Hallo,
am Fri, 11 Jun 2004 06:33:13 +0100 schrieb Timwi:
Ich finde es (zumindest für mich persönlich) schon interessant, wie weit die Betrachtung der einzelnen Wikipedias hier auseinandergeht.
Da stime ich Dir zu.
Ist es nicht schon etwas mutig, zu behaupten, daß diese Leute alle ihre "Zeit verschwenden" und die ganze Arbeit "sinn- und zwecklos" und "für die Füchse" ist? Woher kommt diese vorurteilhafte Abneigung?
Naja, Abneigung? Wenn Arbeit gemacht wird, die ziemlich sicher umsonst war, ist das keine Abneigung, sondern eine Beschreibung der Fakten.
Für mich (ich spreche jetzt mal nicht für andere Englischsprecher, obwohl auf viele wahrscheinlich das gleiche zutrifft) ist nicht ersichtlich, was an [[en:]] so schlecht sein soll,
Konkret ging es vor allem um den Wildwuchs bei den Kategorien, der dazu führen wird, dass diese wesentlich weniger nützlich sein werden, als sie hätten sein können, und der viel Arbeit verursachen würde, versuchte man, den Wildwuchs zu lichten.
Ganz allgemein stelle ich immer wieder fest, dass viele Artikel in der englischsprachigen Wikipedia weniger "enzyklopädisch" sind, es gibt mehr Stummel (mein Eindruck, rein gefühlsmäßig), insgesamt geht es anarchischer zu. Letzteres hat auch seine Vorteile und seinen Charme, aber es führt auch dazu, dass die Wikipedia uneinheitlicher ist.
Nehmen wir doch z.B. mal die Kategorien. Es wurde gesagt, die Kategorisierung auf der englischsprachigen Wikipedia sei undurchdacht und chaotisch. Kann mir dafür jemand ein Beispiel nennen? (Am besten auch eins, das sich nicht noch in dynamischer Veränderung befindet?)
Die Kategorien sind in dynamischer Veränderung, diese Forderung ist daher unfair ;-)
Was mich am meisten an der ganzen Sache mystifiziert, ist, daß so eine starke Korrelation besteht zwischen dieser Mentalität und jemandes Muttersprache. Wie kommt es, daß Deutschsprachige tendentiell anders denken, anders handeln, und selbst bei etwas so fundamental neuem wie einem Wiki eine andere Handlungsweise für richtiger halten als Englischsprecher?
Es wäre seltsam, wenn es anders wäre. Sprache hat viel mit Kultur und Denkstrukturen zu tun, auch mit dem, was man "Nationalcharakter" nennt. Natürlich gibt es viele Ausnahmen, aber die Organisiertheit ist bei Deutschen, Schweizern und Österreichern höher als anderswo, daher auch die Erwartungen an eine solche.
Wie kommt es, daß selbst ein offenbar funktionierendes Beispiel ([[en:]]) mit solcher Abneigung abgewinkt wird und krampfhaft geglaubt wird, das Produkt, das nach den eigenen Vorstellungen eines "vernünftigen" Entstehungsprozesses entstand, "besser" ist?
Nicht unbedingt besser, aber passender. Ich persönlich finde es schön, dass es beides gibt, und hoffe sehr, dass diese Unterschiede bleiben werden.
Ich glaube, diese Fragen sind die Wurzel der meisten Auseinandersetzungen zwischen mir und anderen hier auf der Mailingliste.
Das ist gut möglich.
Beantworten kann sie vielleicht nur ein Soziologe (der ich nicht bin), oder vielleicht niemand. Vielleicht ewig offenbleiben wird die Frage, warum ich als Deutscher so viel eher denke wie in Englischsprecher.
Warum ausgerechnet Du, weiß ich natürlich nicht, aber es wäre seltsam, wenn es nicht viele Deutschsprechnede gäbe, denen die andere Struktur näher liegt, und umgekehrt auch einige Englischsprechende, denen die deutsche Struktur eher gefiele - letztere können aber wohl häufig kein deutsch, während Du englisch kannst und daher die Wahl hast.
Gruß, Gerhard aka Perrak