Ulrich Fuchs wrote:
Ich halte mittlerweile die (ursprünglich auch von mir befürwortete) Ausführlichkeit der Wikipedia für eines ihrer Probleme. Dieser informelle Styleguide verleitet zum Labern und zum Aufschwemmen der Artikel mit Bestandteilen wie ausführlichen Beispielen etc., die in einer Enzyklopädie nichts verloren haben. Wikipedia sollte ein Nachschlagewerk sein, kein Lehrbuch - die Artikel tendieren zunehmend Richtung Lehrbuch.
Eine der beiden historischen Haupt-Wurzeln der Enzyklopädie seit der Spätantike *sind* Lehr- und Bildungsbücher gewesen (Stichwort: Septem artes liberales), teilweise waren sie sogar explizit für den Schulgebrauch konzipiert (vgl. Rudolf Schenda, "Hand-Wissen", in: Tomkowiak (Hg.): Populäre Enzyklopädien, Zürich 2002). Zumindest bis hin zu den großen Konversationslexika ist die *Belehrung* ein expliziter Modus der Enzyklopädie.
Der andere Modus, der des Konsultierens, speist sich aus der anderen Wurzel der Enzyklopädie, also dem Wörterbuch. M.E. ist das Problem, das du ansprichst, weniger ein inhaltliches, als vielmehr ein (software-) technisches, nämlich: Wie kann man die die beiden Modi bei der Präsentation für den Endbenutzer sinnvoll trennen?
Wenn die Wikiedia-Artikel tatsächlich signifikant länger werden (als auf Makroebene nicht mehr überwiegend Breiten- sondern zunehmend auch Tiefenwachstum), benötigen wir einen Mechanismus, der dem Nachschlagenden die knappe Information (Definition plus x) und dem Mehr-Wissen-Wollenden den Hintergrund (kompletter Artikel) liefert. Denkbar wäre beispielsweise eine Untergliederung des Artikelfeldes wie sie in CMS-/ Redaktionssystemen à la Bricolage eingesetzt wird: Ein Feld für den Anreißer (Kurzinformation) und eins für den Rest.
Weiterhin wäre zu überlegen, dass aktuelle Lehrbücher systematisch aufgebaut sind, man bräuchte also einen ergänzenden Präsentationsmodus, der die hypertextifizierten Partikel zusammenführt (das bringt mich wieder zu dem alten K3-Problem). M.a.W. wäre eine Technik notwendig, um zumindest Artikelfolgen oder -sequenzen zu definieren; so etwas wurde auf Meta bereits vor längerer Zeit angedacht, aber nie implementiert.
MfG -asb