Lieber Sebastian,
ich bin generell immer sehr für Rechtssicherheit zu haben und finde
daher deinen Vorschlag sehr gut und richtig. Ich fänd es jedoch sehr
wichtig, dass ausschließlich solche Verfahren mit Vereinsmitteln
unterstützt werden, bei denen sichergestellt ist, dass der
entsprechende Urheber erstens eine Lizenz verwendet hat, die die
aufwandsarme(!) Weiternutzung gewährleistet (also GFDL und
irgendwelche selbst zusammengedoktorte Privatlizenzen würde ich da
z.B. einfach mal komplett ausschließen), und dass zweitens jede
denkbare Möglichkeit ausgeschöpft wurde, das ganze ohne Aufsehen bzw.
nicht-öffentlich zu regeln. Und falls ein Benutzer vom Verein
finanzielle oder andere materielle Hilfe (wie auch immer die aussähe)
bekommt und gerichtlich eine Entschädigung bzw. Lizenzgebühr
zugesprochen bekommt, sollte davon die vom Verein geleistete Hilfe
natürlich soweit als möglich zurückgezahlt werden. ;)
LG
Am 13. Dezember 2010 12:36 schrieb Sebastian Moleski
<sebastian.moleski(a)wikimedia.de>de>:
Liebe Vereinsmitglieder und -unterstützer,
in den vergangenen Jahren kam wiederholt die Frage auf, inwiefern der
Verein gerichtliche Verfahren von Wikipedianern zur Durchsetzung von
Urheberrechtsansprüchen unterstützen kann. Zu den Fällen, die mir
persönlich bekannt sind, gehören fehlerhafte oder gänzlich fehlende
Attributierungen durch Nachnutzer von Commons-Bildern, mangelhafte
Autorennennungen bei Offline-Inhalten oder Veröffentlichung von
Wikimedia-Inhalten gänzlich ohne Lizenzhinweise.
Ob und wie der Verein hier unterstützend tätig werden kann, ist dabei
eine komplexe Frage, da es unterschiedliche Interessen zu
berücksichtigen gilt: Für den einzelnen interessierten Autoren und
Fotografen kann die Wahrung seines persönlichen Urheberrechts von
höchster Wichtigkeit sein. Es kommt auch vor, dass insbesondere
Fotografen alternative kostenpflichtige Lizenzierungen für Nachnutzer
anbieten, die sich nicht an die Lizenz gehalten haben. Eine materielle
Unterstützung entsprechender gerichtlicher Einzelverfahren durch den
Verein würde zur Folge haben, dass die Verfolgung individueller
Schadenersatzansprüche zum primären Ziel wird, nicht die Förderung
freien Wissens.
Der gewöhnliche Nutzer hat andere Interessen. Für ihn ist die einfache
Erreichbarkeit im jeweiligen Medium seiner Wahl von größter Bedeutung.
Gerade deswegen ist die möglichst unaufwendige Nachnutzung und
Weiterverbreitung durch Dritte so wichtig für unsere Mission. Für diesen
Nachnutzer ist es wichtig, dass überall dort, wo freie Inhalte drauf
stehen, auch freie Inhalte drin sind. Wer Wikipedia-Inhalte bspw. auf
einer DVD findet, soll davon ausgehen können, dass er diese DVD genauso
kopieren und weiterverbreiten kann, wie der Herausgeber der DVD es auch
getan hat. An dieser Form von Sicherheit muss uns viel liegen, weil ohne
sie die Verbreitung freier Inhalte entschieden behindert wird.
Schließlich muss auch berücksichtigt werden, welche öffentliche Wirkung
sowohl für den Verein als auch für die Wikimedia-Projekte dadurch
entsteht, wenn solche gerichtlichen Verfahren offensiv geführt und aktiv
vom Verein unterstützt werden. Dabei ist sicher entscheidend, welche
Ziele mit den Verfahren primär verfolgt werden, wie signifikant die
Verletzung (und damit der Anspruch) ist und wer der Beklagte ist.
In der Vergangenheit hat sich der Verein nur insofern an solchen
Verfahren beteiligt, dass er Kontakte mit kompetenten Anwälten
vermittelt hat. Nach reiflicher Überlegung innerhalb des Vorstands und
umfassender Beratung mit unserem Vereinsjuristen sind wir nun zu der
Entscheidung gekommen, dass wir unsere sehr passive Linie nicht weiter
verfolgen werden. Es gibt viele ungeklärte Rechtsfragen im Bereich
freier Lizenzen und freier Inhalte, so dass es sich lohnt, hier tätig zu
sein. Gleichzeitig hat der Verein die Mittel, eine begrenzte Anzahl von
Verfahren zu unterstützen.
Unser Vorschlag sieht so aus, dass der Verein zukünftig ausgewählte
Verfahren materiell unterstützt, wenn diese Unterstützung dazu geeignet
ist, ungeklärte Rechtsfragen durch höchstrichterliche Rechtsprechung zu
klären. Es geht also um Musterverfahren im weitesten Sinne, nicht jedoch
um Standardverfahren, Massenabmahnungen oder ähnliches.
Den Ansatz, den wir gern verfolgen möchten, habe ich vor einigen Tagen
ins Wikimedia-Forum gestellt:
https://forum.wikimedia.de/w/Rechtliche_Unterst%C3%BCtzung
Ich würde mich sehr freuen, wenn es dort zu einer regen Diskussion
unseres Vorschlags kommt. Gern könnt ihr dort auch einfach nur eure
Meinung dazu äußern. Findet ihr das eine gute Idee? Oder nicht? Wenn ja,
warum? Oder warum nicht?
Ich hoffe, dass wir mit diesem Schritt einen neuen Weg eröffnen, wie wir
gemeinsam freies Wissen und dessen Verbreitung fördern können. Für eine
Unterstützung und eure Beteiligung an der Diskussion möchte ich euch
jetzt schon danken.
Beste Grüße
Sebastian Moleski
Erster Vorsitzender
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