Hallo ihr (und nur knapp aus dem Büro),
wie wahrscheinlich jeder mitbekommen hat, ist gestern das Historische Archiv der Stadt Köln eingestürzt. Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Historisches_Archiv_der_Stadt_K%C3%B6ln umfasste der Bestand:
* 65000 Urkunden ab dem Jahr 922 * 26 Regalkilometer Akten * 104000 Karten und Pläne und 50000 Plakate * 800 Nachlässe und Sammlungen
Ich denke - ähnlich wie seinerzeit bei der Anna-Amalia-Bibliothek sollten wir reagieren und eine Pressemitteilung verfassen, die
1) das Bedauern über den teilweise unrettbaren Verlust ausdrückt 2) die Bedeutung der Digitalisierung betont 3) auf Wikisource hinweist.
Ich bin mir nicht sicher, wer das am ehesten tun sollte. Ich persönlich denke, dass der Verein da am schnellsten aktiv werden kann und mit Catrin eine kompetente Schreiberin hat. Alternativ wäre es natürlich auch möglich, als Absender die Community von Wikisource zu nehmen.
Gruß, Achim
Treffende Idee, Achim, man müsste ein bisschen aufpassen, dass es nciht nach medialer Leichenausnutzung aussieht, aber grundsätzlich könnte man wohl sinnvoll Aufmerksamkeit für unser Anliegen erreichen. Ich selbst war vor vielen Jahren als Student in dem Archiv, als ich eine Hausarbeit zum "Buch Weinsberg" gemacht habe... Ich gebe gerne Formulierungshilfe zu dem Presseschreiben. Gruß Ziko
Gruß,
Achim
Computer Bild Tarifsieger! GMX FreeDSL - Telefonanschluss + DSL für nur 17,95 ¿/mtl.!* http://dsl.gmx.de/?ac=OM.AD.PD003K11308T4569a
VereinDE-l mailing list VereinDE-l@lists.wikimedia.org https://lists.wikimedia.org/mailman/listinfo/vereinde-l
Wenn man die Bedeutung der Digitalisierung in den Vordergrund stellt und für eine PM nicht das Unglück als Aufhänger nimmt, kann das funktionieren. Werde mich darum kümmern.
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: wikide-l-bounces@lists.wikimedia.org [mailto:wikide-l-bounces@lists.wikimedia.org] Im Auftrag von Achim Raschka Gesendet: Mittwoch, 4. März 2009 13:38 An: wikide-l@lists.wikimedia.org; vereinde-l@lists.wikimedia.org Betreff: [Wikide-l] Einsturz des historische Archivs Köln - Reaktion von Wikimedia
Hallo ihr (und nur knapp aus dem Büro),
wie wahrscheinlich jeder mitbekommen hat, ist gestern das Historische Archiv der Stadt Köln eingestürzt. Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Historisches_Archiv_der_Stadt_K%C3%B6ln umfasste der Bestand:
* 65000 Urkunden ab dem Jahr 922 * 26 Regalkilometer Akten * 104000 Karten und Pläne und 50000 Plakate * 800 Nachlässe und Sammlungen
Ich denke - ähnlich wie seinerzeit bei der Anna-Amalia-Bibliothek sollten wir reagieren und eine Pressemitteilung verfassen, die
1) das Bedauern über den teilweise unrettbaren Verlust ausdrückt 2) die Bedeutung der Digitalisierung betont 3) auf Wikisource hinweist.
Ich bin mir nicht sicher, wer das am ehesten tun sollte. Ich persönlich denke, dass der Verein da am schnellsten aktiv werden kann und mit Catrin eine kompetente Schreiberin hat. Alternativ wäre es natürlich auch möglich, als Absender die Community von Wikisource zu nehmen.
Gruß, Achim
2009/3/4 Achim Raschka achim_raschka@gmx.de:
Ich bin mir nicht sicher, wer das am ehesten tun sollte. Ich persönlich denke, dass der Verein da am schnellsten aktiv werden kann und mit Catrin eine kompetente Schreiberin hat. Alternativ wäre es natürlich auch möglich, als Absender die Community von Wikisource zu nehmen.
Fürs Aktivwerden bietet sich vor allem dieser Link hier an:
Ich kann die Intention von Achim verstehen, würde aber vorschlagen, ein paar Wochen zu warten, bevor der Verein etwas diesbezügliches kommuniziert. Noch wissen wir nicht mal, ob und wenn ja wie viele Menschen gestorben sind und was wirklich verloren gegangen ist. Ich hätte ein ungutes Gefühl, wenn der Verein jetzt kurzfristig eine entsprechende PM rausschicken würde. Die Gefahr, missverstanden zu werden, wäre mir zu groß.
