Hallo, auch ich möchte gerne meine Meinung auf dieser neumodischen Erfindung namens Mailingliste mit euch teilen:
Es gab mal vor langer Zeit bei Wikipedia eine Regel namens AGF (Gehe von guten Absichten aus). Manchmal glaube ich, dass davon nicht viel übrig geblieben ist.
Dass man bei täglicher Arbeit in der Eingangskontrolle irgendwann die Nerven verliert und nicht mehr glauben möchte, dass die meisten IPs Interesse an der Erstellung einer Enzyklopädie haben, kann ich ja noch nachvollziehen. Dass aber angeblich viele der stimmberechtigten Benutzer unserer Enzyklopädie schaden möchte, finde ich doch einen sehr merkwürdigen Gedanken, der dem Wiki-Prinzip fundamental entgegen läuft.
Ich bin zuversichtlich, dass die meisten dieser Benutzer ihre Prüfungsbefugnis mit Bedacht einsetzen und nicht einfach alles markieren, ohne es zu lesen. Das ist bei der Prüfung ja prinzipiell nicht anders als bei der Sichtung.
Von "Prüfer-Wahlen" oder "Fachgebiet-Prüfern" (wobei letzteres imho technisch nicht einfach umzusetzen ist), halte ich gar nichts, und das aus zwei Gründen: 1. Es wird eine Menge (unnütze) Arbeit in die Bürokratie investiert (wer soll Prüfer sein; ist er denn wirklich geeignet; usw.) 2. Wenn wir wirklich nur wenige Spezialisten daran lassen, dann sind wir auch in zehn Jahren noch nicht fertig damit. Man sieht ja schon wie lange es dauert, alle Artikel einmal durchzulesen, wenn man die alle von einem Zehntel der Mitarbeiter mit Quellen nachprüfen lassen muss, dauert das ewig - zumal wir mit den neuen Änderungen gar nicht Schritt halten könnten.
Wir sollten uns vor Augen führen, dass eine vollkommen fehlerfreie Enzyklopädie eine Illusion ist, ein Wunschtraum. Die Prüfung ist vielmehr das Gegenstück zu den ganzen Überarbeitungsbausteinen, also "diese Version wurde von jemandem, der meint sich damit auszukennen, durchgelesen und für OK befunden".
Daher denke ich, dass man a) die Hürde für Prüfungen niedrig ansiedeln sollte. b) jedem, der Sichter ist, auch das Prüfrecht geben sollte.
Vielleicht noch ein paar erklärende Worte: Zu a) Ein Einwand könnte sein, dass eine Auszeichnung des Artikels als "geprüft" für die Leserschaft als besonderes Qualitätsmerkmal aufgefasst werden könnte, also für mehr als es in Wirklichkeit ist. Ich denke, wir sollten auf WP:GV deutlich machen, dass es sich nicht um Versionen handelt, die von wirklichen Experten bis in jedes Detail überprüft wurden; dass diese also weiterhin Fehler beinhalten können
Zu b) Entscheidend ist nicht, ob eine Person einen Doktor hat, oder nicht, sondern ob wir ein gewisses Grundvertrauen aufbringen können. Und das können wir nach AGF bei stimmberechtigten Autoren meines Erachtens nach, allemal. Bei Bedarf kann man das Recht ja auch ganz einfach wieder entziehen.
Gruß,
Church of emacs
church.of.emacs.ml schrieb:
b) jedem, der Sichter ist, auch das Prüfrecht geben sollte.
Nein, nicht mit dem AGF übertreiben. Was "Vandalismus" ist, ist Konsens unter den WP-Benutzern (abgesehen von Fällen, wo man sich das in einem Editwar gegenseitig an den Kopf wirft). Ob ein Artikel aber hinreichend brauchbar ist, ist eine sehr weit auseinandergehende Definition. Wenn man hier die Anforderungen an die Kandidaten zu tief setzt, wird naturgemäß auch diese Definition sehr weit nach unten wandern und es wird jeder Artikel "geprüft", der nicht vandaliert ist. Das kann aber nicht im Sinne des Erfinders sein.
