Zur Zeit findet ein heftiger Angriff auf die Grundlagen der Wikipedia statt. "Wikiprinzip: nein danke" - das ist das, was inzwischen breiter Konsens in der Community ist. Damit sind beide Grundprinzipien - sowohl Wikiprinzip als auch Enzyklopädieprinzip - unter heftigem Beschuß.
Ausgerechnet mit dem Hinweis auf das „Wiki-Prinzip“, das doch „schnelle Veränderung“ bedeutet, wird immer öfter das Festzurren eines bestehenden Zustands gerechtfertigt. Es scheint so, als solle diese „schnelle Veränderung“ offenbar nur für die Inhalte der Artikel gelten. Die Strukturen darum herum, die diese Artikelinhalte erst ermöglichen, sollen möglichst allesamt komplett und für immer „gesperrt“ werden.
Es ist von besonderer Ironie, dass gerade auch viele fundamentalistische Wikiprinzipler auf gar keinen Fall Veränderungen zulassen wollen, wenn sie sich auf die Wikipedia als System beziehen. Dabei müßte insbesondere auch hier das Wikiprinzip gelten: alles müsste schnell, sehr schnell, änder- und ergänzbar sein, wenn man einen Fehler, ein Problem oder eine Unzulänglichkeit findet. Das wäre im Sinne des Wikiprinzips.
Da ist es ganz besonders erschreckend, dass oftmals nicht einmal mehr befristete Experimente zugelassen werden. Wenn es immer schwieriger wird, zeitlich begrenzt etwas ausprobiert, nur um herauszufinden, ob es sich bewährt oder nicht, kann es einfach keine positiven Veränderungen, keine Fortschritt mehr geben.
Wenn also das Wikiprinzip - wie im Moment - verraten wird, indem es auf die Strukturen der Wikipedia nicht mehr anzuwenden ist, dann beschädigt die Wikipedia ihre eigene ideelle Grundlage „Wikiprinzip“ viel mehr, als wenn z.B. das Wikiprinzip für die Artikelinhalte nicht mehr zu 100% gelten würde.
Die Destruktion des Wikiprinzips im Grossen, diese Tendenz zum eingefrorenen Stillstand, wird irgendwann zwangsläufig auch sehr negative Effekte auf das Wikiprinzip im Kleinen nach sich ziehen.
Den Herausforderungen der Zukunft, in der mit erheblichen (z.B. juristischen oder ökonomisch motivierten) Angriffen von Außen zu rechnen ist, wird sich die Wikipedia nicht stellen können, weil sie ihre Anpassungsfähigkeit verloren hat. Die Offenheit und Freiheit („open“ und „free“) der Wikipedia hängt bestimmt nicht an so albernen Details, ob auch noch der allerletzte der 350.000 Artikel durch jede IP bearbeitbar ist oder nicht. Ihr Fortbestehen hängt davon ab, ob wir wieder lernen können, im Geiste des Wikiprinzips zu handeln, statt nach dessen Buchstaben.
Markus.
Markus Mueller schrieb:
Zur Zeit findet ein heftiger Angriff auf die Grundlagen der Wikipedia statt. "Wikiprinzip: nein danke" - das ist das, was inzwischen breiter Konsens in der Community ist. Damit sind beide Grundprinzipien - sowohl Wikiprinzip als auch Enzyklopädieprinzip - unter heftigem Beschuß.
Kannst du konkrete Hinweise darauf liefern? Ich gehe davon aus, dass du unter anderem wegen Reaktionen auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion:Meinungsbilder/Nichts_Neue...
so urteilst, aber um einen allgemeinen Trend zu postulieren, ist das etwas schwach.
Ausgerechnet mit dem Hinweis auf das „Wiki-Prinzip“, das doch „schnelle Veränderung“ bedeutet, wird immer öfter das Festzurren eines bestehenden Zustands gerechtfertigt. Es scheint so, als solle diese „schnelle Veränderung“ offenbar nur für die Inhalte der Artikel gelten. Die Strukturen darum herum, die diese Artikelinhalte erst ermöglichen, sollen möglichst allesamt komplett und für immer „gesperrt“ werden.
Ich wundere mich auch immer wieder, wie mitunter ziemlich dogmatisch mit Wikipedia-Regeln argumentiert wird, die jederzeit auch in Frage gestellt werden können. Andererseits bin ich da nicht so pessimistisch wie du.
Vielleicht kennen auch nicht mehr alle Wikipedianer
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Ignoriere_alle_Regeln
und
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Nimm_nicht_an_Abstimmungen_teil
Den Herausforderungen der Zukunft, in der mit erheblichen (z.B. juristischen oder ökonomisch motivierten) Angriffen von Außen zu rechnen ist, wird sich die Wikipedia nicht stellen können, weil sie ihre Anpassungsfähigkeit verloren hat. Die Offenheit und Freiheit („open“ und „free“) der Wikipedia hängt bestimmt nicht an so albernen Details, ob auch noch der allerletzte der 350.000 Artikel durch jede IP bearbeitbar ist oder nicht. Ihr Fortbestehen hängt davon ab, ob wir wieder lernen können, im Geiste des Wikiprinzips zu handeln, statt nach dessen Buchstaben.