Pavel
Achim Raschka schrieb:
Hallo ihr (und nur knapp aus dem Büro),
wie wahrscheinlich jeder mitbekommen hat, ist gestern das Historische Archiv der Stadt Köln eingestürzt. Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Historisches_Archiv_der_Stadt_K%C3%B6ln umfasste der Bestand:
* 65000 Urkunden ab dem Jahr 922 * 26 Regalkilometer Akten * 104000 Karten und Pläne und 50000 Plakate * 800 Nachlässe und Sammlungen
Ich denke - ähnlich wie seinerzeit bei der Anna-Amalia-Bibliothek sollten wir reagieren und eine Pressemitteilung verfassen, die
- das Bedauern über den teilweise unrettbaren Verlust ausdrückt
- die Bedeutung der Digitalisierung betont
- auf Wikisource hinweist.
Ich bin mir nicht sicher, wer das am ehesten tun sollte. Ich persönlich denke, dass der Verein da am schnellsten aktiv werden kann und mit Catrin eine kompetente Schreiberin hat. Alternativ wäre es natürlich auch möglich, als Absender die Community von Wikisource zu nehmen.
Gruß, Achim
Pavel Richter schrieb:
Ich kann die Intention von Achim verstehen, würde aber vorschlagen, ein paar Wochen zu warten, bevor der Verein etwas diesbezügliches kommuniziert. Noch wissen wir nicht mal, ob und wenn ja wie viele Menschen gestorben sind und was wirklich verloren gegangen ist. Ich hätte ein ungutes Gefühl, wenn der Verein jetzt kurzfristig eine entsprechende PM rausschicken würde. Die Gefahr, missverstanden zu werden, wäre mir zu groß.
Pavel
Eventuell ist der Zeitpunkt jetzt schon gekommen:
"Archivgut soll digitalisiert werden
Von Matthias Pesch, 12.03.09, 18:16h, aktualisiert 12.03.09, 18:20h
Die Leiterin des eingestürzten Kölner Stadtarchivs Bettina Schmidt-Czaja will die aus den Trümmern geretteten Dokumente so schnell wie möglich digitalisieren. Um das Archivgut zu restaurieren, werden die Dokumente auch an auswärtige Archive weitergeleitet."
Vollständiger Artikel unter http://ksta.de/html/artikel/1233584126695.shtml abrufbar.
Raymond.
On 13.03.2009, at 16:29, Raimond Spekking wrote:
Pavel Richter schrieb:
Ich kann die Intention von Achim verstehen, würde aber vorschlagen, ein paar Wochen zu warten, bevor der Verein etwas diesbezügliches kommuniziert. Noch wissen wir nicht mal, ob und wenn ja wie viele Menschen gestorben sind und was wirklich verloren gegangen ist. Ich hätte ein ungutes Gefühl, wenn der Verein jetzt kurzfristig eine entsprechende PM rausschicken würde. Die Gefahr, missverstanden zu werden, wäre mir zu groß.
Pavel
Hi,
Eventuell ist der Zeitpunkt jetzt schon gekommen:
"Archivgut soll digitalisiert werden
Von Matthias Pesch, 12.03.09, 18:16h, aktualisiert 12.03.09, 18:20h
Die Leiterin des eingestürzten Kölner Stadtarchivs Bettina Schmidt- Czaja will die aus den Trümmern geretteten Dokumente so schnell wie möglich digitalisieren. Um das Archivgut zu restaurieren, werden die Dokumente auch an auswärtige Archive weitergeleitet."
das alles ist nicht ganz so trivial wie man sich das vielleicht vorstellt, wenn man ein mächtiges Instrument (= Commons oder Wikisource) an der Hand hat und glaubt, daß eine reine Digitalisierung von Handschriften oder Büchern allein die Rettung ist.
