2008/12/13 Sebastian Moleski sebastian.moleski@wikimedia.de:
Ich möchte ergänzen, dass ich die faktische Abschaffung dieser Sitte, Interviews zu autorisieren, inhaltlich nur begrüßen kann.
Sagen wir mal so, es gibt Teile in mir, die es begrüßen. Als Journalist hat man nach einer ordentlichen Recherche viele viele Statements, die man irgendwie kondensieren, sortieren, filtern und komprimieren muss. Wer nicht wirklich ganz tief in der Materie drinsteckt, wird hier fast zwangsläufig Fehler machen. Die Idee, dem Interviewten noch einmal die Teile zuzuschicken, die wortwörtlich zitiert werden sollen, ist dabei sehr hilfreich.
Letztes Beispiel (mit mir als Zitategeber) war ein Gespräch mit dem ORF Futurezone, fremde Kultur und fremde Sprache. Das Interview wurde am Telefon geführt und ging etwa 20 Minuten, am Ende hatte sie drei Zitate von mir, die sie gerne bringen wollte.
Das Resultat steht unter http://futurezone.orf.at/stories/1500668/
Auf die Dinge, die ich dort gesagt habe, kann ich nun festgenagelt und von dieser Mailingliste flambiert werden.
Einige Zeitungen gehen übrigens noch weiter. Ein Computermagazin schickt uns und allen erwähnten Firmen bei größeren Artikeln diese vorab mit einer angemessenen Reaktionszeit zu und wir können nicht nur Zitate, sondern auch alle anderen Teile kommentieren. Das ist dann die ganze Bandbreite von sprachlicher Ungenauigkeit bis fehlerhafter Darstellung. Die Redaktion entscheidet dann, ob sie unseren oder jeden anderen Einwand stichhaltig findet und korrigiert es. Das Resultat ist eine durchgängig erstklassige Qualität der Arbeit, auch dann, wenn man eben nicht mit den Schlussfolgerungen einverstanden ist. Es ist kein Widerspruch zu gutem Journalismus und kein Angriff auf die Pressefreiheit, dem Objekt seiner Berichterstattung die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor das Kind in den Brunnen fällt.
Mathias