Es wurde nach der Seite gefragt, auf der zu klaerende urheberrechtliche und andere Rechtsprobleme gesammelt werden:
http://meta.wikimedia.org/wiki/Urheberrechtsfragen
Ich denke, man sollte mit den Leuten von http://www.ifross.de/ in Kontakt treten, die sind meines Erachtens in Deutschland die besten Kenner von Rechtsfragen der Open Content Lizenzen. Es handelt sich dabei um ausgebildete Juristen. Vielleicht ergibt sich ja - im Rahmen des standesrechtlich Zulaessigen - eine Kooperation?
Es ist nachvollziehbar, dass die Verfechter der harten GNU-FDL-Linie hier auf vielfaeltige Moeglichkeiten verweisen, Ersatz zu beschaffen. Natuerlich darf man auch davon traeumen, dass irgendwann jede Institution (auch die Bundesbank) es als Ehre ansehen wuerde, Bilder in die Wikipedia de mit GNU-FDL einzubringen. Solche Argumentationen sind freilich hier und heute nicht sonderlich hilfreich.
Es stellen sich da aeusserst diffizile Rechtsfragen, die schon auf der erstgenannten Seite teilweise mit Links zu Diskussionsseiten angefuehrt wurden.
Hier meine Meinung als Nicht-Jurist: die GNU-FDL bezieht sich ausschliesslich auf die eingebrachte eigene Leistung als Fotograf/Ersteller, nicht auf die Nutzung des dargestellten Gegenstands.
Wir duerfen gemaess Olympiaschutzgesetz die 5 Ringe nutzen, da wir nicht im geschaeftlichen Verkehr handeln. Eine gewerbliche Nachnutzung unseres Olympia-Emblem-Bilds etwa auf T-Shirts waere aber unzulaessig. Gleiches gilt auch fuer Abbildungen urheberrechtlich nicht geschuetzter oder im Strassenraum dauernd befindlicher Logos wie des Mercedessterns. Oder fuer Personenaufnahmen von Personen der Zeitgeschichte, die natuerlich auch etwas dagegen haben koennen, wenn ein GNU-FDL-Bild auf T-Shirts vermarktet wird.
Gleiches gilt fuer die Wappendiskussion. Haben wir eine urheberrechtlich nicht geschuetzte Vorlage, so stehen oeffentlichrechtliche Verwendungsbeschraenkungen der GNU-FDL fuer das Wappenbild nicht im Wege. Wer T-Shirts damit bedrucken will, bekommt Probleme, waehrend der Brockhaus (als gewerblicher Nachnutzer der Wikipedia, kleiner Scherz) wohl nicht mit solchen zu rechnen muesste (er "fuehrt" das Wappen ja nicht, sondern illustriert lediglich einen Lexikonartikel).
In dieser Liste wurde ja im Juli die Abbildung einer geschuetzten Skulptur diskutiert. Wenn man das Recht am abgebildeten Gegenstand und das Recht an der Abbildung, wie vorgeschlagen, trennt, kann ein gewerblicher Nachnutzer diejenigen Teile des Bildes nutzen (und veraendern), die nicht die Skulptur wiedergeben. (Ebenso koennte man den verhuellten Reichstag behandeln, der ja nicht der Panoramafreiheit unterfaellt.)
Wuerde man die GNU-FDL auch auf den Bildinhalt beziehen, so haette dies im Fall von § 59 UrhG (Panoramafreiheit) dramatische Konsequenzen. Zwar ist hier die gewerbliche Nachnutzung unproblematisch, aber die von der GNU-FDL geforderte Moeglichkeit der Aenderung ist durch das Aenderungsverbot in § 62 UrhG nicht gegeben.
Es duerfte keinerlei moderne Architektur mehr in der Wikipedia abgebildet werden, wenn § 62 UrhG der GNU-FDL des Bilds entgegenstuende.
Bei Texten koennte man sich ueberlegen, dass gemaess FDL ja auch eine Aenderung zulaessig waere, die den Text soweit zusammenstreicht, dass nur ein woertliches Zitat eines geschuetzten Autors uebrig bliebe, das dann natuerlich nicht beliebig - sondern nur im Rahmen des Zitatrechts - genutzt werden duerfte. Ein solches Textzitat in einem Artikel unterliegt natuerlich nicht der GNU-FDL - es waere auch absurd, eine solche Forderung (der Suhrkamp-Verlag muesste dann jedes Hesse-Zitat lizenzieren) in Betracht zu ziehen.
Waehrend man bei fotografierten Gegenstaenden zwischen Bildinhalt und Bild unterscheiden kann, ist das bei reinen Reproduktionen nicht so einfach moeglich.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Eurom%C3%BCnzen Hier sind die Euromuenzen abgebildet, fuer die ein Urheberrecht beansprucht wird - gleiches gilt fuer Banknoten. (Diskussion zu [[Anna Sybilla Merian]])
Man kann immer darauf verweisen, dass man ja auf Bilder verlinken kann, aber wenn man die GNU-FDL auf die Bildinhalte bezieht, wird es nicht moeglich sein, auch nur eine einzige gueltige deutsche Muenze abzubilden, da natuerlich die Bundesbank, wenn sie mit ihren Grundsaetzen im Einklang handeln will, gar keine Foto mit GNU-FDL genehmigen koennte. Es geht dabei ja nicht nur um die Verwechslungsgefahr (Falschmuenzerproblematik), sondern auch um das Aenderungsverbot.
Kulturgutverwahrende Institutionen legen mit Recht Wert darauf, dass ihre Objekte ohne Manipulationen, also unveraendert wiedergegeben werden - mit GNU-FDL natuerlich nicht vereinbar.
Ein Artikel ueber Euromuenzen ohne eine Abbildung oder ueber Briefmarken ohne eine solche Abbildung waere meines Erachtens ein halber Artikel. Gedruckte oder online verfuegbare kommerzielle Lexika werden anders als wir nicht durch die GNU-FDL eingeschraenkt bzw. erwuergt.
Hier gibt es wirklich ernsthafte Probleme, die vielleicht auch ein Wikipedia-Justiziar nicht einfach unter den Tisch kehren koennte.
Klaus Graf