Bücher – speziell die aus dem Mittelalter – sind nicht nur eine Ansammlung von Daten oder Informationen und gerade bei Büchern, die älter als 500 Jahre sind, gehts nicht nur um den Inhalt, sondern um das materielle Zeugnis an sich. Wer nie mit einem mittelalterlichen Buch gearbeitet hat, der kann sich gar nicht vorstellen wie viele Informationen man aus der rein physischen Präsenz eines Buches gewinnen kann. Soll heißen: Wenn das Buch selbst vernichtet ist, dann bietet ein Digitalisat zwar noch ein Abbild von Texten und Bildern – das echte Buch mit seinen Gebrauchsspuren etc. ersetzen kann es aber nicht. Und die wirklich kniffligen Forschungsfragen kann man nur anhand der Originale beantworten. Was nicht heißen soll, daß Digitalisierung Blödsinn oder verschwendete Zeit/Geld wär! Für einen Handschriftenforscher ist aber ein Digitalisat immer nur ein Nice-to- have – niemals ein auch nur annähernder Ersatz.
Zudem sind wir zwar vielleicht ein Projekt mit (massenhaft) Platz für Daten/Digitalisate, aber wir können weder mit Knowhow, noch mit adäquaten Maschinen, noch mit entsprechend ausgebildeten Menschen dienen, die bei der Rettung von wirklich wertvollen Büchern helfen können. Ehrlich: Das sollten wir lieber den Spezialisten überlassen und jeden Ruch eines Verdachtes vermeiden, daß wir uns besserwisserisch an diese Katastrophe anhängen. Sorry, ich will hier wirklich niemandem den Schwung oder Elan nehmen Gespräche mit dem Kölner Archiv zu führen und absolut jede Hilfe anzubieten; nur habe ich mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Dokumenten gearbeitet und ich kann tatsächlich nachvollziehen warum die Archivare und Handschriftenforscher so lang zögerlich waren mit den Digitalisierungen.
Was ich übrigens überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist, wie man mittelalterliche Handschriften von unschätzbarem Wert so lagern kann, daß die von einem Hauseinsturz vernichtet werden. Ich habe so den Eindruck, daß im Kölner Archiv über Jahre nach der Maxime „et küt wie et küt un et is immer noch jot jejange“ verfahren wurde und jetzt der Katzenjammer groß und noch größer der Wille ist den Leuten zu zeigen, was sie da über Jahrzehnte mehr oder weniger ignoriert haben.
Ja, wir sollten versuchen zu helfen! Aber nicht aktionistisch, sondern vorsichtig und nur mit den Mitteln, die wir wirklich kompetent anbieten können.
Gruß
Henriette
Am 14.03.2009, 02:21 Uhr, schrieb Henriette Fiebig henriette.fiebig@snafu.de:
Bücher – speziell die aus dem Mittelalter – sind nicht nur eine Ansammlung von Daten oder Informationen und gerade bei Büchern, die älter als 500 Jahre sind, gehts nicht nur um den Inhalt, sondern um das materielle Zeugnis an sich. Wer nie mit einem mittelalterlichen Buch gearbeitet hat, der kann sich gar nicht vorstellen wie viele Informationen man aus der rein physischen Präsenz eines Buches gewinnen kann. Soll heißen: Wenn das Buch selbst vernichtet ist, dann bietet ein Digitalisat zwar noch ein Abbild von Texten und Bildern – das echte Buch mit seinen Gebrauchsspuren etc. ersetzen kann es aber nicht. Und die wirklich kniffligen Forschungsfragen kann man nur anhand der Originale beantworten. Was nicht heißen soll, daß Digitalisierung Blödsinn oder verschwendete Zeit/Geld wär! Für einen Handschriftenforscher ist aber ein Digitalisat immer nur ein Nice-to- have – niemals ein auch nur annähernder Ersatz.
Es ist ja so, das es eine Rolle spielt mit wie viel Druck man geschrieben hat.
Gruß
Henriette
Gruß, linveggie
Am 14. März 2009 13:06 schrieb Kai Herlemann linveggie.ml@googlemail.com:
Es ist ja so, das es eine Rolle spielt mit wie viel Druck man geschrieben hat. Gruß, linveggie
Was meinst Du damit?
Gruß, Jonathan
Am 14.03.2009, 02:21 Uhr, schrieb Henriette Fiebig henriette.fiebig@snafu.de:
Bücher – speziell die aus dem Mittelalter – sind nicht nur eine Ansammlung von Daten oder Informationen und gerade bei Büchern, die älter als 500 Jahre sind, gehts nicht nur um den Inhalt, sondern um das materielle Zeugnis an sich. Wer nie mit einem mittelalterlichen Buch gearbeitet hat, der kann sich gar nicht vorstellen wie viele Informationen man aus der rein physischen Präsenz eines Buches gewinnen kann. Soll heißen: Wenn das Buch selbst vernichtet ist, dann bietet ein Digitalisat zwar noch ein Abbild von Texten und Bildern – das echte Buch mit seinen Gebrauchsspuren etc. ersetzen kann es aber nicht. Und die wirklich kniffligen Forschungsfragen kann man nur anhand der Originale beantworten. Was nicht heißen soll, daß Digitalisierung Blödsinn oder verschwendete Zeit/Geld wär! Für einen Handschriftenforscher ist aber ein Digitalisat immer nur ein Nice-to- have – niemals ein auch nur annähernder Ersatz.
