Hallo,
Mit einigem Schmunzeln aber auch nachdenklich betrachte ich nun schon eine Weile diese Diskussion bezüglich der Qualität der Artikel und der Problematik der kompetenten Schreiber. Mein anfänglicher Eindruck, war das einige in eine leichte Herbstdepression verfallen sind, während andere der absolute Perfektionsdrang treibt und wieder andere das ganze ganz easy entspannt und locker sehen.
Zunächst muss ich mal mal eins sagen:
Wikipedia ist nicht ohne Grund eine der am häufigsten aufgerufenen Seiten im Internet. Wikipedia muss den ganzen Lesern irgend einen Mehrwert bieten, sonst würden sie sich schnell davon abwenden (zumal es für Trolle wesentlich bessere Foren gibt).
Gestern erzählte mir eine Freundin, dass sie im Geschichtsunterricht (Gymnasium in Bayern, 13. Klasse Leistungskurs Geschichte) dazu aufgerufen werden auf den nächsten Tag sich mit Hilfe von Wikipedia eine Übersicht zu bestimmten Themen zu verschaffen und bereits sehr oft gute Infos gefunden haben. Die Literaturliste am Ende der Artikel ist dann oft ein Anhaltspunkt um bspw. in die Unibücherei zu gehen und sich gezielt weitere Bücher auszuleihen um das Thema zu vertiefen. Und Geschichte/Politik ist sicher eines der Themen, wo in Wikipedia gerne mal ein Streit vom Zaun gebrochen wird, aus welchem Grund auch immer, und somit diese Artikel (laut Ansicht von Uli bspw.) unter Schwachsinnsüberflutung leiden müssten. Das dem im Groben und Ganzen nicht so ist zeigt auf welchem Niveau wir hier klagen. Das Beispiel zeigt auch eins: Wikipedia ist noch kein Werk mit dem man sich umfassend (ohne andere Quellen zu benötigen) informieren kann, aber die Ansprüche an eine klassische Enzyklopädie (durchaus auch mal längere Artikel zu einem Thema, aber keine seitenstarke wissenschaftliche Abhandlung) erfüllt sie für viele Dinge in jedem Fall.
Auch denke ich sind die Probleme in der Wikipedia nicht gleichverteilt. Nach meiner Ansicht, sind die Geisteswissenschaften insbesondere die im Dunstkreis von Religionen besonders gefärdet. Naturwissenschaften, Technik und Mathematik sind in der Regel relativ verschont geblieben, wenn man von einzelnen Themen absieht, die gerne in den Medien auftauchen (wie Treibhauseffekt - an dem Artikel hab ich bisher aufgrund einiger Hohlmeisen noch nicht so die rechte Lust finden können, er braucht aber dringend Verbesserung) oder mit Religion in Konflikt stehen (wie Evolution) oder von spinnerten Erfindern malträtiert werden.
Aber: Bislang funktioniert die Wikipedia doch großartig, angesichts ihres offenen Prinzips. Natürlich treten immer neue Probleme zu Tage, aber man kann sie nicht alle auf einmal lösen und es ist doch erstaunlich wie gut es bisher trotz allem geklappt hat.
Um nicht weiter in das übliche man-müsste/man-sollte/so-geht-das-nicht-weiter auch einzustimmen habe ich mir ein paar konkrete Gedanken gemacht (die aber sicher ich nicht umsetzen werde, da ich nicht wirklich gut programmieren kann und genug anderes zu tun habe):
Intelligente algorithmische Editregeln:
* Ab einer bestimmten Editierhäufigkeit (Anzahl geänderter Bytes pro Zeiteinheit oder einfacher Versionen pro Zeiteinheit) darf eine Seite nur noch von angemeldeten Usern bearbeiten werden. Dies kann per Software vollkommen automatisch geschehen und passt sich dynamisch der Situation an. Grund: Der Artikel wird eh von genug Leuten beobachtet und somit die Fehler (sofern Einigkeit besteht) schnell behoben. Zweitens kann man so eine sprunghafte Aufmerksamkeitssteigerung aufgrund von Onlinenachrichten (wie im Falle einer kleinen Ortschaft durch heise.de) und somit eine Flut an virtuellem Grafitti von Leuten, die mal eben dem Link gefolgt sind und Wikipedia noch nie gesehen haben, ausbremsen.