Aha, es geht also auch konkret um die Bearbeitung durch IPs? Die grundsätzlich freie direkte Bearbeitung ist meiner Meinung nach tasächlich ein Grund für den Erfolg der Wikipedia. Dies ist allerdings kein Dogma sondern natürlich eine These, die allerdings auch durch wissenschaftliche Studien bestätigt wird: http://web.mit.edu/iandeseminar/Papers/Fall2005/anthony.pdf
Wie die Details der "grundsätzlich freien direkte Bearbeitung" aussehen lässt sich ja noch diskutieren oder ausprobieren (z.B. die Regelung in en, dass IPs keine neuen Artikel anlegen dürfen - gibt es da schon Ergebnisse dieses Experiments?)
Also: Nicht aufgeben, Sei Mutig und die "Haben wir schon immer so gemacht"-Fraktion ignorieren.
Gruß, Jakob
Am Mittwoch 18 Januar 2006 13:15 schrieb Jakob Voss:
Markus Mueller schrieb:
Zur Zeit findet ein heftiger Angriff auf die Grundlagen der Wikipedia statt. "Wikiprinzip: nein danke" - das ist das, was inzwischen breiter Konsens in der Community ist. Damit sind beide Grundprinzipien - sowohl Wikiprinzip als auch Enzyklopädieprinzip - unter heftigem Beschuß.
Kannst du konkrete Hinweise darauf liefern? Ich gehe davon aus, dass du unter anderem wegen Reaktionen auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion:Meinungsbilder/Nichts_Neu es
so urteilst, aber um einen allgemeinen Trend zu postulieren, ist das etwas schwach.
Nö, das bezog sich auf grundsätzliche Beobachtungen zum Verhalten der Wikipedianer in Diskussionen und Abstimmungen in den letzten Monaten, unabhängig davon, wie jeweils meine persönliche Meinung in der Sache war.
Ich kann natürlich auch gerne die Diskussionen der letzten Zeit heraussuchen, aber das kostet natürlich eine Menge Zeit. :-)
Ausgerechnet mit dem Hinweis auf das „Wiki-Prinzip“, das doch „schnelle Veränderung“ bedeutet, wird immer öfter das Festzurren eines bestehenden Zustands gerechtfertigt. Es scheint so, als solle diese „schnelle Veränderung“ offenbar nur für die Inhalte der Artikel gelten. Die Strukturen darum herum, die diese Artikelinhalte erst ermöglichen, sollen möglichst allesamt komplett und für immer „gesperrt“ werden.
Ich wundere mich auch immer wieder, wie mitunter ziemlich dogmatisch mit Wikipedia-Regeln argumentiert wird, die jederzeit auch in Frage gestellt werden können. Andererseits bin ich da nicht so pessimistisch wie du.
Kleine Veränderungen sind ja immer noch möglich. Oder, wenn eine bestimmte kleine Gruppe konstruktiv zusammenarbeiten will (s. Anpassung der Regeln des Schreibwettbewerbs) - die Betonung liegt dabei aber immer auf "kleine, wohlmeinende Gruppe".
Aha, es geht also auch konkret um die Bearbeitung durch IPs?
Nein, das war nur ein beliebiges Beispiel. Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, dass das Sperren von IPs irgendein Problem lösen oder auch nur verbessern könnte.
Also: Nicht aufgeben, Sei Mutig und die "Haben wir schon immer so gemacht"-Fraktion ignorieren.
Mit Ignorieren kommt man nicht weit, wenn man gegen eine 2/3 Mehrheit steht. Siehe als Beispiel den mutigen und vernünftigen Schritt von Achim/Mathias zur Entfernung der Artikelzahl auf der Hauptseite bzw. DaTrolls mutiges Anlegen von Exzellente Artikel/Sperrung (wobei ich letzteres nicht einmal für besonders nützlich, wenngleich auch als nicht als besonders schädlich erachte. Einen Versuch wäre es aber allemal wert gewesen).
Schöne Grüße,
Markus (der weit weniger pessimistischer ist, als man so denken mag)
2006/1/18, Jakob Voss jakob.voss@nichtich.de:
Kannst du konkrete Hinweise darauf liefern? Ich gehe davon aus, dass du unter anderem wegen Reaktionen auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion:Meinungsbilder/Nichts_Neue...
so urteilst, aber um einen allgemeinen Trend zu postulieren, ist das etwas schwach.
Fuer mich persoenlich ein ernsthafter Tiefschlag ist die Reaktion auf unser aller Bertrams Loeschantrag:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:L%C3%B6schkandidaten/8._Januar_2006#W...
Vielleicht kennen auch nicht mehr alle Wikipedianer
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Ignoriere_alle_Regeln
und
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Nimm_nicht_an_Abstimmungen_teil
Eine erschreckend grosse Zahl denkt mittlerweile, dass Loeschdiskussionen Abstimmungen sind, Menungsbilder Abstimmungen sind sowie Argumente ersetzen koennen.
Also: Nicht aufgeben, Sei Mutig und die "Haben wir schon immer so gemacht"-Fraktion ignorieren.
Tja, vor wenigen Wochen habe ich noch geschrieben: Die Wikipedia ist noch steuerbar. Ist sie auch. Aber der Aufwand steigt und steigt und steigt.
Viele Gruesse
Philipp