From the mit-software-patenten-wäre-das-nicht-passiert-Department:
http://www.firmenpresse.de/pressinfo21294.html
"So kann sich die Wikifizierung zu einem neuen Schmarotzertum auswachsen. Inhalte anderer Autoren werden zusammengefügt, anonymisiert veröffentlicht und verwendet. Da dies ohne finanzielle Abgeltung geschieht, werden wertvolle Inhalte durch diesen Prozess wertlos gemacht", kritisiert Sander. Die Autoren derartiger Qualitätsangebote könnten dann nur mit Rückzug reagieren, da ihre geistige Arbeit keinen materiellen Verdienst mehr erbringe."
Argumentativ deckungsgleich mit dem Tenor der 13 Thesen des Theologen aus Mannheim, der ja wahlweise das Nebeneinander und darüber hinaus noch das Ende unfreier Texte erklärt und dessen Thesen bei dieser Zusammenfassung völlig verzerrt wiedergegeben wurden, weil es ja genau andersherum ist.
Mathias Schindler wrote:
From the mit-software-patenten-wäre-das-nicht-passiert-Department:
http://www.firmenpresse.de/pressinfo21294.html
"So kann sich die Wikifizierung zu einem neuen Schmarotzertum auswachsen. Inhalte anderer Autoren werden zusammengefügt, anonymisiert veröffentlicht und verwendet. Da dies ohne finanzielle Abgeltung geschieht, werden wertvolle Inhalte durch diesen Prozess wertlos gemacht", kritisiert Sander. Die Autoren derartiger Qualitätsangebote könnten dann nur mit Rückzug reagieren, da ihre geistige Arbeit keinen materiellen Verdienst mehr erbringe."
Da wären dann die nächsten Sätze auch noch interessant gewesen:
"Dies könnte in einigen Jahren auch im Internet stattfinden, wenn die Geistreichen ihren Geist einfach nicht mehr der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Im Internet würde dann nur noch kollektiver Müll erscheinen", so Sander."
Das alles aber muß man im Zusammenhang mit diesem Artikel sehen, auf den sich die PM bezieht:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/306/78228/
"Was wir jetzt beobachten können, ist eine beängstigende Ausbreitung des Trugschlusses, das Kollektiv sei unfehlbar. Davon bleiben nicht einmal Eliteorganisationen verschont. Der Aufstieg der Wikipedia, der Reichtum von Google und das Wettrennen zur ultimativen Metaseite haben zu einem Goldrausch geführt, von dem schon Regierungsstellen, Universitäten und die Planungsabteilungen von Top-Firmen angesteckt wurden.
Es ist gut zu verstehen, was den Trugschluss des Kollektivismus für große Organisationen so attraktiv macht: Wenn es ein unfehlbares Grundprinzip gibt, müssen die Einzelnen keine Risiken eingehen und keine Verantwortung übernehmen. Das passt zu den enormen Unsicherheiten und der geradezu pathologischen Angst vor Verantwortung in unserer Zeit. Gleichzeitig müssen wir in Institutionen funktionieren, die keiner Führungskraft mehr verpflichtet sind. Jeder Einzelne, der Angst davor hat, innerhalb seiner Organisation das Falsche zu sagen, kann sich deswegen immer auf der sicheren Seite wähnen, solange er sich hinter einem Wiki oder ähnlichen Ritualen von Meta-Aggregaten verstecken kann.
/.../
Die entscheidende Frage ist allerdings, in welchen Punkten man als Einzelner klüger ist als das Kollektiv. Im Schnelldurchlauf würde ich die Grenze zwischen effektivem Kollektivdenken und Schwachsinn wie folgt definieren: Das Kollektiv kann immer dann Klugheit beweisen, wenn es nicht die eigenen Fragestellungen definiert; wenn die Wertigkeit einer Frage mit einem schlichten Endergebnis, wie einem Zahlenwert festgelegt werden kann; und wenn das Informationssystem, welches das Kollektiv mit Fakten versorgt, einem System der Qualitätskontrolle unterliegt, das sich in einem hohen Maße auf Individuen stützt. Wenn nur eine dieser Vorgaben wegfällt, wird das Kollektiv unzuverlässig. Ein Individuum entwickelt dagegen ein Höchstmaß an Dummheit, wenn es mit umfangreichen Machtfunktionen ausgestattet und gleichzeitig von den Folgen seiner Handlungen abgeschirmt wird."
Und in diesem Text steckt eine enorme Menge an Wahrheit, wie ich finde. Wir sehen das doch in der WP: Nicht der Einzelne ist persönlich verantwortlich für die Texte, die er schreibt und wenn er Mist geschrieben hat, dann kann er sich - und das noch offiziell abgesegnet! - dahinter verstecken, daß "die Community es schon richten wird". Das die anderen Leser und Bearbeiter nämlich seine Fehler korrigieren. Das ist doch - wenn man es genau bedenkt - tatsächlich hirnrissig. Da landen wir Leute ein, daß sie Enzyklopädie-Texte schreiben und wir nehmen ihnen die Verantworung für das Geschriebene ab und verlagern stattdessen die Verantwortlichkeit auf den, der eigentlich Wissen und Information sucht.
