At 10:42 28.10.04 +0200, Ralph Teckentrup wrote:
der untote Elvis schrieb (Katharina Bleuer zitierend):
Vor allem mögen sich diese Leute nicht von Dilettanten reinpfuschen lassen oder ihre Tage damit verbringen, Leuten ohne Ahnung aber mit viel Meinung
[...]
einbringen und zur Verfügung stellen ist eins, aber dafür auch noch ständig angeraunzt werden, das brauch auf Dauer keineR.
kann ich zustimmen.
aber leider sind auch scon viele gekommen mit der meinung, "ich prof du nix" und dann nichtmal versuchthaben nachzusehen, was die wikipedia ueberhaupt ist.
"Prof(i)s", die sich von "Dilettanten" nicht reinpfuschen lassen wollen, sind in der sehr oft (und ich spreche da aus langjähriger akademischer Erfahrung) genau diejenigen, deren Fachwissen und deren Darstellungskompetenz sich meist auf dem Niveau ihrer Großväter oder klischeebeladener Lehrbücher für die Sekundarstufe bewegt (mal polemisch zugespitzt). Wissenschaftler, die nicht autoritativ auf ihrem Status beharren, die nicht jede (und oft wichtige und innovative) Idee eines "Laien" abkanzeln, haben oft überhaupt kein Problem damit, ihre Thesen auch gegenüber Nichtfachleuten zu vertreten. "Profis", die sich von Dilettanten gestört fühlen, bleiben doch besser in ihrem Professorenbüro und belästigen nicht ihre Umwelt mit ihrer Allwissenheits-Attitüde.
In diesem Punkt kann ich Dir leider nicht widersprechen :-)
Leider weicht das Thema aber bereits wieder ab von dem, was ich ausdrücken wollte. Sagen wir es so: Es ist einfach extrem schwierig und nervtötend, mit jemandem über Integralrechnung zu diskutieren, der mal was darüber gelesen hat (und deshalb eine Meinung dazu hat), der aber nicht weiss, dass 1 + 1 = 2 ist. Und der anschliessend argumentiert, man müsse ihm erst mal beweisen, dass dies zutrifft und ihm erklären, weshalb. Schlimmer noch: Erst mal muss man darauf kommen, dass er deine Aussagen über die Integralrechnung aus dem alleinigen Grund nicht akzeptiert und widerspricht, weil ihm die wissenschaftlichen Grundlagen völlig fehlen. Wie soll ich sagen: So macht es einfach keinen Spass. Ein wissenschaftlicher Disput mit Leuten, die +/- dasselbe Wissensniveau haben (und die Grundlagen intus!) kann Spass machen und für alle zu befriedigenden Lösungen und Lernerfahrungen führen. Aber mit jemandem über Integralrechnung diskutieren, der nicht weiss, wie man Addiert/Subtrahiert/Multipliziert/Divergiert und dir auch nicht glaubt, dass er diese Grundkenntnisse benötigt um überhaupt verstehen zu können, was du über Integralrechnung sagst, ist nicht interessant, sondern mühsam.
Das hat auch nichts mit akademischer Arroganz zu tun, sondern ganz einfach mit Spass oder nicht Spass. Eine Freizeitbeschäftigung sollte Spass machen.
Damit will ich nicht bestreiten, daß mir bei Wikipedia auch immer wieder Edits auffallen, die offenbar von Leuten mit viel Meinung und wenig Wissen fabriziert wurden, deren Fähigkeit sich überzeugen zu lassen gegen Null geht. Faszinierenderweise ist das aber unter akademischen Profis oft auch nicht anders :-) Ich erinnere mich an lange, unfruchbare und zum Teil völlig inkompetent geführte professorale Debatten in der Germanistik oder - schlimmer noch - der Soziologie.
Ich würde also vorschlagen, allen akademischen Dünkel fahren zu lassen, und sich um die Qualität der Artikel zu kümmern - und dazu evtl. befreundete Fachleute zu motivieren, auch mal ihren Senf beizusteuern.
Ich könnte keiner Kollegin mit gutem Gewissen vorschlagen, in meinem Fachgebiet mitzuschreiben. Natürlich wäre es nötig um die Qualität anzuheben, aber wenn Du dann 9/10 der dir zur Verfügung stehenden Zeit damit verbringst, Deinen Wissensvorsprung auf die Bildleser mit den Ellbogen verteidigen zu müssen und ihnen im Schnellgang 4 Semester Grundstudium verpassen musst, damit sie überhaupt fachlich in der Lage sind zu verstehen, dass Deine "unbelegten Behauptungen" keine Solchen sondern auf Fachwissen basierende logische Folgerungen sind, ist es einfach nur mühsam und nervtötend.
Übrigens möchte ich noch anmerken, daß Akademiker nicht nur der Naturwissenschaften, sondern leider auch der Geistes- und Sozialwissenschaften zwar mitunter (selten genug!) über profundes Fachwissen verfügen, ihre Sprachkompetenz aber damit nicht immer Schritt hält. Was wären die Artikel in der Wikipedia ohne die vielen "Dilettanten", die sich bemühen, sprachliche Ungereimtheiten zu glätten oder Links zu fixen?
Von denen sprech ich nicht. Sondern von denen, die irgendwo auf einer (meist zudem ideologisch gefärbten) Webseite irgendwas über ein Thema gelesen haben und sich dann gleich als Spezialist fühlen.
(...)
in der wikipedia ist nunmal ein anderes authoritaetsmoedll als in einer uni. in der uni ist festgelegt, wer was zu sagen hat. in der wikipedia verdient man es sich, indem man gute arbeit liefert. damit werden leute abgeschreckt, die es gewohnt sind, dass alle nur zuhoeren und mitschreiben.
Völlig richtig, wenn auch idealtypisch dargestellt. Was - zu meiner anfänglichen Überraschung - in Wikipedia weit weniger nervt, sind die Selbstdarstellungsversuche der in universitären Veranstaltungen leider immer vorhandenen Soziopathen und Profilneurotiker. Irgendwie sind Wikis dagegen zwar nicht immun, erlauben aber auch weniger lautstark auftretenden und kompetenteren Menschen, sich gegen die Nervhansels durchzusetzen. Zwar gibt es regelmäßig Leute, die mit Schwachsinns-Beiträgen (ich denke da etwa an Debatten und edit wars über die Bedeutung des Wortes "Islam" vor einigen Wochen oder den Versuch, die "Scharia" als in der Bibel verankert darzustellen) sich nicht durchsetzen können, und wochenlang Zeter und Mordio schreiend sich als Opfer schlimmer Vorurteile und "undemokratischer" Strukturen darstellen. Aber wundersamerweise verlieren die irgendwann die Lust und die von ihnen malträtierten Artikel sind am Ende besser als vorher, weil sie die Aufmerksamkeit von kompetenten Leuten darauf gelenkt haben.
Magst Du [[Sexueller Missbrauch von Kindern]] übernehmen, bis ich aus dem Urlaub zurück bin? Dann reden wir noch mal über akademische Dünkel, Soziopathen und Profilneurotiker ;-)
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