Ich denke, sobald überhaupt erstmal Kriterien existieren, kann man immer noch ein System überlegen, wie man feststellt, ob ein Benutzer diese Kriterien ernst nimmt - wenn er selbst strengere vertritt oder sogar umsetzt, ist das kein Problem; wohl aber andersrum. Auch _soll_ keinesfalls ein jeder Artikel irgendeine "geprüfte" Version haben - im Gegenteil: Das ganze sollte als Kriterium für Artikel gelten, die zumindest formell hinreichend gut sind. Platt gesagt: All jene Artikel, die keine Baustelle mehr sind (was gefühlte 1% heißt).
Kai F. Lahmann wrote:
church.of.emacs.ml schrieb:
b) jedem, der Sichter ist, auch das Prüfrecht geben sollte.
Ob ein Artikel aber hinreichend brauchbar ist, ist eine sehr weit auseinandergehende Definition.
Genau das ist mein Punkt:
Geprüft bedeutet nicht, dass der Artikel toll oder "hinreichend brauchbar" ist (dafür haben wir die lesenswerten bzw. exzellenten Artikel), sondern einzig und allein, dass die Fakten großteils korrekt sind.
Und die Korrektheit lässt sich ja anhand von Quellen überprüfen, da sollte es weniger Streit als um Neutralität u.ä. geben.
Außerdem: Wir lassen den Benutzern die Freiheit, die Artikel zu ändern. Dieses Prinzip hat sich sehr bewährt, und ich denke wir sollten es uns weiterhin auch bei der Prüfung zu Nutze machen. Nicht zuletzt deswegen kann ja jeder Prüfer eine bereits geprüfte Version als ungeprüft zurückstufen. Vielleicht wird es sogar vereinzelt zu Edit-Wars bei der Prüfung von Artikeln kommen. Diese werden aber (denke ich) genauso wie bei normalen Änderungen in der Minderheit bleiben.
Denn eigentlich geht es nur um so einen kleinen Kasten, der rechts oben zu sehen ist; ob dort "geprüft" oder "gesichtet" steht. Was von den beiden ist eher ein gewagter Schritt? Es allen Internetnutzern zu ermöglichen, Artikel zu bearbeiten, oder es vertrauenswürdigen Benutzern zu ermöglichen Artikel als OK zu kennzeichnen?
Gruß,
Church of emacs
church.of.emacs.ml schrieb:
Und die Korrektheit lässt sich ja anhand von Quellen überprüfen, da sollte es weniger Streit als um Neutralität u.ä. geben.
Sehr flapsig und unrund gedacht. Als wenn jeder Autor seine Artikel anhand irgendwelcher popeliger Internetquellen verfassen würde, die mal eben ratzfatz aufgeklickt sind. Jede Offline-Quelle kostet den Prüfer Aufwand, Geld und Zeit. Resultat: Ein ganzer Berg von geprüften Artikeln, deren inhaltliche Basis nicht über imdb, laut.de, Spiegel Online, FloraWeb u.ä. "Halbgarheiten" hinausgeht, und noch mehr Artikel, die, Vollständigkeit und Solidität anstrebend, sich auf teils mehrere Offline-Quellen stützen und niemals geprüft werden werden. Allein aus "meinem" Bestand wüßte ich dutzende von Artikeln (nicht mal bebapperlte, ganz normale), die nur mit (teilweise relativ viel) Geld verifiziert werden könnten. W.B. Turrills "/A Supplement to Elwes' Monograph of the Genus Lilium"/, Part IX, 1962 gibt es meines Wissens nicht in deutschen Bibliotheken und ich bin mir sicher, dass das auch für so manch andere Quellenangabe gilt.
Dazu kommt: die Zeit, die es einen fachlich versierten Prüfer kostet, Quellen aufzutreiben (wenns eben nicht grad eine dahingerüsselte Internetquelle ist) und den Artikel daran orientiert zu verifizieren, die sähe ich doch lieber in neue Artikel solch kompetenter Kräfte gesteckt. Und ich glaube auch nicht, dass jene fachlich versierten Kräfte (wo auch immer die her kommen werden) auf Korrekturlesen überhaupt Bock haben. Das ist eine ziemlich langweilige und mühsame Arbeit.
