Hallo Achim,
den Wunsch nach schneller unbürokratischer Mittelvergabe verstehe ich. Wir werden ihm dennoch langfristig nicht ganz entsprechen können. Du kannst keinen Verein aufmachen, in dem Du den Spendern erzählst, dass hier rasch nach Sicht von wem? dem Geschäftsführer/Vorstand? dem Aufsichtsratsvorsitzenden? - entschieden wird. Du kommst hin, sagst, "morgen brauche ich 10.000 Euro", der sagt klar, Kontonummer und gebongt.
Mein Modell verändert nicht die Struktur der Machtballance - es hat exakt dieselben Institutionen, wie das von Herrn Brexl vorgeschlagene in derselben Aufgabenverteilung. Hier ist nur gesagt: Der Aufsichtsrat holt bei Projekten ein Gutachten ein und stellt sich diesem Gutachten - er kann ihm folgen oder es verwerfen. Du erhältst das Gutachten und eine Entscheidungsbegründung - ging man ungerecht mit Dir um, hast Du danach was in der Hand, was solider ist als ein Nein am Telefon, auf das Du Dich nicht beziehen kannst. Für bestimmte Projekte werden wir zudem interne doch offene Debatten brauchen. Pavel bat mich auf dem ersten Treffen der AGV, ich möge doch eine Zedler-Debeatte lostreten, dann könne er an das Re-Design denken. Ich schüttelte meinen Kopf, da das kein klares Verfahren ist - allenfalls eines, bei dem ich mich in eine Schusslinie bringe.
Unsere Geldgeber werden beides verlangen: klare Entscheidungsprozesse zuvor, Evaluationen danach. Unser Verein wird, nebenbei, explodieren, wenn der Eindruck aufkommen sollte, Du könnest gegenwärtig bei tollen Projekten und Deinem guten Draht zum Vorstand mal eben die beliebige Unterstützung bekommen und andere, weniger Beliebte eben nicht.
Wie schnell die Gutachter sich ansehen, was Du machen willst - das hängt davon ab, wie effizient wir ihr Gremium machen. Meinetwegen kann es Dinge geben, die sie nach Sicht per e-mail gegenüber dem Vorstand begutachten, der dann seine Entscheidung fällt und Dir ihr Gutachten und seine Entscheidung schriftlich zukommen lässt. Bei anderen Dingen wird man ein paar Wochen Vereins-interne Einspruchsfrist einfordern. Du weißt, wie das mit Stuttgart 21 lief. Es ist besser man hat vorher einen Prozess des transparenten Einspruchs als nachher massiven Ärger.
Gruß, Olaf
Achim Raschka schrieb:
Hallo Olaf,
ich habe deinen Vorschlag noch nicht ganz gelesen und mich entsprechend noch nicht wirklich analytisch mit ihm beschäftigt. Vielleicht - da es zu der von dir hier gegebenen Antwort ganz gut passt, kannst du mir allerdings trotzdem bereits jetzt helfen, ein Bauchgrummeln zu mindern:
In deinem Vorschlag ist mit dem Gutachtergremium und der Communitybeteiligung ein ziemlich fetter Block weiterer Instanz neben die von der AG gestellte Struktur aufgebaut, die zum einen vorraussetzt, dass sich die Community an den Entscheidungsprozessen beteiligt bzw. beteiligen möchte (ich erinnere, dass wir in den letzten Jahren ganz bewusst und begründet den Verein aus der WP rausgehalten haben) und zum anderen einen für mich auf den ersten und auch zweiten und dritten Blick ein deutliches mehr an Bürokratie aufbaut.
Mein Problem damit: Wie kann in einer solchen sehr bürokratischen und bürokratisierten Struktur mit etlichen parallelen Ebenen und gegenseitigem Kontrollieren und Wechselwirken bei jedem einzelnen Schritt, eine Flexibilität und Spontanität der Projektgestaltung gewährleistet sein, die bei einem Verein, der auf einer Community mit den Grundwerten AGF, "Sei mutig" und "Ignoriere alle Regeln" imho zentral ist (und die auch für mein Tun maximale Priorität haben). Wie würde sich bsp. in einer solchen Struktur eine spontane Idee wie das Projekt Wissenswert, die Kooperation mit der DZB oder eine Anfrage nach einer Bilderkooperation, wie ich sie gerade mit der Nobelpreisträgertagung in Lindau organisiere, bewerkstelligen lassen, wenn dafür nicht eine flexible Position für das operative Geschäft (Vorstand, GS) schnell entscheiden kann sondern jedesmal erst der gesamte Gutachterapparat mit Communityfeedback angeschmissen und das Projekt grundsätzlich durchdiskutiert (und geschlammschlagt) werden muss - werden wir dann in Zukunft auf diese Art von Projekten verzichten müssen?
