbare Forschungsarbeiten oder Quellen im Netz finden würde.
Bei einem halbwegs spezifischen Thema führt schlicht kein Weg an Fachliteratur vorbei. Und von dem, was in Bibliotheken steht, ist nach wie vor nur ein verschwindender Teil elektronisch frei verfügbar. (Etwas besser mag die Lage in Uni-Netzen sein, insofern immer mehr Fachzeitschriften dort online verfügbar sind. Aber außerhalb der Uni-Netze ist damit Essig, was mich oft genug ärgert!)
Bei meinen Diplomarbeitsthema "Lebensgemeinschaften in Fruchtkörpern baumbesiedelnder Basidiomyceten unter besonderer Berücksichtigung mycetobionter Tenebrioniden (Coleoptera, Tenebrionidae)." hülfe mir die WP weder mit 500.000 deutschsprachigen noch mit über 1 Mio englischsprachigen Artikeln sonderlich weiter - ebenso wie eigentlich das gesamte Internet, C&P kann man entsprechend wohl vergessen. Mal sehen, wann es brauchbare Informationen zur Ökologie meiner drei Untersuchungsobjekte [[Diaperis boleti]] (ich arbeite dran), [[Boletophagus reticulatus]] und [[Eledona agaricola]] im Netz geben wird - oder bewege ich mich bereits wieder im Bereich des Irrelevanten?
Gruß, Achim
Am 18.12.06 schrieb Achim Raschka achim_raschka@gmx.de:
Datum: Mon, 18 Dec 2006 14:11:18 +0100 Von: "Johannes Rohr" jorohr@gmail.com
Wenn ich an meine Magisterarbeit zurückdenke, würde ich vermuten, dass ich auch heute nur sehr wenig wirklich brauchbare Forschungsarbeiten oder Quellen im Netz finden würde.
[...]
Bei meinen Diplomarbeitsthema "Lebensgemeinschaften in Fruchtkörpern baumbesiedelnder Basidiomyceten unter besonderer Berücksichtigung mycetobionter Tenebrioniden (Coleoptera, Tenebrionidae)." hülfe mir die WP weder mit 500.000 deutschsprachigen noch mit über 1 Mio englischsprachigen Artikeln sonderlich weiter - ebenso wie eigentlich das gesamte Internet, C&P kann man entsprechend wohl vergessen. Mal sehen, wann es brauchbare Informationen zur Ökologie meiner drei Untersuchungsobjekte [[Diaperis boleti]] (ich arbeite dran), [[Boletophagus reticulatus]] und [[Eledona agaricola]] im Netz geben wird - oder bewege ich mich bereits wieder im Bereich des Irrelevanten?
Im Prinzip dürften sich die meisten aktuellen Forschungsergebnisse mittlerweile an irgendwelchen Stellen im Netz finden. Nur sind sie eben nicht *frei* verfügbar. Jede relevante Fachzeitschrift dürfte online zugängliche Archive haben. Nur sind diese entweder bestimmten Nutzergruppen vorbehalten, sprich, nur innerhalb von Unis oder Forschungseinrichtungen kostenlos nutzbar oder eben gegen cash. Wenn man sich anschaut, dass die Printausgaben einschlägiger wissenschaftlicher Periodika schnell hunderte € pro Jahr kosten können, weiß man auch, warum das so ist.
Nun wäre es, meiner Ansicht nach, eine lohnende Aufgabe von Wikipedia-Autoren, gerade solche Literatur auszuwerten, zu denen sie selbst, etwa als Studis leichten Zugang haben, die aber für die allgemeine Öffentlichkeit nicht so leicht verfügbar ist, und deren Ergebnisse auf diese Weise allgemein verfügbar zu machen, sie in, wie wir so oft sagen "Freies Wissen" umzuwandeln. Nur leider passiert das viel zu selten.
Ciao,
Johannes