Gruß
Henriette
Es ist ja so, das es eine Rolle spielt mit wie viel Druck man geschrieben hat. Gruß, linveggie
Hallo, Am Saturday 14 March 2009 02:21:52 schrieb Henriette Fiebig:
und ich kann tatsächlich nachvollziehen warum die Archivare und Handschriftenforscher so lang zögerlich waren mit den Digitalisierungen.
alles Andere in deinem Post kann ich mehr oder weniger nachvollziehen aber das nicht. Die Originale wären durch das Digitalisieren ja nicht schlechter geworden - im Gegenteil. Vermutlich hätte für den Großteil der Forscher und Laien das Digitalisat vollständig ausgereicht (und sei es nur zum Vor-Sichten bevor man zu den Orginalen reist um diese einzusehen). Das hätte jede Menge Umweltschäden eingespart (weniger Reisen), hätte den Bücher gut getan (weniger angefasst) und vor allem häte man jetzt noch wenigstens etwas wo das Orginal weg ist (es soll ja zum Glück noch Mikrofilme geben) statts nun Forscher in aller Welt anzufragen ob sie (schlechte) Analogkopien haben.
Ich vermute das Ganze war entweder wieder ein Fall von falschen Besitzdenken ("wir haben diese seltenen Bücher, wenn sie sie haben wollen müssen sie herkommen"), Geldmacherei ("und x€ Gebühr bezahlen") oder falsche Einsparung ("das Digitalisieren kostet aber x€, das sparen wir").
Wo du aber vollkommen recht hast ist das wir die Füße stillhalten sollten. Wir haben weder die Manpower, noch die Maschinen, die Mittel oder das Wissen um jetzt zu helfen.
Mit freundlichen Grüßen DaB.
On 14.03.2009, at 17:43, DaB. wrote:
Hallo, Am Saturday 14 March 2009 02:21:52 schrieb Henriette Fiebig:
und ich kann tatsächlich nachvollziehen warum die Archivare und Handschriftenforscher so lang zögerlich waren mit den Digitalisierungen.
alles Andere in deinem Post kann ich mehr oder weniger nachvollziehen aber das nicht. Die Originale wären durch das Digitalisieren ja nicht schlechter geworden - im Gegenteil.
Hi,
ich wollte das nicht länger ausführen, weil Mail sowieso schon ungebührlich lang war ;) Aber ich schiebe das gern nach :)
Die Originale wären durch das Digitalisieren tatsächlich nicht schlechter geworden (bei sachgemäßer Handhabung natürlich nur), vollkommen korrekt! Allerdings muß man für eine vernünftige Digitalisierung von solch' riesigen Beständen wie dem Archiv in Köln supergrob aufgestellt folgendes bedenken:
1. einen Projektplan mit welchen Handschriften man beginnen will – wir reden hier immerhin über ein paar Jahre Arbeit und natürlich würde sofort die Frage aufkommen, warum Handschrift X im Jahr 2009 gescannt werden soll und Akte Y bis 2012 der Gefahr ausgeliefert sein, zu verbrennen/in einen Keller zu stürzen/von Mäusen zernagt zu werden (und was dergleichen grauenvolle Dinge mehr drohen können). Das heißt dann allerdings auch, daß die Archivare überhaupt erstmal eine Liste oder ein Ranking erstellen müssen wie wertvoll/erhaltenswert etwas ist und wie der Erhaltungszustand ist. 2. Geld – jeder weiß: Das ist das größte Problem, denn ein paar Millionen Euro für eine U-Bahn versteht jeder Bürger (schließlich will jeder täglich von Ort X nach Ort Y); ein paar Millionen für olles Papier, daß sowieso nur von drei Eierköpfen aus der Forschung gelesen werden kann und benutzt werden darf, das verstehen dann nur sieben Eierköpfe ;) Ihr alle seht die Diskussion doch schon vor euch: Die verläuft an der Frontlinie „Kinderspielplätze sind viel wichtiger“ bis hin zu „Kommunalgebäude XY braucht neue Toiletten“. Personal braucht man natürlich auch und so mau wie es in den entsprechenden Studiengängen aussieht, wird man schnell ein Problem mit entsprechend geschulten Leuten bekommen. 