Erik Moeller wrote:
Hi,
Der Experte ist genauso wenig unfehlbar wie das Kollektiv.
hmmja, stimmt schon. Vielleicht definiere ich mal, was ich mit Experte meine: das sind Leute, die die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens verstanden haben und aufgrund von ordentlichen Recherchen (nicht Google und dann fröhlich aus dem Internet abgepinnt) ihre Texte schreiben. Einer, der die Fachliteratur kennt und ihren jeweiligen Wert einzuschätzen weiß (machen wir uns nichts vor: Auch in der Wissenschaft wird viel Unfug produziert).
Wer als Experte auf gleicher Ebene mit der Community partizipieren will, muss sich auch an die gleichen Regeln halten -- und unter Umständen sehr viel Zeit und Nerven investieren.
Tja, an dem Punkt wird es jetzt aber haarig! Wieso sollte der Experte an der Community partizipieren wollen? Welchen Anreiz hat er? Daß seine Geduld und Demut auf die Probe gestellt werden? Der will sein Wissen und seine Kompetenz einbringen und nicht in himmelschreiende Endlos-Diskussionen verwickelt werden. Oder so herum: Wenn ich jemandem erstmal erklären muß, daß er ein Buch lesen muß, um die Sache kompetent beurteilen zu können und das "ich denke aber mal, daß das so und so ist" absolut kein Argument ist, dann krieg ich doch schon Pickel. Oder wenn ich dreimal nach Belegen frage und als Antwort bekomme, daß der Gefragte weder Zeit noch Lust hat zu recherchieren, ob das stimmt was er schrieb. Wenn ich ihm dann sage, daß ich tatsächlich recherchiert habe und somit beweisen kann, daß das nicht stimmt und er es ja bitte in Quelle X und Y nachlesen könne, und der weigert sich weiter nachzulesen und beharrt auf seiner Auffassung: Was habe ich da für einen Grund partizipieren zu wollen?
Und jetzt - wenn ich schon mal dabei bin - ganz krass: Ich dachte eigentlich, daß wir eine Enzyklopädie schreiben. Es mithin um die Vermittlung von Wissen geht. Wieso muß ich da eigentlich die Sozialkompetenz mitbringen, mit jedem Troll und Dummkopf pädagogisch umgehen zu können? Wieso reicht es nicht, daß ich mein Wissen - nota bene: mein mit Quellen belegtes Wissen - zur Verfügung stelle? Wieso muß ich eigentlich mit Leuten diskutieren, die von der Sache keine Ahnung haben? Das ist doch absurd.
Oder wird die Community in der WP zum Selbstzweck? Man schaue sich nur das Trauerspiel auf den Admin-Wahlen an. Mittlerweile gilt es schon als Nachteil, wenn Leute vor allem Artikel schreiben: "Dafür braucht man die Admin-Knöppe nicht". Und wer ein streitbarer Charakter ist, der hat sowieso schon verloren: Da zählt nicht, daß er fachlich gut ist, was zählt ist, daß er schön brav und lieb und angepasst ist. Was für Leute ziehen wir uns denn da heran? Mittelmäßige, konfliktscheue Ja-Sager möchte ich mal vermuten. Da fass' ich mir doch an den Kopf!
Ich denke, wir brauchen zusätzlich zu der direkten Teilnahme an Wikipedia Verfahren der Expertenkonsultation, deren Ergebnisse dann in den Diskussions- und Bearbeitungsprozess eingebracht werden.
Korrekt! Einem ernstzunehmenden Wissenschaftler ist die WP in dieser Form jedenfalls nicht zuzumuten.
Gruß
Henriette