Ich studiere an der Universität Potsdam und wir haben dieses Semester ein Seminar zum großen Thema "e-learning" Unsere Gruppe hat das Projekt Wikipedia. Meine Frage beläuft sich auf Folgendes: Kann man bei Wikipedia nur über die mailingliste kommunizieren, oder bestehen auch Möglichkeiten über die Internetseite? Welche Erfahrungen habt ihr mit der Kommunikation gemacht, welche Themen besprecht ihr? Ich würde mich freuen, wenn mir Viele antworten! Die große Frage ist eigentlich... eignet sich das Konzept von Wikipedia, "eine Seite auf der man zusammen Wissen austauschen kann" auch als Kommunikationsmöglichkeit für eine große Gruppe von Menschen mit einem gemeinsamen Hintergrund (Arbeitsleben oder Soziales)
liebe Grüße Tina
Deine Anfrage ist erstmal sehr allgemein. Ich antworte also auch mal allgemein als jemand, der seit ein paar Monaten intensiver dabei ist.
Daß man über die Mailingliste kommunizieren kann, merkst Du ja gerade ... Das ist aber nichts, was für Wikipedia oder Wikis allgemein typisch wäre. Als zusätzliche Möglichkeit ist es aber eine gute Sache - Mailinglisten sind manchmal schneller, überschaubarer und persönlicher. So jedenfalls mein Eindruck.
Die Kommunikation über die Internetseite ist nicht nur möglich, sondern die Hauptsache bei Wikipedia. Das direkte, gegenseitige Korrigieren der Texte ist ja Kommunikation in sehr produktiver (wenn auch unvertrauter) Form. Nach meiner Erfahrung läuft das meistens sehr gut. Bei Unklarheiten oder Differenzen können Argumente auf der Diskussionsseite eines Artikels ausgetauscht werden. Ich habe da schon Diskussionen erlebt, die ganz hinreißend waren (Beispiel "Plänterwald", eigentlich ein Löschkandidat, den ich zu retten versucht habe, nur weil in meiner Nähe in Berlin der "Plenterwald" liegt. Ich hatte da keine Ahnung und auch im Netz war nicht viel zu finden. Da haben sich dann ein paar Forstexperten eingemischt und der Artikel dürfte sich zum vollständigsten und vielleicht besten zum Thema entwickelt haben. Und ich habe eine Menge gelernt.). Der Einschub war jetzt etwas lang ... Andere Diskussionen verhungern einfach. Man stellt ein Frage, macht einen Vorschlag, doch es kommt nichts. Das betrachte ich dann nach einer gewissen Schamfrist als Freibrief und tue, was ich für richtig halte.
Wirkliche Probleme gibt es bei Artikeln und Diskussionen, die Glaubensfragen betreffen. Weniger bei etablierten Religionen, die sind da meist souveräner, weil sie schon lange Diskussionen ausgesetzt sind, es betrifft vor allem (ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen sprechen) Dinge wie Alternativmedizin, Esoterik, politische Standpunkte usw. Wikipedia hat einen grundlegenden Widerspruch, der sich bei solchen Themen manifestiert: Das ganze Projekt entstand und lebt aus dem Geist der Aufklärung (und kann damit mit gewissem Recht als ideologisch bezeichnet werden), hat aber auch eine anarchische Struktur. Es werden folglich immer wieder Artikel geschrieben, die dem aufklärerischen Standpunkt widersprechen, was zu meist aussichtslosen Diskussionen führt. Das ist für beide Seiten extrem frustrierend, aber auch nicht wirklich zu lösen.
Zu Deiner letzten Frage: Zur Erarbeitung und Koordinierung eines Wissensbestands innerhalb einer mehr oder weniger großen Gruppe halte ich das Wiki-Konzept für die bisher beste Lösung.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, schlage ich vor, Ihr sucht Euch ein ein Thema bei Wikipedia, mischt da eine Weile mit und seht was sich tut. Das ist nützlicher als alle Erfahrungsberichte anderer.
Rainer
PS: Ich fürchte, ich bin über Deine Fragen etwas hinausgeschossen. So kann's gehen, wenn man nachts aus dem Nähkästchen plaudert.