Hallo Jürgen!
TL;DR: Die Einführung des VisualEditors bietet die einmalige Chance, mit
gezieltem Anwerben die Autorenbasis zu _vervielfachen_. Kann aus der Geschäftsstelle eine solche Kampagne organisiert werden?
Wir sollten bitte auch daran denken, ob unsere kleine Community für eine solche Kampagne überhaupt bereit wäre? Eingangskontrolle, QS, VM und Sichter arbeiten jetzt schon an der Belastungsgrenze. Wenn nun auf einmal sehr, sehr viele Anfängeredits zu verarbeiten wären, würde das wahrscheinlich die Kapazität bei weitem überschreiten.
Februar, März, April und Mai 2004 waren in der deutschen Wikipedia die Hölle. SPON, Tagesthemen und der Spiegel hatten zum ersten Mal über uns berichtet und Massen ahnungsloser Neugieriger strömten in das Projekt, um auszuprobieren, ob das mit dem Bearbeiten von Artikeln tatsächlich so einfach geht. Keiner von ihnen scherte sich um "Was Wikipedia nicht ist", viele hinterließen Zeichenmüll in Artikeln oder legten neue zu völlig abwegigen Themen an. Die Zahl der Löschkandidaten explodierte und wir waren unsicher, ob das Projekt nicht komplett überrannt und von einer Enzyklopädie zu einem Alles-geht-Wiki werden würde. Es war die schönste, aufregendste Zeit, die ich in der Wikipedia erlebt habe. Ich wünsche mir, dass genau so etwas noch einmal passiert.
Das Backlog in den von Dir genannten Bereichen bekommen wir notfalls später abgearbeitet. Auch bin ich sicher, dass wir über eine beachtliche stille Reserve an Leuten verfügen, die dort wieder aktiv werden, wenn's brennt.
Diejenigen Autoren, die den neuen Editor ausprobieren möchten, werden sowieso kommen.
Dieses Argument habe ich in anderer Form schon sehr oft von sehr vielen Leuten in der Community gehört, aber noch nie verstanden. "Wer wirklich an der Wikipedia mitarbeiten will, der wird auch die Syntax lernen." "Wer auf ein Problem in einem Artikel hinweisen will, der wird auch die Diskussionsseite finden und bearbeiten." "Wer sich dauerhaft im Projekt engagieren möchte, der wird auch mit dem rauen Umgangston klar kommen." Und andersherum: "Wer das alles nicht auf sich nimmt, der ist per Definition nicht für das Projekt geeignet, den brauchen wir hier nicht."
Warum sollte das alles so sein? Es gibt viele Hobbys, die ebenso befriedigend sein können, wie die Mitarbeit an einer Online-Enzyklopädie - und mit diesen konkurrieren wir um die freie Zeit potentieller Mitarbeiter. Wir müssen dafür sorgen, dass das Projekt auch für Leute attraktiv ist, die einfach nur kurz einen Artikel verbessern wollen (... in dem Wissen und der Hoffnung, dass einige nicht mehr davon loskommen werden...).
Wie sollte der Durchschnittsleser überhaupt mitbekommen, dass er nun viel einfacher mitarbeiten kann, wenn wir ihn nicht aktiv darauf aufmerksam machen?
Es war ziemlich aufwendig, deutsche Tutorials zu erstellen. Wenn es ein neues geben sollte, wäre es sinnvoll, es in der gleichen Machart herstellen zu lassen:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Commons:Wikimedia_Deutschland_Screencasts...
Die sind gut gemacht, ja. Wissen wir, wie oft die Videos aufgerufen wurden? Gibt es Rückmeldungen der Nutzer? (Manche der Screencasts sind übrigens eine schöne Dokumentation dafür, wie nutzerfeindlich das aktuelle Interface ist. Wir sollten sie zur allgemeinen Belustigung bei der Wikimania 2022 aufführen.)
Nur noch mal zur Sicherheit: Mir geht es nicht um einen einzelnen Screencast und auch nicht um das Banner. Ich möchte, dass wir eine konzertierte Kampagne zur Gewinnung neuer Autoren fahren, auf allen Kanälen und mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen.
Viele Grüße Kurt