http://www.perlentaucher.de/feuilletons/2004-06-26.html#a8119
Süddeutsche Zeitung, 26.06.2004
In einem ganzseitig abgedruckten Vortrag erinnert der Schriftsteller Ingo Schulze an die subversive Kraft der Lexika in der DDR: "Der Skandal lag in der alphabetischen Anordnung der Stichworte. War es nicht Blasphemie, Marx zwischen Mars und Maschine zu platzieren? Zudem nahmen die Illustrationen der Maschinen drei Mal mehr Raum ein als Marx' Konterfei. Was nützte es da zu schreiben, Marx hätte trotz aller Sorgen Zeit gefunden, 'sich liebevoll der Familie zu widmen'. Wäre nicht jedes Kind bestraft worden, das KPD als etwas definiert hätte, das man am besten zwischen Komet und Kompass einordnete? Wir spürten sehr wohl den Schauder des Verbotenen, wenn wir uns Lenin als Mischwesen aus Leipziger Messe und Leonardo vorstellten. Ulbricht war halb UKW (Ultrakurzwelle), halb Ultraschall, Engels wirkte zwischen Endmoräne und Entenvogel bodenständig, Brecht klemmte zwischen Braunkohle und Bremse."
http://www.perlentaucher.de/feuilletons/2004-06-26.html#a8119
Süddeutsche Zeitung, 26.06.2004
In einem ganzseitig abgedruckten Vortrag erinnert der Schriftsteller Ingo Schulze an die subversive Kraft der Lexika in der DDR: "Der Skandal lag in der alphabetischen Anordnung der Stichworte. War es nicht Blasphemie, Marx zwischen Mars und Maschine zu platzieren? Zudem nahmen die Illustrationen der Maschinen drei Mal mehr Raum ein als Marx' Konterfei. Was nützte es da zu schreiben, Marx hätte trotz aller Sorgen Zeit gefunden, 'sich liebevoll der Familie zu widmen'. Wäre nicht jedes Kind bestraft worden, das KPD als etwas definiert hätte, das man am besten zwischen Komet und Kompass einordnete? Wir spürten sehr wohl den Schauder des Verbotenen, wenn wir uns Lenin als Mischwesen aus Leipziger Messe und Leonardo vorstellten. Ulbricht war halb UKW (Ultrakurzwelle), halb Ultraschall, Engels wirkte zwischen Endmoräne und Entenvogel bodenständig, Brecht klemmte zwischen Braunkohle und Bremse."
klingt heute recht lustig, ob es schon immer so war? Doch es erinnert mich irgendwie an manche Wikipedia-Diskussion (z. B. auf der Löschkandidatenliste), woher kommt wohl bloss diese unmögliche Asoziation?
Danke und Gruss
Ilja
Am Samstag, 26.06.04 um 11:44 Uhr schrieb Ilja Lorek:
klingt heute recht lustig,
Sprache ist kein Schwert, sondern ein heimtückisches Gift. Das war in der DDR so und das ist noch heute so.
Mitarbeiter werden nicht "entlassen" oder "gefeuert", sondern freigesetzt"".
Der Arbeitnehmer "leistet" keine Arbeit, sondern er "nimmt" sie sich (womöglich nimmt er sie sogar anderen weg).
Der Arbeitgeber, dieser freundliche Mensch, "gibt" Arbeit. Keine Rede davon, dass er etwas "erhält", nämlich Arbeitsleistung, für die er allerdings (wenn auch ungern) bezahlen muss.
Der Sprache Gewalt antun, war damals nicht lustig und ist es heute auch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
ArtMechanic