"Der Mann glaubt fest an die Macht des gedruckten Wortes: Brockhaus-Chef Alexander Bob über Konkurrenz durch das Internet, über den Pisa-Schock und über die Zukunft von 30-bändigen Lexika".
http://www.heise.de/tr/wissen/
hat das jemand gelesen? Lohnt es sich?
fragt Melvin
On Tuesday 17 August 2004 21:04, Melvin Lafalle wrote:
"Der Mann glaubt fest an die Macht des gedruckten Wortes: Brockhaus-Chef Alexander Bob über Konkurrenz durch das Internet, über den Pisa-Schock und über die Zukunft von 30-bändigen Lexika".
http://www.heise.de/tr/wissen/
hat das jemand gelesen? Lohnt es sich?
Das Interview mit Alexander Bob ist interessant aber viel neues bzgl. Brockhaus vs./& Wikipedia gibt es dort nicht zu lesen.
Frage: "wird der Leser des Jahres 2005 im Brockhaus endlich auch das Stichwort "Wikipedia" finden - eine kostenlose Internet-Enzyklopädie [...], [die] bis dahin qualitativ gleichziehen [will]"?
AB: Ob Wikipedia für ein Stichwort reicht, kann ich noch nicht sagen. Sicherlich aber werden wir "Wiki-Wiki" als Konzept beschreiben - auch als das einer Open-Source Bewegung, die wir mit einiger Sympathie sehen.
Frage: Ist Konkurrenz sympathisch?
AB: Wir sehen Wikipedia als soziales Experiment, das den "Digital Gap" zwischen denen, die sich ein Nachschlagewerk nach professionellen lexikografischen Kriterien leisten können, und jenen, die das eben nicht können, verkleinert. Und je mehr man sich mit der Wikipedia beschäftigt, desto stärker fällt einem der Unterschied zu trad. Enzyklopädien auf. [...]
AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus und geht dann noch kurz auf ein paar Schwächen der Wikipedia ein, die ich nicht für besonders überzeugend halte (Pressesprecher könnte strahlende Biografie eines Politikers in WP bringen etc.). Zum Schluß seiner Antwort unterstreicht er die "ausgefeilten Kontrollmechanismen" im Brockhaus, ohne dabei die WP direkt anzugreifen (indirekt natürlich schon).
Der Rest des Interviews befasst sich mit Pisa, dem Wert der Bildung, der Entwicklung des Brockhaus und Microsoft. Die im Raum stehende Bündelung der Encarta mit Windows scheint AB Sorgen zu machen - Zitat: "Sollte jedoch Microsoft die Encarta zu einem Teil von Windows machen, so will ich einen Gang zum Kartellamt nicht ausschließen."
Das Interview ist insgesamt lesenswert und interessant und AB macht einen netten Eindruck. Nur dafür die Zeitschrift zu kaufen lohnt sich jedoch nicht. Ist man jedoch an angewandter Forschung & Technik interessiert, dann kann man den Kauf ruhig riskieren. (disclaimer: ich arbeite nicht für den Heise Verlag ;-)
Viele Grüße, Marco
On Wed, Aug 18, 2004 at 01:49:31AM +0200, Marco Krohn wrote:
AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus...
DA find ich hat er irgendwie recht. Allerdings wer im Internet allgemein sucht wird sicher keinen Brockhaus haben. Es wäre mal nett an längerfristige Statistiken zum Online angebot des Brockhaus zu kommen.
On Wed, Aug 18, 2004 at 08:22:21AM +0200, Thomas R. Koll wrote:
On Wed, Aug 18, 2004 at 01:49:31AM +0200, Marco Krohn wrote:
AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus...
DA find ich hat er irgendwie recht.
Dann steht der Brockhaus aber in Konkurrenz zum Buch.
Grüße, Benni
Marco Krohn wrote:
Und je mehr man sich mit der Wikipedia beschäftigt, desto stärker fällt einem der Unterschied zu trad. Enzyklopädien auf. [...]
Das ist sehr schön zu lesen. In die [[Liste ausgewählter Wikipedia-Nutzer]] kommt also nach Klaus Holoch nun auch Alexander Bob.
AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus
Nunja, wenn man einmal eine Matrix aufmacht und Attribute vergleicht, steht wikipedia in der aktuellen Form erstmal in Konkurrenz zu Xipolis.net.
AB kennt wohl die Zahlen besser als ich, was diesen Punkt angeht.
und geht dann noch kurz auf ein paar Schwächen der Wikipedia ein, die ich nicht für besonders überzeugend halte (Pressesprecher könnte strahlende Biografie eines Politikers in WP bringen etc.).
