Danke, dass sich mit Michael Jahn ein Mitarbeiter geäußert hat. Ich war von einigen Tönen dieser Diskussion hier auch ein wenig irritiert.
Ich habe als Präsidiumsmitglied vollstes Vertrauen darin, dass auch Vereinsmitglieder, die als Mitarbeiter des Vereines arbeiten, in ihrem Abstimmungsverhalten das Wohl des Vereines, so wie sie es individuell sehen, im Auge haben. Und wenn diese anders sind als meine dann gilt da der gleiche Respekt wie bei allen anderen Mitgliedern. - Wobei zugegebenermaßen einige Formen der Meinungsäußerungen von Vereinsmitgliedern am Samstag mich in ihrer manipulativen Wortgewalt ein wenig irritiert haben, aber für einige gehört das wohl zur Folklore einer MV. Von den GS-Mitarbeitern unter den Mitgliedern habe ich bei aller Leidenschaft nichts dergleichen verspürt. Deren Emotionalität war immer mit einer Sachlichkeit unterlegt, der ich aufmerksam zugehört habe.
Als Präsidiumsmitglied ist es für mich auch wichtig wahrzunehmen, wenn aus dem Kreis dieser Gruppe von Vereinsmitgliedern Besorgnis geäußert wird, denn all die "Mitarbeiter-Vereinsmitglieder" haben naturgemäß einen nahen Einblick in die Bereiche, in denen sie aktiv sind als Arbeitnehmer und auch eine gewisse Nahbetrachtung des Vereines aus Sicht der Geschäftsstelle. Niemand ist frei von Betriebsblindheit, aber eine Unterstellung irgendwelcher Verschwörungen ist mir allerdings immer ein wenig anstrengend - nur weil eine Gruppe von Menschen in einer gewissen Phase gemeinsam beunruhigt ist, sollte man daraus nicht auf irgendwelche Dummheiten schliessen, sondern diese Beunruhigung individuell und in ihrer Gesamtheit ernstnehmen.
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Das Präsidium hat eine Entscheidung getroffen, die bei einigen in und um die aktiven Bereiche des Vereines nicht beliebt war. Einen Beliebtheitswettbewerb kann man als Präsidium eines großen Vereines sowieso nicht gewinnen, wenn man seine Arbeit auch in kritischen Bereichen ernstnimmt.
Ich persönlich kann dann damit leben, dass es auf einer MV zu einer stark stimmungsbezogenen Nicht-Entlastung kam, auch wenn man feststellen muss, dass es auf dieser MV durch diesen wichtigen TOP zu einem umfassenden Bericht über Sonstiges aus der Präsidiumsarbeit nicht kommen konnte, bzw. das Interesse gering war, hierüber zu sprechen (z.B. über das durchaus auch wichtige FFW-Verfahren, das kurz vorgestellt wurde und auch in seinen letzten Schritten vor der Umsetzung ist. Ich hätte mich gefreut darüber noch mehr sagen zu können, als es bereits durch das Präsidiumsmitglied Jürgen Friedrich in der Vorstellung geschehen ist.) Wir hatten dann zwar am Offenen Sonntag (OS) eine Session zum Thema FFW, aber der OS gehört natürlich offiziell nicht zur MV. Für einen Verein mit so vielfältigen Betätigungsfeldern ist es in Zukunft vielleicht sowieso besser, hier ein ausführlicheres Berichtswesen auch auf bzw. rund um die MV zu etablieren. Die kurze Zeit, die während einer MV zur Verfügung steht ist eh schon knapp bemessen und wenn ein intensives Thema die MV beherrscht, kommt so einiges zu kurz, was auch seinen Platz haben sollte. Ich halte das nun bereits einige Male praktizierte Barcamp/Offener Sonntag für eine gute Möglichkeit interessierten Mitgliedern innerhalb eines Wochenendes einen Einblick in und eine Beteiligungsmöglichkeit an der Arbeit des Vereines zu verschaffen. Ich hoffe, dass der beschlossene Governance Review dies am Rande irgendwie mitbehandeln kann.
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Aktuell bedeutet das, dass das Präsidium genau zuhört, wenn gerade Mitarbeiter ihre Anmerkungen für den bevorstehenden Wandel machen. Sie sind ebenso oder sogar noch mehr für die Stabilität des Vereines mitverantwortlich, wie es der scheidende Vorstand in der vereinbarten Interimsphase ist. Der Governance Review, in dem alle wichtigen Stakeholder eingebunden sind, wird sein übriges dazu leisten. Auch vom Präsidium abweichende Sichtweisen hinsichtlich der Beurteilung der Chancen einer zukünftigen Umsetzung der Strategie durch den scheidenden Vorstand sind in ihren Details ein wichtiger Input für das Präsidium in diesem Transition Process. Die Welt ist nicht schwarz/weiss und es gibt sicher die ein oder andere Eigenschaft/Fähigkeit des scheidenden Vorstandes, die auch ein neuer Vorstand mitbringen sollte/könnte/müsste.
