On Fri, 24 Jun 2005 10:08:04 +0200 Patrick Danowski patrick.danowski@web.de wrote:
Bei klassischen Texten ist das problematisch. Anders sehe ich das bei Gesetzestexten, da ist der Wikiansatz gar nicht so schlecht, da diese sich ja ständig ändern und mann könnte sogar bei jeder Änderung auf den Beschluss verweisen. Doch wenn es so hochwissenschaftlich zugehen soll, ist es wieder eine Hürde das jeder Änderungen vornehmen kann
Ich empfinde es also absolut nicht hilfreich, dass jeder Versuch, die Qualitaet etwa von Wikisource zu verbessern, mit abfaelligen Formulierungen wie "hochwissenschaftlich" denunziert wird. Wollen wir Hobbyprojekte, die sich auf Baumschul- oder Abiwissenniveau bewegen, oder Projekte, die fuer ein breites Publikum attraktiv sind, zugleich aber professionell und wissenschaftlich akzeptabel, sofern die entsprechenden Standards mit ein wenig Muehe eingehalten werden koennen?
Zum Hintergrund meiner Bedenken siehe auch http://wiki.netbib.de/coma/GermanistikTexte
Luthers Thesen ohne Quellengabe irgendwo aus dem Internet in Wikisource kopiert sind WERTLOS.
PROFESSIONELL und ZUKUNFTSWEISEND waere folgendes Vorgehen:
* Ermitteln des lat. Erstdrucks (sowie ggf. weiterer alter Drucke), Ueberpruefen, ob er als Faksimile online greifbar ist, etwa hier http://luther.hki.uni-koeln.de/luther-cgi/kleioc/0010KlLuther/exec/druckseit... Verlinken!
* Ermitteln derjenigen Editionen, die von den Fachwissenschaften (Theologie, Geschichtswissenschaft) als "massgeblich" oder "zitierfaehig" eingeschaetzt werden UND bei denen der Text PD ist.
* Entscheiden, ob alte Drucke oder Editionsfaksimiles als Bilddateien in ein Digitalisat-Projekt (Teil von Commons?) eingebracht werden sollen/koennen.
* Entscheiden, von welcher (oder welchen) Editionsfassungen E-Texte erstellt werden, Organisation und abschliessende Evaluation des Korrekturlesens, danach Sperrung der Textseiten, auf einer weiteren Kopie-Seite koennen nach dem Wiki-Prinzip historisch-philologische Kommentar-Anmerkungen eingebracht werden.
* Entscheiden, ob eine oma- und opataugliche moderne Uebersetzung erstellt werden soll (Wiki-Prinzip sinnvoll).
Zukunftsmusik? Gewiss!
Hervorheben moechte ich die folgenden Punkte:
* Ich beobachte einen gewissen Trend, dass bei der wissenschaftlichen Akzeptanz von Quellentexten im Internet mehr und mehr die Faksimile-Wiedergabe nach einer verlaesslichen Vorlage im Vordergrund steht. Wir brauchen also mittelfristig die Moeglichkeit, auch (Buch-)Digitalisate in Commons einbringen zu koennen.
== Exkurs ==
Die ganze Erbaermlichkeit von Wikiquote erhellt auch aus der Tatsache, dass die grossartige Initiative von Lars Aronson, der im Oktober 2004 den gemeinfreien BUECHMANN von 1898 gescannt hat, nicht aufgegriffen wurde. Die Mitteilung schlummert im Archiv:
http://de.wikiquote.org/wiki/Wikiquote:Ich_brauche_Hilfe/Archiv_November_bis...
Niemand aus Wikiquote hat versucht, a) daraus einen E-Text fuer Wikisource zu machen b) diese herausragende Quelle fuer ZITATQUELLENANGABEN (und zwar fuer die einzig zulaessigen GEMEINFREIEN Zitate) fuer Wikiquote zu nutzen.
Ich mache den Verantwortlichen von Wikimedia den Vorwurf, dass sie bei de Wikisource und de Wikiquote die Dinge treiben lassen, obwohl hier klare Angriffspunkte aufgrund desolalter Qualitaet bestehen.
== Ende Exkurs ==
* Dem Einwand, dass solche Standards den durchschnittlichen WP-Mitarbeiter ueberfordern, laesst sich entgegnen:
- Wenn es gelingt, wissenschaftliche Kompetenz aus der WP, wie sie dort etwa im Bereich der Biologie bereits in hohem Masse vorliegt, nach Wikisource zu importieren, koennen die wiss. anspruchsvollen Arbeitsschritte erledigt werden.
- Begeisterte Mitarbeiter ohne akademische Vorbildung koennen erfolgreich angelernt werden, sofern man ihnen den (nicht zu ueberschaetzenden) Mehraufwand fuer ein Qualitaetsprojekt plausibel macht. Dazu kann etwa darauf verwiesen werden, dass einige Mitarbeiter der de Wikipedia ueber ein fundierteres Bildrechte-Expertenwissen verfuegen als der durchschnittliche deutsche Rechtsanwalt.
Klaus Graf