Und wenn dann der Experte ankommt und korrigiert, dann kann er sich auch noch mit jedem hergelaufenen Deppen darüber streiten, wer jetzt Recht hat. Das da praktisch jeder Experte schreiend davonläuft, weil er nämlich zurecht keine Lust hat, sein in mühsamer Arbeit gewonnenes Wissen in zähen und absurden Diskussionen gegen Leute zu verteidigen, deren fachlichen Hintergrund (so der überhaupt vorhanden ist) er gar nicht kennt, das ist für mich nur zu verständlich.
Argumentativ deckungsgleich mit dem Tenor der 13 Thesen des Theologen aus Mannheim, der ja wahlweise das Nebeneinander und darüber hinaus noch das Ende unfreier Texte erklärt und dessen Thesen bei dieser Zusammenfassung völlig verzerrt wiedergegeben wurden, weil es ja genau andersherum ist.
Das ausgerechnet einer, der die Idee der WP-Academy unterstützt und meint, daß wir mehr Fachleute (= ausgebildete Akademiker) brauchen, hier die Diskussion auf die Software-Patente umbiegt (um die es in beiden Texten mit keiner Silbe geht), finde ich ausgesprochen enttäuschend. Die Frage ist doch gar nicht, ob freies Wissen gut oder böse ist, die Frage ist, wie wir die Zurverfügungstellung von freiem Wissen attraktiver machen! Und attraktiv bedeutet für sehr viele Menschen eben nicht Geld, sondern Anerkennung ihrer Leistung. Darüber sollten wir mal diskutieren.
Gruß
Henriette
On 7/5/06, Henriette Fiebig Henriette.Fiebig@snafu.de wrote:
Und wenn dann der Experte ankommt und korrigiert, dann kann er sich auch noch mit jedem hergelaufenen Deppen darüber streiten, wer jetzt Recht hat. Das da praktisch jeder Experte schreiend davonläuft, weil er nämlich zurecht keine Lust hat, sein in mühsamer Arbeit gewonnenes Wissen in zähen und absurden Diskussionen gegen Leute zu verteidigen, deren fachlichen Hintergrund (so der überhaupt vorhanden ist) er gar nicht kennt, das ist für mich nur zu verständlich.
Der Experte ist genauso wenig unfehlbar wie das Kollektiv. Wer als Experte auf gleicher Ebene mit der Community partizipieren will, muss sich auch an die gleichen Regeln halten -- und unter Umständen sehr viel Zeit und Nerven investieren. Ich denke, wir brauchen zusätzlich zu der direkten Teilnahme an Wikipedia Verfahren der Expertenkonsultation, deren Ergebnisse dann in den Diskussions- und Bearbeitungsprozess eingebracht werden.
Erik
Erik Moeller wrote:
Hi,
Der Experte ist genauso wenig unfehlbar wie das Kollektiv.
hmmja, stimmt schon. Vielleicht definiere ich mal, was ich mit Experte meine: das sind Leute, die die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens verstanden haben und aufgrund von ordentlichen Recherchen (nicht Google und dann fröhlich aus dem Internet abgepinnt) ihre Texte schreiben. Einer, der die Fachliteratur kennt und ihren jeweiligen Wert einzuschätzen weiß (machen wir uns nichts vor: Auch in der Wissenschaft wird viel Unfug produziert).
Wer als Experte auf gleicher Ebene mit der Community partizipieren will, muss sich auch an die gleichen Regeln halten -- und unter Umständen sehr viel Zeit und Nerven investieren.
Tja, an dem Punkt wird es jetzt aber haarig! Wieso sollte der Experte an der Community partizipieren wollen? Welchen Anreiz hat er? Daß seine Geduld und Demut auf die Probe gestellt werden? Der will sein Wissen und seine Kompetenz einbringen und nicht in himmelschreiende Endlos-Diskussionen verwickelt werden. Oder so herum: Wenn ich jemandem erstmal erklären muß, daß er ein Buch lesen muß, um die Sache kompetent beurteilen zu können und das "ich denke aber mal, daß das so und so ist" absolut kein Argument ist, dann krieg ich doch schon Pickel. Oder wenn ich dreimal nach Belegen frage und als Antwort bekomme, daß der Gefragte weder Zeit noch Lust hat zu recherchieren, ob das stimmt was er schrieb. Wenn ich ihm dann sage, daß ich tatsächlich recherchiert habe und somit beweisen kann, daß das nicht stimmt und er es ja bitte in Quelle X und Y nachlesen könne, und der weigert sich weiter nachzulesen und beharrt auf seiner Auffassung: Was habe ich da für einen Grund partizipieren zu wollen?