Über eine verständliche, direkte und möglichst knappe Antwort wäre ich sehr glücklich, würde mir bei meiner Bewertung des Strukturvorschlags sehr helfen.
Gruß, Achim
(as usual als Community- und Vereinsmitglied)
-------- Original-Nachricht --------
Datum: Mon, 20 Dec 2010 14:37:50 +0100 Von: Olaf Simons olaf.simons@pierre-marteau.com An: "Mailingliste des Wikimedia Deutschland e. V. / mailing list of Wikimedia Deutschland e. V." vereinde-l@lists.wikimedia.org Betreff: Re: [VereinDE-l] Offene Ankündigung der Gegenkandidatur
Na ja Robert,
das heißt, Du stimmst mir zu, dass Schlammschlachten eine ungute Form der Diskussion sind (willst sagen: von Dir aus sind sie gar keine Diskussion), eine Form der Kontroverse, die wir aus dem Entscheidungsprozess heraus halten sollten. Ich frage mich, wie wir das machen wollen. Mein Vorschlag ist da das Gutachtergremium, das bei seinem Statement jede im Vorfeld verlaufene ungute Debatte verlässt. Was ist die Alternative?
Können wir Schlammschlachten verhindern? Nicht durch Mundverbote. Praktisch werden sie nicht stattfinden, wenn die Beteiligten das Gefühl haben, dass ihnen nur ein nüchterner Weg Anerkennung verschafft und das Prozesse fair verlaufen. Darum eben das Gutachtergremium, das am Ende Für und Wider abwägt. Wie aber gesagt, ich befürchte keine Schlammschlachten unter Antragstellern, die sich einen fairen Entscheidungsgang gegenüber sehen.
Ich fürchte eine Vereinsführung, die Projekte denjenigen zuschanzt, denen sie sie zuschanzen möchte - oder auch nur einen Verein, in dem dieser Eindruck ungerechtfertigterweise aufkommt. Das dürfte allen klar sein, die wissen, über welche Summen wir bei unserem Verein zuweilen entscheiden werden: Intransparente Mittelvergabe und Vetternwirtschaft, in unserem Fall eine Förderung von Seilschaften, werden wir dringend durch Institutionen der transparenten Mittelvergabe begegnen müssen. Wir werden der Öffentlichkeit schuldig sein, dass sie versteht, was von uns warum gefördert wird. Wir müssen nachdenken, wie wir ihr dabei kein Bild der Schlammschlachten liefern. Wir werden das nicht tun, in dem wir den Vorstand als Black Box bauen, aus der Entscheidungen ganz ohne Schlammschlacht kommen - denn dann haben wir die fortlaufende Schlammschlacht unzufriedener Mitglieder, die an der Arbeit des Vorstands zweiflen mitten im Verein.
Wir müssen nachdenken, wie das andere Institutionen machen, die Ähnliches leisten müssen wie wir.
Gruß, Olaf
Robert Huber schrieb:
Die beiden Einwände können sich nur ausschließen, wenn
Schlammschlacht als
Art der Diskussion akzeptiert wird. Falls dem nicht so ist, ist es sehr
wohl
möglich, dass es eine Schlammschlacht gibt _anstatt_ zu diskutieren.
Gruß Robert
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: vereinde-l-bounces@lists.wikimedia.org [mailto:vereinde-l-bounces@lists.wikimedia.org] Im Auftrag von Olaf
Simons
Gesendet: Sonntag, 19. Dezember 2010 16:12 An: Mailingliste des Wikimedia Deutschland e. V. / mailing list of
Wikimedia
Deutschland e. V. Betreff: Re: [VereinDE-l] Offene Ankündigung der Gegenkandidatur
Unter den Reaktionen verdient die Liesels einige Erwägungen:
- es diskutiert nur eine marginal kleine Gruppe von
Mitgliedern/Benutzern, die in keiner Weise repräsentativ sind
- es kommt zu Schlammschachten etc. um WP-Spendengeldern
Die beiden Einwände schließen einander aus. Sie sind offensichtlich
eher
Gedankenspiele als eine Prognose. Wenn niemand mitdiskutiert, wird es
auch
zu keinen Schlammschlachten kommen, wenn es zu Schlammschlachten kommt,
dann
haben wir zu viel der falschen Diskussionen:
...
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