* Ab einer bestimmen Quote Diskussionsbeiträge zu Artikelbeiträge bekommt ein Benutzer vor dem Einfügen seines neuesten Diskussionsbeitrags eine kleine automatische Aufforderung, sich doch auch mal an den Artikeln zu beteiligen und ein paar seiner sicher vielen Vorschläge zu Artikeln selber umzusetzen, da Wikipedia kein ausschließliches Diskussionsforum ist, sondern von Artikelarbeit lebt. Grund: Dampfplauderer die keine Substanz von sich geben werden somit sanft ausgebremst und vielleicht ein wenig nachdenklicher, was ihre bisherige Mitarbeit anbelangt.
* Ab einer bestimmten Anzahl von Löschen/Ersetzen-Operationen (erweiterter Editkonflikt) pro Zeiteinheit wird ein Benutzer gebeten, sich doch mal mit dem/den Kontrahenten auf der Diskussionseite vorher auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen oder sich mal eine kleine Auszeit zu gönnen und an die frische Luft zu gehen. Dies kann noch mit der Quote der Diskussionsbeiträge zu diesem Artikel kombiniert werden, so dass Benutzer die diskussionsunwillige Kontrahenten zum Diskutieren auffordern nicht so schnell diese Nachricht kriegen. Grund: Artikel deren Versionsgeschichte Kilometerlang ist haben fast auschließlich solche Bearbeitungseigenschaften. Zwei Parteien prallen aufeinander und eine Verlangsamung des Tempos trägt sicher zur Ankühlung des Konflikts und somit zu seiner Lösung/Entschärfung bei. Benutzer, die sich jeglicher Diskussion verweigern erlangen automatisch einen Nachteil und geben wohl somit eher auf.
All die Vorschläge lassen sich sicher noch verallgemeinern und bestimmt gibt es noch weitere sinnvolle automatisierbare Regeln. Des weiteren kann man ja noch ein zweites höher angesetztes Hardlimit einführen, dass einem Benutzer das Editieren eines bestimmten Artikels/aller Artikel für eine gewisse Zeit verwehrt wird.
Der Vorteil einer solchen Herangehensweise: *vollkommen automatisch, es ist also bedeutend weniger Arbeit für Admins bspw. und außerdem sind Computer persönlichkeits- und leidenschaftslos. Mit einem Computerprogramm lässt sich schlecht anlegen, falls man sich ungerecht behandelt fühlt. *Keine inhaltliche Wertung und somit können Leute, die trotzdem das Krakelen anfangen, kein Zensur- und Verschwörungstehorieblabla von sich geben. (gut einige werden das auch so tun, weil SIE stecken ja hinter allem, aber diesen armen Gestalten kann man nur noch durch Sperrung des Accounts helfen) *Es tritt trotzdem ein inhaltlicher Lenkungseffekt hin zu mehr Sachlichkeit und kooperativem Miteinander auf und somit eine qualitative Verbesserung.
Ich denke es ist vielleicht ganz praktisch, wenn wir gewisse Richtlinien zusammentragen, denen der Inhalt und die Gemeinschaft der Wikipedia genügen soll und wie man mittels einfacher automatisierbarer Regeln einen Lenkungseffekt in ihre Richtung erreicht.
@Uli (aber auch alle anderen), du bist doch Programmierer. Du könntest doch zur Realisierbarkeit dieser Idee einen fundierten Kommentar abgeben und wenn sie dir gefällt und du Lust und Zeit hast dich mit anderen zusammen dahinterklemmen, dass man derartiges in MediaWiki einbaut.
Grüße, Daniel Arnold (Arnomane)
P.S.: Jetzt muss ich mal meine Antwortmail an die ESA weiterbasteln. Englisch ist einfach zäher zu schreiben. ;-) Ich überlass sie aber vorm Versenden nochmal eurem kollektiven Fegefeuer.