Hallo,
am Mon, 20 Jun 2005 02:09:27 +0200 schrieb Agon S. Buchholz:
angeblich veröffentlichen Zeitungen die Adresse des Leserbriefschreibers, so behauptest Du
Fränkischer Tag, Bamberg. Nicht angeblich, Leserbriefe werden nur mit vollständiger Postanschrift veröffentlicht. Ist meines Wisens auch bei anderen Regionalzeitungen üblich, bei Zeitschriften allerdings nicht.
Tatsächlich habe ich jedoch noch in keiner Zeitung oder Zeitschrift einen vollständigen Adressdatensatz unter einem Adressdatensazu gesehen,
Nur weil Dir dies bisher entgangen ist, musst Du mich ja nicht gleich der Lüge ("angeblich") bezichtigen.
Die Analogie zwischen Leserbrief und Website-Impressum ist also völlig schief
Wie Thomas schon schrieb, wäre der Herausgeber der Zeitung der bessere Vergleich gewesen. Hier ist die Nennung des Verantwortlichen sogar ebenfalls vorgeschrieben. Müsste nicht zwingend so sein, ist aber so.
halten, auch wenn man sie nicht befürwortet, halte ich für einen Teil des 'fairen Umgangs' miteinander". Also forderst Du, "Vorschriften" aus Prinzip einzuhalten und nicht zu hinterfragen,
Einzuhalten ja. Sie nicht zu hinterfragen: Wie kommst Du darauf, dass ich das gemeint haben könnte? Was denkst Du, was das "erstmal" bedeuten sollte, als Vorschriften zu ändern zu versuchen, die man für falsch hält? Natürlich sollte man Vorschriften hinterfragen, sogar die, die man für richtig hält. Ein liberaler Staat sollte versuchen, mit so wenig Vorschriften auszukommen wie möglich. Und die, die er erlässt, sollten eingehalten werden.
Du vergisst dabei, oder möchtest vergessen machen, dass "ungesetzlich" eben nicht gleichbedeutend mit "unrecht" ist, und dass ein solches Verhalten in einer Demokratie weder konstruktiv noch erwünscht ist; was Du beschreibst, ist vielmehr eine absolutierte Form der Schweigespirale.
Natürlich ist gesetzestreues Verhalten in einer Demokratrie erwünscht und normalerweise auch konstruktiv. Gesetzwidriges Verhalten kann auch konstruktiv sein, das ist aber eher die Ausnahme. Sich an Vorschriften zu halten, die man für eher falsch hält, heißt aber doch nicht, dass man sie nicht versucht zu ändern oder gar dass man darüber schweigt.
Und Beispiele für unrechte Gesetze hat es wohl in unserer Geschichte zu genüge gegeben.
Nach 1949 zum Glück nicht mehr so viele, zumindest in der BRD. Und einige der schlimmsten wurden gerade durch die veranlasst, die glaubten, im Namen eines höheren Rechts an keine Gesetze gebunden zu sein.
Einen irgendwie zwingenden Zusammenhang zwischen "fairem Umgang" und so genannter Gesetzestreue sehe ich in diesem Kontext endgültig nicht mehr. Ein "fairer Umgang" ist eine moralische Forderung, "gesetzestreue" dagegen eine normative; gerade ethisches Handeln kann ja bekanntlich mit Gesetzestreue kollidieren.
Da Du aus meiner Aussage etwas völlig anderes konstruierst, als ich geschrieben oder gar gemeint habe, wundert es mich nicht, dass Du mir nicht zustimmst. Sinnvolle Argumentation ist das allerdings nicht.
Tatsache ist nun einmal, dass beispielsweise weder die französische noch die US-amerikanische Verfassung in ihren heutigen Formen existieren würden, wenn es nicht die Möglichkeit gegeben hätte, anonym zu publizieren.
Es wäre mir neu, dass diese ursprünglich in demokratischen Staaten durchgesetzt wurden. Und die Möglichkeit anonymer Publikation war sicher nicht der wichtigste Punkt zu ihrer Durchsetzung, ohne eine solche gäbe es beide Verfassungen sicher in sehr ähnlicher Form.
Einstellungen eines derartig duckmäuserischen und vor allem unreflektierten Obrigkeitsgehorsams
Dass ich nicht zu Obrigkeitsgehorsam neige, solltest gerade Du wissen.
in dem von Dir immer wieder vorgeführten Geist
Ich glaube weder an Geister, noch führe ich solche vor. Was versuchst Du mir hier vorzuwerfen?
aufgrund ihrer Anonymität suspekt sind; und dass es "notwendig" ist, sie in der Versionsgeschichte zu versenken, obwohl sie vielleicht richtig und wichtig sind, aber irgendjemandem nicht genehm sein könnten oder
Aus welchem meiner Sätze schließt Du, ich würde solchen Unsinn befürworten?
womöglich sogar gegen "Vorschriften" verstoßen (wenn ich mich dann noch erinnere, wie man solche "Vorschriften" auch noch selbst erlassen oder einfach beugen kann, möchte ich gar nicht darüber nachdenken, was für eine "Ethik" hinter einer solchen Denk- oder vielmehr Gehorchenwollweise steht).
Mit "Vorschriften" meinte ich solche des Strafrechts, zum Beispiel üble Nachrede und ähnliches. Wie sollte man solche einfach "erlassen" können?
Falls Du auf WP-interne Vorschriften anspielst: Um solche ging es mir nicht. Außerdem bist da eher Du der Hardliner, nicht ich.
Außerdem verstehe ich überhaupt nicht, wie Du angeblich *für* anonyme Edits in der Wikipedia eintreten und gleichzeitig für straff gesetzestreue Auslegung
Für "straff gesetzestreue Auslegung" (was soll das überhaupt sein?) habe ich mich nicht ausgesprochen, sondern für die Einhaltung von Gesetzen.
unsinniger Impressumspflichten in Website-Impressa eintreten kannst.
Im Gegensatz zu Dir halte ich die Impressumpflicht nicht per se für unsinnig, das ist vielleicht nicht ganz klar geworden. Dass ich die Abmahnung von Privatleuten wegen trivialer Verstöße gegen diese für sittenwidrig halte, hatte ich aber auch geschrieben. Insofern gehen Deine Vorwürfe ziemlich weit an mir vorbei.
Entweder man akzeptiert die grundsätzliche Berechtigung und Notwendigkeit von Anonymität
Die muss man aber nicht überall und für alles akzeptieren. Extrempositionen misstraue ich grundsätzlich, Sätze die "immer" oder "nie" enthalten oder implizieren, sind meiner Erfahrung nach (fast) immer falsch und (fast) nie richtig.
und damit auch die von Grenzüberschreitungen (wie dem Ignorieren von unsinnigen Plichtangaben in Impressa),
Das ist absoluter Unsinn, das folgt nicht aus dem. In der WP sind anonyme Edits ausdrücklich zugelassen, damit erlaubt. Das Ignorieren von Deiner Meinung nach unsinnigen Pflichtangaben im Impressum ist eine provokative Normübertretung. Diese mag als politische Aktion sinnvoll sein, ist aber nur dann wirklich politisch, wenn man die Folgen dann auch hinnimmt.
oder man möchte eben grundsätzlich gläserne Akteure (und ist dann falsch in der Wikipedia).
Diesmal doppelt falsch: WP wäre durchaus auch möglich, wenn man wie bei Wikiweise nur angemeldete Nutzer editieren ließe. Und was an einer Stelle sinnvoll erscheint, muss es nicht zwangsläufig an anderer Stelle sein. Die Welt ist bunt, nicht schwarz-weiß.
Gruß, Gerhard aka Perrak