Ich hatte da ja mal vor einiger Zeit ein paar äußerst konkrete (algorithmenbasierte) Vorschläge gemacht, wie man sie Selbstheilungskräfte
Du analysierst ja die Probleme und Problemanalyse muss doch notwendigerweise auch mal in Lösungsvorschlägen und nicht endlosem Lameto münden. Momentan kritisierst du doch einfach nur die meisten als nichtqualifizierte Zaungäste, die nur Ärger machen. Oder willst du damit indirekt sagen, wir brauchen einen geschlossenen Autorenkreis, dessen Mitgliedschaft man erst als Anwärter sich erarbeiten muss?
Was sind deine konkreten Ziele? Ich fände es sehr sinnvoll, wenn man Algorithmen/Ideen, die die Selbtsheilungskräfte der Wikipedia stärken mal einfach hier konkret diskutiert, so wie es ja schon mit den Versionen (die ja auch in die Richtung gehen) eine schöne Diskussion gab.
Wikis sind soziotechnische Systeme. Das Problem, das die Wikipedia hat, ist ein Problem in der Teilnehmerstruktur. Dem kannst Du aber nicht Herr werden, wenn Du es mit Technik bekämpft. Diese ganzen Debatten über Bewertungen, stabile Versionen, Recent changes patrol etc. gehen vollkommen am eigentlichen Thema vorbei. Sie versuchen, oberflächlich an ein paar Sypmtomen herumzukurieren. Die Recent changes sind bspw. unbrauchbar, weil es zu viele überflüssige Änderungen bei zu vielen überflüssigen Artikeln gibt, nicht weil es zu viele Änderungen gibt. Die Bytes, die eine Änderung im Schnitt umfasst, sind von über 200 Mitte 2003 auf etwa 130 Ende Oktober gefallen. Es gibt größtenteils nur ein Herumgedoktere an Texten, keinen substanziellen Ausbau.
Von 100 Änderungen auf Recentchanges fügt vielleicht eine mal eine ganzen Satz zu einem Artikel hinzu. Refactoring passiert so gut wie überhaupt nicht mehr. Probate Methoden, die das Refactoring unterstützen, werden über Bord geworfen. Usw. usw. Das sind alles Syptome für das eigentliche Problem, dass sich die Community mit den vorhandenen Inhalten nur noch an der Oberfläche beschäftigt sowie die Wikipedia in die Breite, aber eben nicht in die Tiefe wachsen läßt. Würde das Wikiprinzip so funktionieren, wie es angedacht war, bräuchten wir weder das (lobenswerte) pushen der sogenannten exzellenten Artikel noch das Review - das, was dort passiert, sollte der *Normalfall* sein, es sollte automatisch passieren, ohne dass sich eine Art Team darum kümmert. Das geht aber nur, wenn die Teilnehmer in der Lage sind zu *merken*, wo was zu tun ist, ohne dass man das ständig vorbuchstabieren muss.
In einem Wiki bilden die Teilnehmer die Umgebung, in der sich die Artikel evolutionär entwickeln, so dass sie für die Teilnehmer am besten angepasst sind. Es ist zu vermuten, dass eine bestimmte Form der Artikel bestimmte Teilnehmer anzieht, so dass sich das ganze verstärkt und auf einer bestimmten Form stabilisiert. Das hat die Wikipedia getan, und sie besteht heute aus einer mittelmäßigen Community, die mittelmäßige Artikel in mittelmäßigen Stil mit mittelmäßiger Verlässlichkeit verfasst.
Nein, wir brauchen keinen geschlossenen Autorenkreis. Was wir vor einem dreiviertel Jahr gebraucht hätten, wäre ein konsequentes und diskussionsloses Herauslöschen von stapelweise angelegten Ortsstubs, Computerspieleportalen, Navigationsleisten, vom Stil völlig unpassenden Artikelstarts (ich erinnere nur an die Kräuterhexe) und ähnlichem Firlefanz, verbunden mit einer konsequenten Sperrung von ein paar Trolls. Dann hätten die, die jetzt die Wikipedia vermüllen, nämlich schnell die Lust verloren, und die die in der Folge gesehen haben: "Oh Toll, hier kann ich was über mein Kaff schreiben" hätten das nicht gesehen und wären gar kein Teilnehmer geworden, der nun seinerseits Artikel zum Unterschied zwischen Blauwollfetischismus und Baumwollfetischismus anlegen. Dazu braucht es weder Zugangskontrollen noch Abiturnachweise - lediglich den Willen, Enzyklopädie zu machen und das allen, die mitmachen wollen, klar zu machen. Da braucht es ein deutliches "Was Wikipedia nicht ist", das auch von keiner Löschdiskussion "überstimmt" werden kann.
Man hat die Leute aber gehätschelt und gestreichelt, sie lieber ihr Privatprojektchen machen lassen und ihren Unsinn abladen lassen, statt ihnen zu verdeutlichen, dass es um eine gemeinsame Anstrengung geht, man hat den Trollen lieber guten Willen attestiert statt sie rauszuwerfen. Man hat den Leuten nicht etwa die Sehnsucht nach dem Mehr gelehrt, sondern ihnen gesagt: Wer mag, schaffe Holz heran oder verteile Aufgaben. Kein Wunder, dass da kein hochseetaugliches Schiff rauskommt, sondern bestenfalls ein seltsam anzusehendes Floß, das gerade dazu taugen wird, um über einem mittelprächtigen Weiher zu dümpeln. Man hat sich einen Teilnehmerstamm "herangezüchtet", der nie und nimmer eine Umgebung darstellt, in der sich Artikel gewissermaßen von selbst zu einer fachlich qualifizierten, hochwertigen Wissenquelle entwickeln und da auch bleiben. Nun muss man eben mit den Konsequenzen leben. Etwa so schönen Artikeln wie [[Qrio]], [[Ole Haldrup]] und [[Greyface]], die natürlich längst niemandem mehr auffallen, außer vielleicht dem einen oder anderen Akademiker, der mal bisschen stöbert um zu kucken, ob er mitmachen soll.
Uli