3. Speicherproblem bzw. Erhaltung der Digitalisate – Daten einmal digitalisiert ist ja schön, nur muß man dann auch dafür sorgen, daß die Daten auch in 500 Jahren noch lesbar sind. Das führt uns zu einem Backup-Problem, denn man muß die Daten nicht nur regelmäßig umkopieren, sondern auch dafür sorgen, daß immer die Technik (Hard-/ Software) am Start ist mit der die Daten lesbar sind. Da ist eine mittelalterliche Handschrift übrigens ein perfektes Speichermedium: Die kann ich auch nach 1000 Jahren noch lesen – mit einer Diskette von vor 15 Jahren habe ich jetzt schon massive Probleme ;) 4. natürlicher Konservativismus von Archivaren/Bibliothekaren – geht ungefähr so: „1000 Jahre hat die Original-Handschrift gereicht. Wieso sollen wir jetzt Hopplahopp irgendwelchen verrückten Technik-Freaks mit ihren Versprechungen der modernen Medien glauben?“
Vermutlich hätte für den Großteil der Forscher und Laien das Digitalisat vollständig ausgereicht (und sei es nur zum Vor-Sichten bevor man zu den Orginalen reist um diese einzusehen).
Das hätte jede Menge Umweltschäden eingespart (weniger Reisen), hätte den Bücher gut getan (weniger angefasst)
Da wird Dir ein echter Hardcore-Bibliothekar mit Sicherheit antworten, daß die Verfügbarkeit von digitalisierten Handschriften/Aktenstücken nur die Begehrlichkeiten der Forscher und Laien erhöht und sie dann die Bude voll haben mit Leuten, die das alle lesen wollen. Die billigste und beste Konservierungsmethode ist immer noch die Nutzer nicht an die Bücher zu lassen ;)
und vor allem häte man jetzt noch wenigstens etwas wo das Orginal weg ist (es soll ja zum Glück noch Mikrofilme geben) statts nun Forscher in aller Welt anzufragen ob sie (schlechte) Analogkopien haben.
Sehr richtig. Nur hilft eine Argumentation a la „hättet ihr mal schon vor 10 Jahren …" in so einem Fall natürlich überhaupt nicht. Letztendlich wird jetzt noch zwei Wochen das Geheule groß sein das die Handschriften vernichtet sind und in drei Wochen wollen alle Geld für einen Flughafen-Ausbau. Für Kultur und kulturgeschichtlich wertvolle Dinge gibts kein Geld; das ist so. Es sei denn natürlich man kann damit hinterher wieder Geld verdienen …
Ich vermute das Ganze war entweder wieder ein Fall von falschen Besitzdenken ("wir haben diese seltenen Bücher, wenn sie sie haben wollen müssen sie herkommen"), Geldmacherei ("und x€ Gebühr bezahlen") oder falsche Einsparung ("das Digitalisieren kostet aber x€, das sparen wir").
Das alles dürfte in den jeweiligen Vorstandsetagen auch eine Rolle spielen, unbenommen. Das größte und umfassendste Problem aber dürfte sein, daß es wenig bis kein Bewußtsein dafür gibt das auch ein olles Stück Papier von 1325 ein wichtiges Stück unserer Kulturgeschichte ist; und selbst wenn das nur 3 Leute auf der Welt zu schätzen und zu lesen wissen, es wichtig ist, daß die jederzeit darüber verfügen können.
Auch das aktuelle Kölner Desaster wird daran nichts ändern: Ich las im Stern und im Spiegel längere Berichte über das Ereignis und deren Zielrichtung ist nur die Schuldigen herauszubekommen und irgendwem die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Da ist dann viel die Rede davon, daß die U-Bahn X Millionen Euro teurer als geplant wurde, aber keine Rede davon, warum die X Millionen besser in eine Digitalisierung investiert worden wären.
Umso wichtiger ist daher die Lobbyarbeit von WM-DE: Ein Bewußtsein für die Genialität des Gedankens zu schaffen, daß Wissen frei sein muß, ist offenbar uns überlassen; Politik, Wirtschaft und Medien scheinen das nicht hinzubekommen ;)
Wo du aber vollkommen recht hast ist das wir die Füße stillhalten sollten. Wir haben weder die Manpower, noch die Maschinen, die Mittel oder das Wissen um jetzt zu helfen.
