Liebe Liste,
nach dem Ende der bisherigen Koalition im Saarland und dem Scheitern von Sondierungsgesprächen mit der anderen rechnerischen Mehrheit wird es in diesem Jahr nicht ein, sondern zwei Landtagswahlen geben.
Wikimedia Deutschland hat in den vergangenen Jahren bei drei Gelegenheiten (NRW, Bund, Berlin) Wahlprüfsteine an die antretenden Parteien verschickt mit der Bitte, diese zu beantworten. Wir haben diese Antworten dann online gestellt und haben auf diese Weise der Öffentlichkeit eine Hilfestellung gegeben, als Wähler zu einer informierten Wahlentscheidung zu kommen. Zweiter Effekt war es, dass sich einige Parteien intern auch erst einmal verständigen mussten auf einige Antworten zu konkreten Fragen im Themenkreis Freies Wissen.
Meine Frage daher an Euch in die Runde, wer an der Erstellung von Wahlprüfsteinen für die zwei Landtagswahlen im ersten Halbjahr 2012 Interesse hätte. Aus dem letzten Jahr habe ich als Erfahrung mitgenommen, dass eine vorherige Veröffentlichung des Entwurfes mit der Bitte um Feinschliff eine gute Sache ist, aber auch schon bei der Themensammlung und generellen Konzeption sind wir auf Feedback angewiesen.
Beim Saarland kommt hinzu, dass es ein verhältnismäßig kurzer Wahlkampf werden wird, außerdem vermute ich, dass es vermutlich nicht zur Materialschlacht großer Parteien kommen wird. Zumindest im Saarland haben tatsächlich 6 Parteien Aussicht auf Einzug ins Parlament, ich sehe hier - und auch in SH - die Chance, dass wir wahr- und unsere Fragen ernstgenommen werden, wenn sie brauchbar und auf landespolitische Aspekte heruntergebrochen sind.
Siehe auch: http://blog.wikimedia.de/2011/07/18/wahlpruefsteine-berlin-entwurf/
Viele Grüße und danke für Rückmeldungen auf der Mailingliste oder per Email.
Mathias
hallo mathias,
wieso braucht es für eine landtagswahl wahprüfsteine von wikimedia deutschland? alle relevanten gesetzgebungskompetenzen liegen m.e. beim bund. was soll also der aufwand bringen?
lg poupou
________________________________ Von: Mathias Schindler mathias.schindler@wikimedia.de An: Mailingliste des Wikimedia Deutschland e.V. / mailing list of the German Wikimedia association vereinde-l@lists.wikimedia.org Gesendet: 20:12 Freitag, 20.Januar 2012 Betreff: [VereinDE-l] Wahlprüfsteine Schleswig-Holstein und Saarland
Liebe Liste,
nach dem Ende der bisherigen Koalition im Saarland und dem Scheitern von Sondierungsgesprächen mit der anderen rechnerischen Mehrheit wird es in diesem Jahr nicht ein, sondern zwei Landtagswahlen geben.
Wikimedia Deutschland hat in den vergangenen Jahren bei drei Gelegenheiten (NRW, Bund, Berlin) Wahlprüfsteine an die antretenden Parteien verschickt mit der Bitte, diese zu beantworten. Wir haben diese Antworten dann online gestellt und haben auf diese Weise der Öffentlichkeit eine Hilfestellung gegeben, als Wähler zu einer informierten Wahlentscheidung zu kommen. Zweiter Effekt war es, dass sich einige Parteien intern auch erst einmal verständigen mussten auf einige Antworten zu konkreten Fragen im Themenkreis Freies Wissen.
Meine Frage daher an Euch in die Runde, wer an der Erstellung von Wahlprüfsteinen für die zwei Landtagswahlen im ersten Halbjahr 2012 Interesse hätte. Aus dem letzten Jahr habe ich als Erfahrung mitgenommen, dass eine vorherige Veröffentlichung des Entwurfes mit der Bitte um Feinschliff eine gute Sache ist, aber auch schon bei der Themensammlung und generellen Konzeption sind wir auf Feedback angewiesen.