Wenn sich in Zukunft die Herausforderung grundlegend unterschiedlicher Interessen tatsächlich klar darstellen sollte, kann der Verein auch dies in seiner kommenden Entwicklung berücksichtigen. Greenpeace hat vorgemacht, wie man unterschiedliche Stakeholder ausgeglichen in die Kontrolle des Vereines einbinden kann. Ich bin mir aber nicht sicher, ob eine Entwicklung wie bei Greenpeace für unseren Verein mit einer starken Basisorientierung der richtige ist. Der Governance Review sollte hier auch genutzt werden, über den Tellerrand zu schauen und gemäß unser speziellen Bedürfnisse das Modell von Strategie, Umsetzung und Aufsicht weiterzuentwickeln. Wir wollen schliesslich nicht morgen von einer Gruppe von OpenGLAM-Aktivisten gehijackt werden, die, angeführt von drei verschworenen Museumsdirektoren, unsere MV dominieren und die Wikimedianer zur Sklavenarbeit in ihren Museen verpflichten, damit die dringend notwendige Digitalisierung des Kulturellen Erbes vorankommt. Freiwillig finde ich das aber total wichtig - auch für diesen Verein. https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:GLAM ;)
Beste Grüsse
Jens Best
Am 26. Mai 2014 19:04 schrieb Martin Kraft martin.kraft@gmx.de:
Am 26.05.2014 17:13, schrieb Kurt Jansson:
Und deswegen sind Mitspracherechte der Mitarbeiter in einem Unternehmen
kein Problem, bei einem gemeinnützigen Verein hingegen schon?!
Ich find's schon ziemlich erstaunlich, wie selbstverständlich nicht nur hier der Verein und die Geschäftsstelle gleichgesetzt werden?! Das erklärt zwar einige der hier und am Samstag geäußerten Argumente, sowie manche Entwicklungen der Vergangenheit, ist meines Erachtens aber grundfalsch!
Bei allem Respekt vor den Mitarbeitern der Geschäftsstelle:
- Die Geschäftsstelle ist nicht Wikimedia Deutschland, sondern „nur“ eine
von Wikimedia Deutschland zur Unterstützung des Vereinsziels ins Leben gerufene Institution. Die Geschäftsstelle wird in unserer Satzung nicht mal erwähnt.
- Wikimedia Deutschland ist kein Unternehmen, dass Mitarbeiter zum Zwecke
der Wertschöpfung einstellt, sondern in allererster Linie ein Verein, dessen „Wertschöpfung“ durch Freiwillige geschieht, denen die Mitarbeiter administrativ den Rücken freihalten sollen.
- Wikimedia Deutschland unterliegt als Arbeitgeber denselben Gesetzen wie
andere Arbeitgeber auch. Ich ermuntere die Mitarbeiter von WMDE daher ausdrücklich ihre Arbeitnehmerrechte wahrzunehmen und z.B. einen Betriebsrat zu gründen (falls es den nicht schon gibt). Im Gegensatz zur Mitgliederversammlung des Vereins ist das nämlich die Institution, die Gesetzgeber zur Stärkung ihrer Interessen vorgesehen hat.
- Das Ziel von WMDE ist es nicht, Umsatz zu machen (= massenweise Spenden
einzusammeln) oder personell zu wachsen (Mitarbeiterentwicklung vs. Autorenentwicklung), sondern freies Wissen zu schaffen. Ersteres kann bei Letzterem helfen, aber ohne Letzteres ist Ersteres nichts.
Am 26.05.2014 16:36, schrieb Kurt Jansson:
Ich arbeite in einem Unternehmen, das sogar zu über 50% den Mitarbeitern gehört, die damit also maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung haben.
Ich glaube kaum, dass man den Spiegel als gemeinnützig bezeichnen kann?!
Am 26.05.2014 17:13, schrieb Kurt Jansson:
Hinzukommt, dass unsere Art der MV nur bei dieser Mitgleidergruppe ein so
eklatantes Missverhältnis, zwischen dem Anteil an der Gesamtzahl der Mitglieder (< 1%) und dem Anteil an den bei der MV anwesenden Stimmberechtigten (>10%) erzeugt.
Ich würde den (freilich unpopulären) Vergleich ziehen, dass das für Wikipedianer auch gilt. Nur eine Minderheit unserer Mitglieder sind aktive Wikipedianer. Auf den MVs sind sie aber sehr stark vertreten. Dass dominierende Minderheiten in unrepräsentativen Gremien unrepräsentative Beschlüsse herbeiführen können, liegt halt in der Natur der Sache.
Nicht in der Natur der Sache liegt jedoch, dass man als Mitglied in einem gemeinnützigen Verein direkten Einfluss auf sein eigenes berufliches Wohl und Wehe ausüben kann. Das, was Du beschreibst, ist Interesse und Engagement, das, was ich beschreibe, ein Interessenkonflikt.
Am 26.05.2014 13:47, schrieb Sebastian Moleski:
Ob das nun formell über Betriebsräte oder Arbeitnehmervertreter in
Aufsichtsgremien oder informell über Mitarbeiter auf der MV oder in anderen Vereinsgremien passiert, ist da nebensächlich.
Nein, das ist nicht nebensächlich, sondern der entscheidende Unterschied. Gerade dass die Angestellte als Mitglieder des Vereins auch einen erheblichen Einfluss als Arbeitgeber ausüben führt ja zu diesem Interessenkonflikt. Ein Betriebsrat könnte niemals eigenmächtig eine Unternehmen liquidieren oder den kompletten Aufsichtsrat(=Präsidium) austauschen, eine Mitgliederversammlung auf der neben den angestellten Mitgliedern kaum jemand auftaucht könnte das.
Nur um das nochmal klarzustellen: Ich unterstelle keinem der GS-Mitarbeiter irgendwelche finsteren Absichten, aber die Interessen eines Angestellten sind nun-mal Andere als die des zugehörigen Arbeitnehmers. Und eine Konstellation wie wir sie gerade haben (geringe MV-Beteiligung anderer Mitglieder, hohe Präsenz der Angestellten) verführt geradezu dazu, in schwierigen Situationen das Zünglein an der Wage zu spielen.
// Martin
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