2014-05-27 20:38 GMT+02:00 Martin Kraft martin.kraft@gmx.de:
Im unserem Fall muss der Beweis nun erbracht werden, dass der Verein in der
Lage ist einen Übergang von einem Vorstand zum nächsten ohne Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit und der vom Verein als Gegenleistung für die Mittelzuwendung zu erzielenden Ergebnisse durchzuführen.
Warum sollte dieser Beweis erst noch erbracht werden müssen? Gab es bei WMDE nicht schon etliche Vorstandswechsel? (Wenn ich richtig informiert bin, hattest Du selbst doch sogar schon dieses Amt inne)
Es gab noch keinen Wechsel eines hauptamtlichen Vorstands. Es gab bisher drei Personen, die als Geschäftsführer ohne Organstellung tätig waren (Arne Klempert, ich und Pavel Richter, in Reihenfolge), und es gab einen hauptamtlichen Vorstand: Pavel Richter, bestellt im November 2011 für eine Amszeit von vier Jahren.
Ist das Amt des Vorstands nicht von seiner Natur aus ein politisches und damit (per definitionem) einem ständigen Wechsel unterworfen?
Nein, wie kommst du darauf? Der Vorstand des Vereins wird für eine feste Amtszeit von bis zu 5 Jahren bestellt. Der Dienstvertrag ist in der Zeit nur aus wichtigem Grund kündbar, also gerade nicht, weil man unterschiedlicher (politischer?) Ansichten ist.
Und ist nicht gerade der Wechsel in Führungspostionen das entscheidende Wesensmerkmal einer demokratisch organisierten Institution?
Das entscheidene Wesensmerkmal einer demokratisch organisierten Institution würde ich primär in möglichst umfassender, gleichberechtigter Beteiligung bei Entscheidungsfindungen sehen. Es ist auch nicht so, als ob es nicht vorgesehen ist, dass es Wechsel im Vorstandsamt gibt, daher ja auch die bewusste Regelung einer maximalen Amtsdauer, die freilich verlängert werden kann. Gleichwohl sollen solche Wechsel gut vorbereitet und mit Bedacht durchgeführt werden. Vorgesehen waren bei Pavel 12 Monate: laut seinem Vertrag hätte sich das Präsidium etwa zum Ende diesen Jahres entscheiden müssen, ob sie den Vertrag verlängern oder eine neue Ausschreibung durchführen sollen. Im Jahr 2015 wäre dann bis zum Jahresende Zeit gewesen, sich über die Erwartungen aller zu beteiligenden Gruppen Klarheit zu verschaffen, eine Suche zu starten, geeignete Kandidaten zu finden und einen geordneten Übergang von altem zu neuem Vorstand sicherzustellen.
P.S.: Ich bin mir bewusst, dass ich mit dieser Sache wahrscheinlich gleich das nächste Minenfeld betrete. Aber meines Erachtens können solche Drohung nicht unwidersprochen im Raum stehen bleiben, weil sich sonst der Eindruck verfestigt man können mit entsprechendem finanziellen Druck über die Köpfe der gewählten Gremien hinweg die Vereinspolitik beeinflussen. Und das wäre etwas was unseren Vereinszielen in der Öffentlichkeit genauso, wie in der Community tatsächlich schaden würde.
Für Minenfelder hast du ein Gespür. Unabhängig davon: natürlich müssen Entscheidungen, auch demokratisch legitimierte, Rücksicht auf die tatsächlichen Fähigkeit des Vereins nehmen, seine Ziele zu erfüllen. Ein Beschluss, der dazu führt, dass dem Verein die nötigen Ressourcen fehlen, um seine Mission zu erfüllen, wird nicht dadurch verantwortungsvoller, dass er demokratisch gefasst wurde. Weder der Verein noch seine Gremien arbeiten im abgeschlossenen Vakuum. Es gibt tatsächliche Abhängigkeiten, die man nicht einfach so ignorieren kann.
Ich persönlich vermisse zudem übrigens schon länger ein gewisses Maß an Demut beim Umgang mit den Spendengelder. Ideell gesehen sind diese nämlich weder das Eigentum der WMF noch das der Chapter, sondern Spenden die direkt dem freien Wissen zufließen sollten und von diesen Institutionen nur treuhänderisch veraltet werden. Unsere Spender spenden nicht für irgendeinen Verein oder irgendeine amerikanische Stiftung, sondern für das freie Wissen im Allgemeinen und die Wikipedia im Besonderen. Und da erscheint es mir geradezu paradox ausgerechnet dann mit dem zudrehen des Spendenhahns zu drohen, wenn ein Präsidium es zu seinem Ziel erklärt, dass wieder mehr unserer Mittel und Energie dort ankommen, wo tatsächlich freies Wissen entsteht: In der Community!
Die vielen Fehler in dieser Logik wurden auf dieser Mailingliste schon mehrfach dargestellt. Die Tatsache, dass der freie Zugang zu Wissen und Bildung für jedermann nicht allein dadurch entsteht, dass sich im Internet eine engagierte Community bildet, wird nicht dadurch widerlegt, dass man immer wieder das Gegenteil behauptet.
Beste Grüße Sebastian Moleski