Beim Saarland kommt hinzu, dass es ein verhältnismäßig kurzer Wahlkampf werden wird, außerdem vermute ich, dass es vermutlich nicht zur Materialschlacht großer Parteien kommen wird. Zumindest im Saarland haben tatsächlich 6 Parteien Aussicht auf Einzug ins Parlament, ich sehe hier - und auch in SH - die Chance, dass wir wahr- und unsere Fragen ernstgenommen werden, wenn sie brauchbar und auf landespolitische Aspekte heruntergebrochen sind.
Siehe auch: http://blog.wikimedia.de/2011/07/18/wahlpruefsteine-berlin-entwurf/
Viele Grüße und danke für Rückmeldungen auf der Mailingliste oder per Email.
Mathias
2012/1/20 poupou poupoulquourouce@yahoo.de:
hallo mathias,
wieso braucht es für eine landtagswahl wahprüfsteine von wikimedia deutschland? alle relevanten gesetzgebungskompetenzen liegen m.e. beim bund. was soll also der aufwand bringen?
Hallo Poupou,
Du hast insofern recht, als dass beim Bund eine Reihe von Kompetenzen liegen, die für uns wichtig sind. Allen voran das Urheberrecht. Aber auch da ist das längst nicht mehr der Bund alleine, wenn man sich das Gehakel um Verwaiste Werke anschaut. Ja, möglicherweise wird innerhalb oder außerhalb des Dritten Korbs noch eine Regelung zu Verwaisten Werken sein, gleichzeitig steht aber auch eine EU-Direktive dazu an, die dann von den EU-Mitgliedern nur noch umgesetzt werden muss.
Andererseits gibt es eine ganze Reihe von Punkten, in denen die Länder für uns wichtige Dinge regeln:
* Bildung ist Sache der Länder, der Themenbereich Open Educational Resources wird 2012 weitestgehend von Länderinitiativen abhängig sein
* Gleiches gilt für den Umgang mit urheberechtlichen Vorgaben im Bildungsbereich, z.B. in der "Schultrojaner"-Debatte. Der von der KMK ausgehandelte Vertrag ist feindlich gegenüber der Verbreitung von Inhalten unter freier Lizenz, der Beitrag des Bundes war hier nur die Vorgabe des §52 UrhG.
* Länder können Impulse im Bereich Informationsfreiheit und Open Government (Data) setzen, viele Länder haben bis heute kein IFG oder keines, das diesen Namen verdient und für eine Anreicherung der Wissensallmende sorgen könnte
* Bundesländer können über den Bundesrat auch Bundesgesetzgebung beeinflussen oder anstoßen. So haben SPD-CDU in Berlin vereinbart, die Haftungsprivilegierung von WLAN-Hotspotbetreibern sicherzustellen. Übrigens ein Punkt, auf den wir die Verhandlungsführer der SPD (neben anderen Punkten) hingewiesen haben.
* Von den Bundesländern ging in der Vergangenheit auch der Generalangriff auf die Panoramafreiheit aus, als sie das BDSG ändern wollten, um Google Streetview ans Bein zu pinkeln (Kollateralschaden: u.a. Wikimedia Commons)
* Länder sind in der Rundfunkpolitik federführend, sie können wichtig sein bei einer Befreiung von Inhalten, die mit GEZ- und anderer Bürgerkohle erstellt wurden.
* Netzsperren via Jugendmedienschutzstaatsvertrag und Glücksspielstaatsvertrag waren Ländersache, also Instrumente, die sich früher oder später gegen Projekte wie Wikipedia wenden würden oder in der Vergangenheit schon gewendet haben.
Etc.
Ist das überzeugend?
Mathias
Hallo Mathias,
Am 20. Januar 2012 21:16 schrieb Mathias Schindler mathias.schindler@gmail.com:
Ist das überzeugend?
Ja, absolut. Man sollte auf allen föderalen Ebenen arbeiten. -- Ein paar Ideen am späten Abend:
* Wie stehen die Parteien zum Einsatz von Open Educational Ressources an Schulen und Universitäten, gerade angesichts des Vorstoßes von Apple auf den Schulbuchmarkt?
