Am Freitag, 9. Dezember 2005 05:39 schrieb Agon S. Buchholz:
Wikipedia funktionert bisher "Bottom-up", ist also ein prototypisches Graswurzelprojekt. Ansagen "von oben" ("oben" = Jimbo Wales, der Hinterzimmer-Club etc.) würden diesen Vektor umkehren, mit allen Folgen,
[...]
Deine Idee löst also nicht ein Problem der Wikipedia, sondern definiert das Projekt um,
Nein, da verstehst Du mich falsch. Ich würde keineswegs empfehlen, eine Redaktion einzurichten, die Top-Down Inhalte strukturiert, Textlängen vorgibt etc. Das muss sich Bottom-Up regeln. Was der Wikipedia jedoch fehlt, ist der stabile Kontext, in dem die bottom-up-Methode ihre Wirkung entfalten kann. Also kommt am Ende irgendwas raus (siehe bspw. die Heise-Postings zur Wikipedia: Der überwiegende Teil dort - und der schreibt auch in der WP - sieht die WP als Hort der freien Meinungsäußerung. Dafür mag sie ja ganz gut sein, aber Enzyklopädie und Hort der freien *Meinungs*äußerung beißt sich nunmal. Ich habe kein Problem damit, wenn Wikipedia bottom-up zum blanken Wiki und zum Hort der freien Meinungsäußerung wird, nur soll man sie dann halt nicht mehr Enzyklopädie nennen.
Beispiel (aus der Wikipedia-Realität, hier aus verschiedenen Gründen etwas abstrahiert): Seitdem Wikipedia wichtig geworden ist, hat nicht zuletzt die Marketing-Mafia Wikipedia entdeckt;
Dass die das machen würden, und dass man aus genau dem Grund extrem vorsichtig sein sollte, *überhaupt* irgendwelche Produkte/Unternehmen außer den ganz großen aufzunehmen, predige ich schon seit siebzigeinundziebzig. Aber auf mich hört ja keiner *schnüff*
Ich will damit ausdrücken, dass Du mit Kindereien wie Registrierungspflicht mit gültiger E-Mail-Adresse nicht gegen massive Interessen ankommst, insbesondere dann nicht, wenn man sie einen kommerziellen Backgrund haben;
Nein, aber mit einer Atmosphäre, in der die entsprechenden Interessen von Teilnehmern auffallen, und in denen man diese Teilnehmer eben auch aussperren kann.
Wikiweise hat ein solches Problem nicht, weil es -- bitte versteh' das
nicht falsch -- unbedeutend ist und von keinem unserer gemeinsamen
Gegner ernst genommen wird. Sollte Wikiweise irgendwann einmal in den Sichtkreis dieser Interessengruppen gelangen, wirst Du das sicherlich als erster bemerken und dann feststellen, dass Deine Schutzmechanismen auch nicht ausreichen, nur werden sie vielleicht ein paar Wochen länger halten.
Das bliebe abzuwarten. Gegen kriminelle Energie kommt man natürlich nicht an, aber wenn man sagt, man nimmt eben bspw. nur die großen Konzerne auf und irgendwelche echten Meilenstein-Produkte (und nicht jedes Modell jedes Autoherstellers), dann ist man in einem Bereich, wo die Interssierten sich hüten werden, mit krimineller Energie vorzugehen, weil - würde es publik - das ganz massiv schadet.
geballten Macht der "Massen"; im Prinzip funktioniert das "100-Augen-Prinzip" gut genug, nur müssen die hundert Augen in demselben Maßstab skalieren, wie die Gegenseite "aufrüstet". Konkret bedeutet das,
Das Problem der Wikipedia ist, dass von den 100 Augen mindestens 99 blind sind.
Wikipedia muß mehr aktive, engagierte und kompetente Mitarbeiter finden, damit überhaupt wieder hundert Augen zum Gucken da sind -- momentan scheint das Verhältnis längst zu Ungunsten der Wikipedia gekippt sein, und hundert "Partikularisten" werden mit einem halben und dann auch noch übermüdeten Wikipedianer-Auge beobachtet.
Ja - da sind wir uns offenbar einig.
Das Problem ist m.E., dass das "100-Augen-Prinzip" momentan ausgehebelt ist und nicht in dem Maßstab engagierte Wikipedianer "nachgewachsen" sind, wie die Bedeutung der WIkipedia zugenommen hat.
Ja - und das liegt eben m.E. daran, dass man die neuen nicht richtig "erzogen" (gecoacht, angeleitet, such dir was aus), sondern sie einfach *alles* machen ließ (bunte Navigationsleisten aufbauen, Ortsstubs einstellen u.s.w), weil man ja ein bottom-up-Wiki ist. So hat man sich Wikipedianer "herangezüchtet", die in erster Linie auf blanke Masse, auf Sammeltrieb und auf Klickibuntiweb eingestellt sind. Und nicht auf *Texte lesen, verstehen und schreiben*. Die Klickibuntiwikipedianer ziehen in großer Menge neue Klickibuntiwikipedianer heran. Die Textschreiber kommen nicht nach, im von den Klickibuntiwikipedianern produzierten Rauschen echte Verschlimmbesserungen auszufiltern und zu korrigieren, und lassen es irgendwann sein. Dass das für eine Enzyklopädie nicht gut sein kann, wollte ja keiner glauben, nu muss man es ausbaden.
Uli