Mühsal, Langeweile, Kosten, Zeit und Aufwand. Und nicht mal Ruhm. Das macht kein Wikipedianer (zumindest keine signifikante Anzahl). Denn deswegen sind wir nicht hier. Meiner Erfahrung nach zumindest nicht.
Beste Grüße, Denis
Hm, vielleicht hast du mich da ein wenig Missverstanden.
Ich meinte _nicht_, dass jeder für alle Aussagen Belege finden muss, sondern dass es in Spezialfällen, in denen es Prüfungs-Edit-Wars gibt, man schneller zum Ergebnis kommen könnte als bei gewöhnlichen Edit-Wars, da man anhand von (wenigstens theoretisch überprüfbaren) Fakten argumentieren kann (was z.B. bei Edit-Wars um Neutralität schwieriger ist).
Gruß,
Church of emacs
Denis Barthel wrote:
church.of.emacs.ml schrieb:
Und die Korrektheit lässt sich ja anhand von Quellen überprüfen, da sollte es weniger Streit als um Neutralität u.ä. geben.
Sehr flapsig und unrund gedacht. Als wenn jeder Autor seine Artikel anhand irgendwelcher popeliger Internetquellen verfassen würde, die mal eben ratzfatz aufgeklickt sind. Jede Offline-Quelle kostet den Prüfer Aufwand, Geld und Zeit. Resultat: Ein ganzer Berg von geprüften Artikeln, deren inhaltliche Basis nicht über imdb, laut.de, Spiegel Online, FloraWeb u.ä. "Halbgarheiten" hinausgeht, und noch mehr Artikel, die, Vollständigkeit und Solidität anstrebend, sich auf teils mehrere Offline-Quellen stützen und niemals geprüft werden werden. Allein aus "meinem" Bestand wüßte ich dutzende von Artikeln (nicht mal bebapperlte, ganz normale), die nur mit (teilweise relativ viel) Geld verifiziert werden könnten. W.B. Turrills "/A Supplement to Elwes' Monograph of the Genus Lilium"/, Part IX, 1962 gibt es meines Wissens nicht in deutschen Bibliotheken und ich bin mir sicher, dass das auch für so manch andere Quellenangabe gilt.
Dazu kommt: die Zeit, die es einen fachlich versierten Prüfer kostet, Quellen aufzutreiben (wenns eben nicht grad eine dahingerüsselte Internetquelle ist) und den Artikel daran orientiert zu verifizieren, die sähe ich doch lieber in neue Artikel solch kompetenter Kräfte gesteckt. Und ich glaube auch nicht, dass jene fachlich versierten Kräfte (wo auch immer die her kommen werden) auf Korrekturlesen überhaupt Bock haben. Das ist eine ziemlich langweilige und mühsame Arbeit.
Mühsal, Langeweile, Kosten, Zeit und Aufwand. Und nicht mal Ruhm. Das macht kein Wikipedianer (zumindest keine signifikante Anzahl). Denn deswegen sind wir nicht hier. Meiner Erfahrung nach zumindest nicht.
Beste Grüße, Denis
WikiDE-l mailing list WikiDE-l@lists.wikimedia.org https://lists.wikimedia.org/mailman/listinfo/wikide-l
church.of.emacs.ml schrieb:
Geprüft bedeutet nicht, dass der Artikel toll oder "hinreichend brauchbar" ist (dafür haben wir die lesenswerten bzw. exzellenten Artikel), sondern einzig und allein, dass die Fakten großteils korrekt sind.
Und genau das kannst du vergessen. In WP wird POV-Pushing idr. nicht durch unbelegte Aussagen betrieben, sondern indem man die Quellen passend interpretiert oder irgendwelche Quellen einfach weglässt. Du kannst dir sicher sein, dass bei dieser Wertung ein "passt in mein Weltbild" herauskommt. Darum: lasst uns von dem Gedanken, den _Inhalt_ eines Artikels auf diese Art zu bewerten *völlig* wegkommen.