Elisabeth Bauer schrieb:
Ralph Teckentrup wrote:
[Zu Baba66]
Kompromisse wollte er schon gar nicht eingehen.
Dieser Fall muß nicht weiter diskutiert werden (inhaltlich hatte baba66 in jedem Punkt Recht)
Wie jetzt? Wenn ich Recht habe, muss ich trotzdem Kompromisse eingehen? Das kann's doch irgendwie nicht sein. Das wäre für mich eher eine Kapitulationserklärung der Wikipedia, die damit wissenschaftlichen Anspruch zugunsten "Wer kämpft am längsten" aufgibt.
Vielleicht hätte ich zwischen "Recht haben" und "meiner Meinung entsprechen" unterscheiden sollen... Es ging mitunter um Fragen etymologischer Natur, bei denen eine alleingültige Wahrheit kaum zu ermitteln sein dürfte.
Rein fachlich kann jemand tausendmal Recht haben, aber wenn er nicht willens ist, selbst kleine sprachliche Kompromisse zu akzeptieren sondern einfach immer nur auf seine eigenen Versionen revertet, wird's halt schwierig. Wenn ich (als Laie auf dem Gebie der semitischen Sprachen und er Islamwissenschaften, nicht aber der Sprachwissenschaften) nur sehe, daß da zwei Sturrköppe miteinander umgehen, mir den Sachverhalt aber anderswo selbst erklären muß, dann agieren beide falsch. Recht haben ist schön, aber vermitteln können muß man das zumindest dann, wenn man nicht nur einen islamistischen Deppen vor sich hat, sondern auch noch "Publikum", also die anderen Leute, die sie sich über einen edit war wundern und sich um die Qualität von Wikipedia-Artikeln kümmern. Man agiert nicht nur für das (imaginierte) Gegenüber, auch nicht nur für "die Sache", sondern immer für ALLE gegenwärtigen und zukünftigen Leser.
Kompromisse eingehen heisst nicht, falsches zu dulden, aber es heisst, sich auf eine Debatte oder auf Erklärungen einzulassen und den eigenen Irrtum zumindest als Möglichkeit einzugestehen. Baba66 trat autoritär von oben herab auf und obwohl ich häufig auch auf seine Text-Versionen revertet habe, war mir sein Auftreten zumindest unangenehm apodiktisch.
Und letztendlich muß der "wissenschaftliche Anspruch" auch bedeuten, Wissen für Nichtwissenschaftler verständlich darzustellen und das heisst bei Wikipedia u.U. auch, für Laien verständlich eine Debatte um den Inhalt eines Artikels führen. Die deutsche Wikipedia unterscheidet sich nach meiner evtl. etwas oberflächlichen Beobachtung) von der englischen auch dadurch, daß viele Autoren (und Autorinnen) eigenes Spezialistentum für eine Art Passepartout halten, ihr Fachwissen als ganz einfach richtig durchsetzen zu können. Bei der englischsprachigen Wikipedia bin ich immer wieder insbesondere von den Diskussionsseiten begeistert, wo wirklich um Inhalte und Kompromisse gerungen wird, was die Artikel oft um einiges lesbarer macht als es die deutschen Texte (mitunter) sind. In deutschen Diskussionen zu Artikeln habe ich (auch schon aus der Tastatur von Moderatoren) lesen müssen, daß man die krankhafte Kompromisslerei und Austariererei der englischen Wikipedia nicht nachmachen wolle. Ja was denn sonst? Deutsche wollen oft Recht haben ohne Debatte. Ich halte das - wie auch das Meckern über "Dilettanten" - für einen autoritätsfixierten Ruf nach der Obrigkeit (die man gerne auch selber sein möchte :-)).
Damit rufe ich nicht nach basisdemokratischen Prinzipien oder ähnlichem Quatsch, sondern wehre mich nur gegen den Ruf nach einem institutionalisierten "Fachleute-Schutz".
, mir scheint aber gerade auf Seiten der "Fachleute" oft ein Dünkel vorzuherrschen, der ihnen die Diskussion und Überzeugung von
"Laien"
zu verbieten scheint. Wer es nicht aushält, sich mit Laien und Dilettanten (ein Wort, daß ich nicht einmal negativ
verstehen möchte)
rumzanken zu müssen und offensiv aber freundlich für seine Ansichten und seine Kompetenz einzustehen, dem fehlt es womöglich etwas an sozialer Kompetenz.
Wenn man sich mit Laien _zanken_ muss, mangelt es wohl nicht nur den "Experten" an sozialer Kompetenz. Das Problem ist ja nicht die Mehrzahl der Wikipedianer, die in einem fremden Gebiet aus Unwissenheit was falsches schreibt, sich aber gerne korrigieren lässt, sondern diejenigen, die etwas zu wissen meinen und ihren Unsinn dann bis aufs Messer verteidigen.
Das klang mitunter anders. Mit Soziopathen muß die Welt leben, also auch Wikipedia. Die Debatte über die "Unendliche Reihe" ist kein Beleg dafür, daß es Sonderbefugnisse für Fachleute braucht, sondern nur ein Beleg dafür, daß die Welt und die Menschen nicht perfekt sind. Einen Ruf nach institutionalisierten Regeln zur Vermeidung solcher nervigen Debatten halte ich für illiberal, auch wenn ich nicht in jedem Falle gegen den Ausschluß von konkreten Nervensägen bin. Das ist aber eine Sachentscheidung am Gegenstand (oder an der Person), die nicht über Verfahrensregeln zum Schutz von Fachleuten geregelt werden kann.
Mal etwas Lesestoff aus der Mathematik (eigentlich hätte ich gedacht, dass zumindest das frei von solchen Schlachten ist): http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Null http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Unendliche_Reihe
Gibt/gab es eine ähnliche Debatte auch bein englischen
Wikipedia? Hat
wer einen Link?
Ungefähr alle halbe Jahr wiederholt sich die Diskussion, genau wie hier. Dann wird diskutiert, bis alle Beteiligten müde sind und dann machen wir weiter wie bisher. Deshalb werde ich auch jetzt nichts weiter dazu sagen.
Ein interessanter Text dazu:
http://meta.wikimedia.org/w/wiki.phtml?title=More_heat_than_light&oldid=... 3
Es scheint bei dem Text um Konfliktbewältigung und Regeln dafür zu gehen und nicht um die Frage, wie man Fachleute vor Laien schützt :-) Dass das zum Teil mühsam austarierte Prinzip der Wikipedia funktioniert, sieht man an der weitgehend sehr hohen Qualität der englischen Wikipedia. Wenn die deutsche Wikipedia da (noch?) nicht heranreicht, mag das an ihrem vergleichsweise jugendlichen Alter liegen oder an den unübersehbaren Unterschieden zwischen der angelsächsischen und der deutschen Debattenkultur. Eine Amerikanisierung (oder allgemein Anglisierung) hat aber noch nie geschadet, immerhin funktioniert inzwischen sogar in Deutschland die parlamentarische Demokratie so halbwegs. Da wird das mit Wikipedia auch noch werden.
Gruß
Ralph