S.o.: Wir können Lobbyarbeit machen und Bewußtsein schaffen. Im konkreten Fall können wir nicht viel tun.
Viele Grüße
Henriette
Henriette Fiebig schrieb:
S.o.: Wir können Lobbyarbeit machen und Bewußtsein schaffen. Im konkreten Fall können wir nicht viel tun.
Als an Wikisource aktivem Mitarbeiter, kann ich da nur zustimmen. Lobby-Arbeit müssen und sollten wir in Zukunft mehr machen. Bei solchen Dingen ist Wikisource schlicht (noch) zu klein und hat zu wenig fachkundige Mitarbeiter. Ich bin da auch nur ein wackerer Laie. Im Klartext: * Wikisource hat etwa 3-4 Leute die Handschriften wirklich lesen können. Wahrscheinlich nur einen der wirklich mittelalterliche Handschriften lesen und vernünftig edieren kann. Aber beim Mittelalter bleibt es nicht. Wenn ich es recht sehe, gibt es dort Bestände (wie in jedem Archiv) vom frühen MA bis zur Neuzeit. Und für jeden Zeitabschnitt braucht es Fachleute die diese edieren können. Eine (früh)neuzeitliche Handschrift wie zB http://de.wikisource.org/wiki/Bemerkungen_%C3%BCber_den_Feldzug_gegen_Ru%C3%... http://de.wikisource.org/wiki/Bemerkungen_%C3%BCber_den_Feldzug_gegen_Ru%C3%9Fland_in_den_Jahren_1812_und_1813 stellt komplett andere Anforderungen als der Codex Manesse, Bsp: http://de.wikisource.org/wiki/Under_der_linden_(Codex_Manesse) http://de.wikisource.org/wiki/Under_der_linden_%28Codex_Manesse%29. * Wir haben vll. 2-3 Mitarbeiter die sich mit der Edition wissenschaftlicher Ausgaben wirklich auskennen bzw. solche schon mal vorgenommen haben. Alles andere wäre bei den Beständen eines Archivs wie Köln auch völlig sinnfrei. * Die Massen an Dokumenten wären alleine von der Anzahl an Mitarbeitern nicht zu stemmen, selbst wenn alle sich mit dem jeweiligen Thema auskennen würden. *Selbst Bücher und Zeitschriften aus dem 19. und 20. Jh. werfen bezüglich einer Neu-Edition bei Wikisource vielerlei Fragen auf. Als Bsp. nur die Editionsrichtlinien der ADB: http://de.wikisource.org/wiki/ADB. Man stelle sich solches nur anhand der wahrscheinlich sehr heterogenen Bestände aus Köln oder irgendeinem anderen Archiv vor.
Mein Fazit für Wikisource: Wir bleiben bei unseren Leisten und edieren vorrangig Bücher, Flugschriften und Einbalttdrucke vom 15. bis zum 20 Jh. Insbesondere aus dem 19. Jh sind auch einige Editionen von Handschriften und älteren Texten dabei. Und nur hin und wieder mal eine Handschrift oder ähnlich schwierige Sachen. Alles andere überfordert Wikisource und würde das Projekt nur lächerlich machen.
Mein Fazit für den Verein: Keine Pressemittelung oder ähnliches zum aktuellen Ereignis, ist wohl eh zu spät. Aber bei Gelegenheit auf die Wichtigkeit von Digitalisaten hinweisen und natürlich gern auch einen Verweis auf Wikisource, das einen kleinen Beitrag für die Bewahrung und Zugänglichmachung von Kulturgut leistet.
Gruß
Michail
Guten Abend, liebe Henriette,
danke für Deine interessanten und kundigen Einlassungen. Habe eine Menge dazugelernt. KULTUR (so machte mir neulich jemand klar) kommt ursprünglich von KULT (also im Prinzip von Verehrung). Da ist ja wohl z. Zt. nicht viel von übriggeblieben... Der Begriff ist so kaugummiartig in die Breite gezogen worden, daß bei entsprechenden Interpretationsweisen irgendwie alles darunter fallen könnte. Womöglich wollen die Anbieter von Kriegsspielzeug (Ladenkette "WARHAMMER", gibt’s in Berlin im Souterrain des Europa-Centers, gleich neben einem Waffenladen) ihr Zeugs auch darunter eingeordnet haben.
