-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Katharina Bleuer Gesendet: Montag, 17. Januar 2005 12:03 An: Mailingliste der deutschsprachigen Wikipedia Betreff: Re: AW: [Wikide-l] Schreiber, Sozialarbeiter und Steckenpferdreiter Nein, entschuldigung aber ich kann absolut keinen Vorteil darin finden, immer erklären zu müssen, dass 1 + 1 = 2, weil dies infrage gestellt wird. Es gibt in jeder Wissenschaft gewisse *grundsätzliche* Übereinkünfte, die Grundlagen, auf denen das Ganze aufbaut. Ich meine damit *nicht* die verschiedenen Paradigmen. Ich ziehe absolut keinen Gewinn daraus, diese Grundlagen rechtfertigen zu müssen. Es bringt mich nicht weiter, weder fachlich noch persönlich.
Ich hatte nicht behauptet, daß es ein Vorteil sei, laufend die absoluten Basics seiner Fachdisziplin erläutern zu müssen (siehe gern noch einmal die Diskussion zu [[Walther von der Vogelweide]], das war wirklich hart), weil irgendwer, der aus dem Bauch raus meint sich auszukennen, einen Artikel versaut hat. Ich halte das aber für unumgehbar, insbesondere bei den Wissenschaften, die sich nicht mehr oder weniger hermetisch gegen die öffentliche Wahrnehmung abgeschlossen haben.
Womöglich gibt es derlei Probleme auch bei Artikeln zu mathematischen Themen oder zur Informatik (Artikel, die ich ohnehin niemals lese), aber es sollte Dir schon aus Deinem Studium bekannt sein, daß sozialwissenschaftliche oder literaturwissenschaftliche Seminare voll sind von Studenten, die in ihrem Leben niemals zu Wissenschaftlern werde können, sondern immer nur banalsten common sense absondern und wirklich böse werden, wenn man ihnen erklärt, daß sie Unfug reden. Das kann bei Wikipedia gar nicht besser sein, oder? Was hier aber möglich ist, ist das Reverten solchen Blödsinns und dazu eine kurze Erläuterung auf der Diskussions-Seite, die vielleicht den Urheber der Verschlechterung nicht überzeugt, aber evtl. doch andere Leser. Insofern fühle ich mich hier immer noch wohler als in einem soziologischen Seminar (und ich habe viele besucht und habe den großen Fehler gemacht, einige als Tutor selbst zu leiten - unglaublich, wie schnell man superautoritär werden kann)
Du wirst bei Wikipedia nicht nur Fachdebatten mit Spezialisten führen können und auch nicht nur mit Leuten, die zumindest zu erkennen in der Lage sind, daß sie keine Ahnung haben. Du weißt das sicher besser als ich, hättest aber von vornherein wissen müssen, behaupte ich mal böswillig... Das bringt uns fachlich ganz sicher nicht weiter, kann aber Z.B. durchaus dabei behilflich sein zu erkennen, in welchen Punkten "unsere" Artikel nicht allgemeinverständlich sind. Unsere "social skills" (oder wie man das nennen soll) können darunter kaum leiden, finde ich, also bringt uns das persönlich durchaus weiter :-))
Ich würde sagen, daß man nicht darum herum kommt, relativ regelmäßig mit fachlichen Voll-Laien umzugehen, die nichts anderes
treibt als ihre
Neurosen (männliche Frauenhasser in Deinem Beispiel) oder
absurde und
völlig inkompetente Begeisterung (Henriette schrieb von
[[Walther von
der Vogelweide]], der von einem begeisterten Menschen eine
vollkommen
bekloppte Übersetzung spendiert bekam, die wir dann wieder ausbügeln mussten). Das kannst Du aber nicht verhindern und es wird mit zunehmendem Bekanntheitsgrad der Wikipedia nicht weniger werden.
Das sehe ich auch so - und das ist mit ein Grund, weshalb ich mich bei vielbesuchten Artikeln zu sozialwissenschaftlichen Themen vollständig zurückgezogen habe.
Wie gesagt: Da kann man sich drüber beklagen, aber nicht viel dran ändern. Wikipedia ist keine Sammlung von Fachlexika von Spezialisten. Trotzdem (oder gerade deshalb) enthält diese Enzyklopädie genau das Wissenswerte, nachdem ich und viele andere Leute täglich suchen. Und ich gebrauche vor allem die englische Wikipedia täglich, z.B. um mich über das englische Peer-System, den Hosenbandorden oder auch über [[en:Inigo Jones]] zu informieren. Ich lese mich regelmäßig stundenlang fest, also kann die Wikipedia gar nicht schlecht sein, und das trotz oder wegen der mitunter furchtbar inkompetent geführten Debatten, die auch über diese Artikel geführt wurden ;-)
Solche Diskussionen muss man ganz einfach führen oder - wenn
es zu sehr
nervt - eben konsequent reverten. Jedes Lamentieren darüber
halte ich
für Kraftverschwendung.
Damit müssen wir alle leben. Trotzdem führt genau das dazu, dass die Wikipedia gegen Bild strebt.
Viel zu plakativ und - ich glaube - falsch. Siehe meine Kurzrecherche zu den "zufälligen Artikeln".
Gruß
Ralph