Und jetzt - wenn ich schon mal dabei bin - ganz krass: Ich dachte eigentlich, daß wir eine Enzyklopädie schreiben. Es mithin um die Vermittlung von Wissen geht. Wieso muß ich da eigentlich die Sozialkompetenz mitbringen, mit jedem Troll und Dummkopf pädagogisch umgehen zu können? Wieso reicht es nicht, daß ich mein Wissen - nota bene: mein mit Quellen belegtes Wissen - zur Verfügung stelle? Wieso muß ich eigentlich mit Leuten diskutieren, die von der Sache keine Ahnung haben? Das ist doch absurd.
Oder wird die Community in der WP zum Selbstzweck? Man schaue sich nur das Trauerspiel auf den Admin-Wahlen an. Mittlerweile gilt es schon als Nachteil, wenn Leute vor allem Artikel schreiben: "Dafür braucht man die Admin-Knöppe nicht". Und wer ein streitbarer Charakter ist, der hat sowieso schon verloren: Da zählt nicht, daß er fachlich gut ist, was zählt ist, daß er schön brav und lieb und angepasst ist. Was für Leute ziehen wir uns denn da heran? Mittelmäßige, konfliktscheue Ja-Sager möchte ich mal vermuten. Da fass' ich mir doch an den Kopf!
Ich denke, wir brauchen zusätzlich zu der direkten Teilnahme an Wikipedia Verfahren der Expertenkonsultation, deren Ergebnisse dann in den Diskussions- und Bearbeitungsprozess eingebracht werden.
Korrekt! Einem ernstzunehmenden Wissenschaftler ist die WP in dieser Form jedenfalls nicht zuzumuten.
Gruß
Henriette
Oder wird die Community in der WP zum Selbstzweck? Man schaue sich nur das Trauerspiel auf den Admin-Wahlen an. Mittlerweile gilt es schon als Nachteil, wenn Leute vor allem Artikel schreiben: "Dafür braucht man die Admin-Knöppe nicht". Und wer ein streitbarer Charakter ist, der hat sowieso schon verloren: Da zählt nicht, daß er fachlich gut ist, was zählt ist, daß er schön brav und lieb und angepasst ist. Was für Leute ziehen wir uns denn da heran? Mittelmäßige, konfliktscheue Ja-Sager möchte ich mal vermuten. Da fass' ich mir doch an den Kopf!
Das darfst Du!
Du darfst nur nicht in Fringscher Manier anderen Leuten an den Kopf fassen, denn dann würdest Du -egal wie viel wertvolle Artikelarbeit Du schon geleistet hast- an die Prinzipien von WP:KPA "erinnert", untermauert durch eine Zeitstrafe. Zu den unabdingbaren Eigenschaften eines Community-Mitglieds gehört nunmal, dass irgendeine Form des "Kragen-Platzens" absolut unzulässig ist, egal ob der Anlass nun Bug, Fossa oder Coolgretchen heisst.
Also: Nicht "Community als Selbstzweck", sondern "Wohlfühlgruppe".
-jha-
On 7/5/06, Henriette Fiebig Henriette.Fiebig@snafu.de wrote:
Und jetzt - wenn ich schon mal dabei bin - ganz krass: Ich dachte eigentlich, daß wir eine Enzyklopädie schreiben. Es mithin um die Vermittlung von Wissen geht. Wieso muß ich da eigentlich die Sozialkompetenz mitbringen, mit jedem Troll und Dummkopf pädagogisch umgehen zu können? Wieso reicht es nicht, daß ich mein Wissen - nota bene: mein mit Quellen belegtes Wissen - zur Verfügung stelle?
Der offene, dynamische Raum ist grundsätzlich eine feine Sache, und Versuche, ihn zu regieren und einer undefinierbaren Statik zu unterwerfen, werden in Sockenpuppenkriegen und endlosen Eskalationsspiralen enden -- oder in Stagnation. Das Ziel muss es sein, zusätzliche Räume zu schaffen, die dann auch andere Qualitäten erlauben, und am Ende ein sinnvolles Gleichgewicht zu finden.
Wikipedia muss nicht zu jedem Zeitpunkt von hoher Qualität sein. Vielmehr müssen wir die Untermenge der hochqualitativen und als solche identifizierbaren Artikel systematisch erhöhen.
Sprich: Stabile Versionen, für deren Zertifizierung dann auch Experten-Rat eingeholt werden kann. Ein erster Prototyp befindet sich nun endlich in ernsthafter Entwicklung, so dass damit zu rechnen ist, dass wir zumindest noch in diesem Jahr ein paar Beta-Tests machen können. Dann werden wir aber noch Jahre brauchen, um die unterschiedlichen Modelle im Sinne der Artikelqualität auszubalancieren (wie viel Einfluss dürfen Experten haben, wie viel Einfluss Laien, wie wichtig ist Konsens, etc.).
Wikipedia ist ein Jahrhundertprojekt. Man muss da mit einer gewissen Gelassenheit rangehen. ;-) "If all you have is a hammer .." Nur weil wir derzeit ein Admin-System haben, heißt das nicht, dass Admin-Tools das richtige Instrument sind, um die Qualitätssicherung zu systematisieren.
Erik