Worauf ich hinaus möchte ist: wir alle sollten uns aktivieren in Richtung Bewahren anstatt Zerstören. Wir sind immerhin der drittgrößte Waffenexporteur, leider. Übrigens: auch in Berlin gab es einem Schaden an Kulturgut durch Bau einer U-Bahn, welche keiner braucht (die sogenannte Kanzler-Bahn). Es war das Brandenburger Tor, welches einen Riß bekam. Wurde aber so vertuscht, daß es (fast) keiner mitbekam. Schnell kam ein Baugerüst darüber, vollständig mit Werbeplanen bestückt. Darunter wurde dann eine "Renovierung" betrieben.
************
Noch etwas anderes:
Könntest Du behilflich sein eine Autorin einzutragen? Sie schreibt spirituelle Bücher, ist Heilpraktikerin, war auch Journalistin beim RIAS und SFB in Berlin. Etwa 10 Tsd. Bücher von ihr sind verkauft worden. Sie ist also kein Neuling. Es ging um Bach-Blüten-Therapie, Engel, Frauen-Spiritualität.
Danke nochmals für Deine Ausführungen und Deinen Einsatz.
Beste Grüße
Hans P. Deutsch 13465 Berlin Fon: 030 - 89 222 11 Fax: 030 - 89 222 10
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: vereinde-l-bounces@lists.wikimedia.org [mailto:vereinde-l-bounces@lists.wikimedia.org] Im Auftrag von Henriette Fiebig Gesendet: Sonntag, 15. März 2009 09:28 An: Mailingliste des Wikimedia Deutschland e.V. / mailing list of the GermanWikimedia association Betreff: Re: [VereinDE-l] Einsturz des historische Archivs Köln - Reaktion von Wikimedia
On 14.03.2009, at 17:43, DaB. wrote:
Hallo, Am Saturday 14 March 2009 02:21:52 schrieb Henriette Fiebig:
und ich kann tatsächlich nachvollziehen warum die Archivare und Handschriftenforscher so lang zögerlich waren mit den Digitalisierungen.
alles Andere in deinem Post kann ich mehr oder weniger nachvollziehen aber das nicht. Die Originale wären durch das Digitalisieren ja nicht schlechter geworden - im Gegenteil.
Hi,
ich wollte das nicht länger ausführen, weil Mail sowieso schon ungebührlich lang war ;) Aber ich schiebe das gern nach :)
Die Originale wären durch das Digitalisieren tatsächlich nicht schlechter geworden (bei sachgemäßer Handhabung natürlich nur), vollkommen korrekt! Allerdings muß man für eine vernünftige Digitalisierung von solch' riesigen Beständen wie dem Archiv in Köln supergrob aufgestellt folgendes bedenken:
1. einen Projektplan mit welchen Handschriften man beginnen will – wir reden hier immerhin über ein paar Jahre Arbeit und natürlich würde sofort die Frage aufkommen, warum Handschrift X im Jahr 2009 gescannt werden soll und Akte Y bis 2012 der Gefahr ausgeliefert sein, zu verbrennen/in einen Keller zu stürzen/von Mäusen zernagt zu werden (und was dergleichen grauenvolle Dinge mehr drohen können). Das heißt dann allerdings auch, daß die Archivare überhaupt erstmal eine Liste oder ein Ranking erstellen müssen wie wertvoll/erhaltenswert etwas ist und wie der Erhaltungszustand ist. 2. Geld – jeder weiß: Das ist das größte Problem, denn ein paar Millionen Euro für eine U-Bahn versteht jeder Bürger (schließlich will jeder täglich von Ort X nach Ort Y); ein paar Millionen für olles Papier, daß sowieso nur von drei Eierköpfen aus der Forschung gelesen werden kann und benutzt werden darf, das verstehen dann nur sieben Eierköpfe ;) Ihr alle seht die Diskussion doch schon vor euch: Die verläuft an der Frontlinie „Kinderspielplätze sind viel wichtiger“ bis hin zu „Kommunalgebäude XY braucht neue Toiletten“. Personal braucht man natürlich auch und so mau wie es in den entsprechenden Studiengängen aussieht, wird man schnell ein Problem mit entsprechend geschulten Leuten bekommen. 3. Speicherproblem bzw. Erhaltung der Digitalisate – Daten einmal digitalisiert ist ja schön, nur muß man dann auch dafür sorgen, daß die Daten auch in 500 Jahren noch lesbar sind. Das führt uns zu einem Backup-Problem, denn man muß die Daten nicht nur regelmäßig umkopieren, sondern auch dafür sorgen, daß immer die Technik (Hard-/ Software) am Start ist mit der die Daten lesbar sind. Da ist eine mittelalterliche Handschrift übrigens ein perfektes Speichermedium: Die kann ich auch nach 1000 Jahren noch lesen – mit einer Diskette von vor 15 Jahren habe ich jetzt schon massive Probleme ;) 4. natürlicher Konservativismus von Archivaren/Bibliothekaren – geht ungefähr so: „1000 Jahre hat die Original-Handschrift gereicht. Wieso sollen wir jetzt Hopplahopp irgendwelchen verrückten Technik-Freaks mit ihren Versprechungen der modernen Medien glauben?“
Vermutlich hätte für den Großteil der Forscher und Laien das Digitalisat vollständig ausgereicht (und sei es nur zum Vor-Sichten bevor man zu den Orginalen reist um diese einzusehen).