* Wie stehen sie zu Open Access in der Wissenschaft? Zur Veröffentlichung von Katalogdaten der öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken unter freier Lizenz?
* Wie sieht es mit Open Data aus?
Viele Grüße, Jürgen.
On Fri, 20 Jan 2012 21:16:03 +0100 Mathias Schindler wrote:
- Netzsperren via Jugendmedienschutzstaatsvertrag und
Glücksspielstaatsvertrag waren Ländersache, also Instrumente, die sich früher oder später gegen Projekte wie Wikipedia wenden würden oder in der Vergangenheit schon gewendet haben.
Habe ich was verpasst? Worüber redest Du, wenn Du sagst, dass sich in der Vergangenheit Netzsperren gegen "Projekte wie Wikipedia" gewendet haben? Redest Du über Deutschland? Und über welche Netzsperren?
2012/1/21 Stefan Knauf Stefan.Knauf@uni-bonn.de:
Habe ich was verpasst? Worüber redest Du, wenn Du sagst, dass sich in der Vergangenheit Netzsperren gegen "Projekte wie Wikipedia" gewendet haben? Redest Du über Deutschland? Und über welche Netzsperren?
Mit dem Hebel Jugendschutz gab es in der Vergangenheit regelmäßig versuche, Inhalte aus Wikipedia rauszubekommen. Jugendschutz.net (http://de.wikipedia.org/wiki/Jugendschutz.net) hat beispielsweise gerne wegen des Artikels http://de.wikipedia.org/wiki/Rotten.com genöhlt und sich gegen eine Verlinkung der Seite gewandt. Ich hoffe, niemand von Euch hat einen Email-Client, der aus der Zeichenfolge www.rotten.com einen Weblink bastelt.
Gleiches gilt für Seiten auf Wettanbieter.
Hallo Mathias,
danke für die Erklärung. Unter Deiner ursprünglichen Formulierung hätte man sich Schlimmeres vorstellen können, als dass manche Weblinks nicht anklickbar sein dürfen und der Leser stattdessen die Adresse selber in die Adresszeile klopfen muss. Beim Wort "Netzsperre" denke ich eher daran, dass dem Leser eine Seite gar nicht erst ausgeliefert wird, obwohl er die Adresse eingegeben hat.
MfG Stefan
2012/1/21 Stefan Knauf Stefan.Knauf@uni-bonn.de:
Hallo Mathias,
danke für die Erklärung. Unter Deiner ursprünglichen Formulierung hätte man sich Schlimmeres vorstellen können, als dass manche Weblinks nicht anklickbar sein dürfen und der Leser stattdessen die Adresse selber in die Adresszeile klopfen muss. Beim Wort "Netzsperre" denke ich eher daran, dass dem Leser eine Seite gar nicht erst ausgeliefert wird, obwohl er die Adresse eingegeben hat.
Ich war vor einigen Jahren bei einem Landesamt für Verfassungsschutz eingeladen, da fing die Netzsperrendebatte gerade richtig an. Zwei Eindrücke sind mir noch sehr deutlich in Erinnerung geblieben:
1. Die Justizministerin des Landes, eine Verfechterin für Netzsperren, sagte, dass im Kampf gegen Kinderpornographie auch vertretbar sei, dass ein paar legale Seiten (von Erwachsenen, für Erwachsene) unter die Räder kommen.
2. Schlimmer noch als die offen nationalsozialistischen Seiten mit strafbaren Inhalten fanden die meisten Leute dort die Seiten von Nazis, die sich erdreisten, legale Inhalte für ihre sinisten Ziele zu publizieren. Fast schon mit dem Ausdruck des Bedauerns wurde daraufhingewiesen, dass man ja gegen illegale Inhalte vorgeehen könne, aber ihnen noch ein Instrument für "leider legale" Inhalte fehlte.
Nach diesen Erfahrungen (plus einigen mehr mit Leuten wie UvdL) gehe ich nicht davon aus, dass Netzsperrenverfechter an Verlinkungsverboten halt machen werden.
Mathias
vereinde-l@lists.wikimedia.org