Das Bild des AKW, unterstellt es sei ein Werk der Baukunst, ist aber
nur
frei, wenn der Fotograf auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen (nicht auf einer Leiter, nicht in einem anderen Gebäude, nicht auf
einem
Privatgrundstück etc.) gestanden hat.
Dem stimme ich fast voll zu. Denn "frei" ist das Werk nicht,
jedenfalls
nicht "frei" im Sinne der GFDL. § 62 UrhG stellt klar, dass Änderungen nicht zulässig sind, wenn § 59 UrhG (Panoramafreiheit) zur Anwendung kam.
Richtig, die Panoramafreiheit berechtigt nicht dazu, bei der statthaften Vervielfältigung des Werks dieses zu verändern. Nehmen als Beispiel für ein unzweifelhaftes Werk der Baukunst, dessen Schöpfer noch keine 70 Jahre tot ist, das Hundertwasserhaus (http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Wien_hundertwasserhaus.jpg) und unterstellen (zur Geltung deutschen Rechts), es stände nicht in Wien, sondern in Deutschland: Dann dürfen bei der Veröffentlichung des im Wege der Panoramafreiheit erstellten Lichtbilds in Deutschland beispielsweise nicht die farbigen Trapeze über den Fenstern retuschiert werden.
So weit, so klar. Jetzt beginnt die Diskussion in der de:WP aber üblicherweise erst und die GNU-FDL hat ihren Auftritt. Weil diese gestattet, das lizenzierte Werk (der Einfachheit halber "die Wikipedia") zu verändern, dies aber für den Bestandteil "Bild des Hundertwasserhauses" verboten ist, sei schon das Einstellen des Bildes in die Wikipedia (nach der einen Meinung) ungesetzlich) bzw. (nach der anderen Meinung) jedenfalls unredlich, weil etwas versprochen ("verkauft") werde, was man nicht halten (erfüllen) könne.
Beides trifft nicht zu. Die erste Ansicht irrt schon deshalb, weil die durch die Panoramafreiheit gewährte Berechtigung nicht davon abhängt, ob und ggf. in welcher Weise, wirksam oder unwirksam der Lichtbildner Rechte an seinem Lichtbild einräumt oder nicht. Aber auch die andere Ansicht kann nicht überzeugen. Sie verkennt das Wesen der Lizenz. Der Lizenzgeber (der Fotograf) überträgt beim Urheberrecht dem Lizenznehmer (jedem Dritten) auch bei der GNU-FDL - wie bei jeder anderen urheberrechtlichen Lizenz - keine Rechte und keine Teilrechte, sondern verspricht dem Lizenznehmer lediglich, seine Verbietungsrechte aus dem Urheberrecht nicht geltend zu machen (, wenn und soweit die Regeln der Lizenz eingehalten werden.) Dieses Versprechen wird aber nicht gebrochen, wenn die Erben von Hundertwasser gegen eine Veränderung des Lichtbilds vorgehen, dass der Dritte, der Lizenznehmer, sich aus der Wikipedia besorgt hat.
Alles andere beruht auf der, meines Erachtens kurzschlüssigen und ideologiebehafteten Vorstellung von der freien Enzyklopädie. Denn "frei" wird von den Verfechtern der Gegenansicht so verstanden, dass _jeder_ mit der Wikipedia _alles_ machen können dürfen muss. Da schießt aber über den urheberrechtlichen Gegenstand weit hinaus. Auch der Lizenznehmer der GNU-FDL muss wie jeder Lizenznehmer damit leben, dass der Lizenzgeber - wie ich an dieser Stelle schon wiederholt geschrieben habe - nicht mehr Rechte einräumen kann, als er selbst hat.
Gruß Andrsvoss