Wunderbar! Das wären dann Informationen aus einer ziemlich nahen Quelle in einem POV-Stil, der a) entweder geplättet wird oder b) durch das NPOV-Nudelholz gezogen wird. a) wäre schadensneutral, b) wäre schön.
Bei der Europawahlparty der Grünen vor einigen Wochen erzählte mir eine junge Bundestagsabgeordnete, wie sie mit ihrem Mitarbeiter mal durch die Wikipedia gegangen sei und ihren Eintrag aufgefrischt habe. Eigentlich sollten das auch alle anderen MdBs tun, die Wikipedianer würden sie im Zweifelsfall an die Hand nehmen und ihnen ein wenig beim Formulieren helfen :)
Zum Schluß seiner Antwort unterstreicht er die "ausgefeilten Kontrollmechanismen" im Brockhaus,
Oh ja, die Kontrollmechanismen. Kam auch von ihm ein Versprechen zur 100%igen Verlässlichkeit?
Nunja, abgesehen davon bleibt noch die Frage offen, wie ausgefeilt die BE-Kontrollmechanismen sind.
Das Redaktionssystem kann er wohl damit nur begrenzt meinen, jedenfalls war der Vorführeffekt mit der SGML-Validierung sehr .. hmm. Interessant.
ohne dabei die WP direkt anzugreifen (indirekt natürlich schon).
recht harte Worte. Hmmm, vielleicht kann man ja auch mit ihm mal den Gesprächsfaden ein wenig suchen, denn immerhin hat er eine neue Lesart eingeführt, was die BIFAB-Kategorisierung der Wikipedia angeht. Als Pressesprecher wäre ich ein wenig verärgert darüber, der letzte zu sein, der mitbekommen, daß man neuerdings doch Wikipedia und BE vergleichen kann.
Zitat: "Sollte jedoch Microsoft die Encarta zu einem Teil von Windows machen, so will ich einen Gang zum Kartellamt nicht ausschließen."
Hrhr, da bin ich mal gespannt, wenn das mit der Bundelung von Mandrake mit Wikipedia klappen sollte (siehe meta.).
Mathias Schindler schrieb
Zitat: "Sollte jedoch
Microsoft die Encarta zu einem Teil von Windows machen, so will ich
einen
Gang zum Kartellamt nicht ausschließen."
Hrhr, da bin ich mal gespannt, wenn das mit der Bundelung von Mandrake mit Wikipedia klappen sollte (siehe meta.).
Bei Linux und Wikipedia ist das unproblematisch da Linux auf dem Desktop (wo ja eine Wikipedia nur Sinn machen würde) wohl kaum als quasimonopolistisch angesehen werden kann. Bei MS ist das anders. Hätte MS so wie Apple einen Musikstore aufgezogen, der sich nur mit dem hauseigenen PLayer (Windows Media Player) bedienen läßt, wäre das genau so illegal gewesen wie damals die Verschmelzung von IE und Windows. Insofern hat BIFAB gegen MS schon Chancen vor dem Kartellamt (wenn die nicht zu lange brauchen und BIFAB bis dahin tot ist) während Mandrake sicher ist
Meint Tobias Hesse
"Tobias Hesse" skribis:
Mathias Schindler schrieb
Zitat: "Sollte jedoch
Microsoft die Encarta zu einem Teil von Windows machen, so will ich einen Gang zum Kartellamt nicht ausschließen."
Hrhr, da bin ich mal gespannt, wenn das mit der Bundelung von Mandrake mit Wikipedia klappen sollte (siehe meta.).
Bei Linux und Wikipedia ist das unproblematisch da Linux auf dem Desktop (wo ja eine Wikipedia nur Sinn machen würde) wohl kaum als quasimonopolistisch angesehen werden kann.
Und noch weniger kann man Mandrake als quasimonopolistisch ansehen.
Bei MS ist das anders. Hätte MS so wie Apple einen Musikstore aufgezogen, der sich nur mit dem hauseigenen PLayer (Windows Media Player) bedienen läßt, wäre das genau so illegal gewesen wie damals die Verschmelzung von IE und Windows.
Umgekehrt: Wenn der hauseigene Player nur diesen einen Musikstore unterstützt, wäre das problematisch.
(Der Musikstore hat ja noch kein Quasimonopol, also kann man damit wohl kaum den Windows Media Player (oder Windows) vorwärtstreiben.)
Paul
"Tobias Hesse" skribis:
Bei MS ist das anders. Hätte MS so wie Apple einen Musikstore aufgezogen, der sich nur mit dem hauseigenen PLayer (Windows Media Player) bedienen läßt, wäre das genau so illegal gewesen wie
damals
die Verschmelzung von IE und Windows.
Umgekehrt: Wenn der hauseigene Player nur diesen einen Musikstore unterstützt, wäre das problematisch.