Das hätte jede Menge Umweltschäden eingespart (weniger Reisen), hätte den Bücher gut getan (weniger angefasst)
Da wird Dir ein echter Hardcore-Bibliothekar mit Sicherheit antworten, daß die Verfügbarkeit von digitalisierten Handschriften/Aktenstücken nur die Begehrlichkeiten der Forscher und Laien erhöht und sie dann die Bude voll haben mit Leuten, die das alle lesen wollen. Die billigste und beste Konservierungsmethode ist immer noch die Nutzer nicht an die Bücher zu lassen ;)
und vor allem häte man jetzt noch wenigstens etwas wo das Orginal weg ist (es soll ja zum Glück noch Mikrofilme geben) statts nun Forscher in aller Welt anzufragen ob sie (schlechte) Analogkopien haben.
Sehr richtig. Nur hilft eine Argumentation a la „hättet ihr mal schon vor 10 Jahren …" in so einem Fall natürlich überhaupt nicht. Letztendlich wird jetzt noch zwei Wochen das Geheule groß sein das die Handschriften vernichtet sind und in drei Wochen wollen alle Geld für einen Flughafen-Ausbau. Für Kultur und kulturgeschichtlich wertvolle Dinge gibts kein Geld; das ist so. Es sei denn natürlich man kann damit hinterher wieder Geld verdienen …
Ich vermute das Ganze war entweder wieder ein Fall von falschen Besitzdenken ("wir haben diese seltenen Bücher, wenn sie sie haben wollen müssen sie herkommen"), Geldmacherei ("und x€ Gebühr bezahlen") oder falsche Einsparung ("das Digitalisieren kostet aber x€, das sparen wir").
Das alles dürfte in den jeweiligen Vorstandsetagen auch eine Rolle spielen, unbenommen. Das größte und umfassendste Problem aber dürfte sein, daß es wenig bis kein Bewußtsein dafür gibt das auch ein olles Stück Papier von 1325 ein wichtiges Stück unserer Kulturgeschichte ist; und selbst wenn das nur 3 Leute auf der Welt zu schätzen und zu lesen wissen, es wichtig ist, daß die jederzeit darüber verfügen können.
Auch das aktuelle Kölner Desaster wird daran nichts ändern: Ich las im Stern und im Spiegel längere Berichte über das Ereignis und deren Zielrichtung ist nur die Schuldigen herauszubekommen und irgendwem die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Da ist dann viel die Rede davon, daß die U-Bahn X Millionen Euro teurer als geplant wurde, aber keine Rede davon, warum die X Millionen besser in eine Digitalisierung investiert worden wären.
Umso wichtiger ist daher die Lobbyarbeit von WM-DE: Ein Bewußtsein für die Genialität des Gedankens zu schaffen, daß Wissen frei sein muß, ist offenbar uns überlassen; Politik, Wirtschaft und Medien scheinen das nicht hinzubekommen ;)
Wo du aber vollkommen recht hast ist das wir die Füße stillhalten sollten. Wir haben weder die Manpower, noch die Maschinen, die Mittel oder das Wissen um jetzt zu helfen.
S.o.: Wir können Lobbyarbeit machen und Bewußtsein schaffen. Im konkreten Fall können wir nicht viel tun.
Viele Grüße
Henriette _______________________________________________ VereinDE-l mailing list VereinDE-l@lists.wikimedia.org https://lists.wikimedia.org/mailman/listinfo/vereinde-l
vereinde-l@lists.wikimedia.org