(Der Musikstore hat ja noch kein Quasimonopol, also kann man damit wohl kaum den Windows Media Player (oder Windows) vorwärtstreiben.)
Hast ja Recht. So meinte ich das auch. War nur zublöd es richtig rum auszudrücken...
Paul
Tobias Hesse
Mathias Schindler wrote:
ohne dabei die WP direkt anzugreifen (indirekt natürlich schon).
recht harte Worte. Hmmm, vielleicht kann man ja auch mit ihm mal den Gesprächsfaden ein wenig suchen, denn immerhin hat er eine neue Lesart eingeführt, was die BIFAB-Kategorisierung der Wikipedia angeht. Als Pressesprecher wäre ich ein wenig verärgert darüber, der letzte zu sein, der mitbekommen, daß man neuerdings doch Wikipedia und BE vergleichen kann.
hm, wenn ich jetzt Marco richtig verstanden habe: "AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus", dann hat er den Vergleich doch gerade nicht zugelassen, oder steh ich jetzt total auf dem Schlauch?
Im übrigen finde ich diese Sichtweise auf die Wikipedia sehr entspannt.
ciao Melvin
On Friday 20 August 2004 22:10, Melvin Lafalle wrote:
Mathias Schindler wrote:
ohne dabei die WP direkt anzugreifen (indirekt natürlich schon).
recht harte Worte. Hmmm, vielleicht kann man ja auch mit ihm mal den Gesprächsfaden ein wenig suchen, denn immerhin hat er eine neue Lesart eingeführt, was die BIFAB-Kategorisierung der Wikipedia angeht. Als Pressesprecher wäre ich ein wenig verärgert darüber, der letzte zu sein, der mitbekommen, daß man neuerdings doch Wikipedia und BE vergleichen kann.
hm, wenn ich jetzt Marco richtig verstanden habe: "AB glaubt, dass die Wikipedia mehr in Konkurenz zum Internet steht, als zum Brockhaus", dann hat er den Vergleich doch gerade nicht zugelassen, oder steh ich jetzt total auf dem Schlauch?
der Satz von AB lautet:
"Die Konkurrenz zu Wikipedia ist unseres Erachtens nicht Brockhaus, wie die jungen Leute dieses Projektes gern glauben, sondern der Rest des Internet, in dem man die meisten Informationen, die Wikipedia bietet, mehrfach redundant wieder findet - häufig in einer 1:1-Übertragung."
Meiner Meinung nach hat er damit zur Zeit Recht, da wir uns qualitativ nicht mit dem Brockhaus messen können. Langfristig sollte sie sich da schon eher Sorgen machen, wie schrieb doch Hiawatha Bray in einem Artikel für den Boston Globe kürzlich so schön [1]:
"A few years ago, Microsoft Corp. scoffed at free software; today the company is running scared. Britannica's Ross seems a lot more relaxed about his company's future. It's difficult to see why."
Den Nachsatz mit der "1:1 Übertragung" kann ich übrigens nicht so recht deuten. Soll das ein Angriff sein, a la "die Wikipedia kopiert Seiten 1:1 aus dem Netz", oder verstehen die nicht, dass die mirror die Wikipedia kopieren? Na ja, den Nachsatz hätte er sich gerne sparen können.
Viele Grüße, Marco
[1] http://www.boston.com/business/globe/articles/2004/07/12/one_great_source___...
Marco Krohn schrieb:
Den Nachsatz mit der "1:1 Übertragung" kann ich übrigens nicht so recht deuten. Soll das ein Angriff sein, a la "die Wikipedia kopiert Seiten 1:1 aus dem Netz", oder verstehen die nicht, dass die mirror die Wikipedia kopieren? Na ja, den Nachsatz hätte er sich gerne sparen können.
Ich bin über diesen Satz auch gestolpert, nachdem ich endlich einen Kiosk fand, an dem es noch die TR gab.
Es sind mehrere Lesarten möglich, wobei die Reihenfolge ein wenig gewichtet ist (wahrscheinlichstes zuerst):
* AB hat Mirrors der Wikipedia entdeckt und kommt so langsam in die Position, etwas von der Existenz der GFDL zu ahnen.
* AB beschreibt die wikipedia als das, was es (spätestens seit FIOLE) nicht mehr ist: Ein zusammenkopierter Haufen Text aus dem Netz aus dem, was es schon vorher gab.
Wenn er letzteres meint, dann sollte er diese Duden-Schülerhilfen^w^w^w^w schon gut :)
Mathias
(PS: Seine Äußerungen zur Wikipedia sind grandios! Brockhausens CEO ruft Menschen dazu auf, in der Wikipedia mitzuarbeiten. Das soll er gerne weiter machen)