Hallo Sebastian,
ich bin ja bekanntermaßen eine schlichte Seele, daher eine ebenso schlichte Antwort. :-)
Neues Personal (gerne auch mit einem höheren Gehalt als jahresdurchschnittlich 25.500 EUR _Arbeitgeber_brutto) für WMDE-eigene Projekte und Politik halte ich für verzichtbar, solange - nur mal als Beispiele: * mehrfach gewünschte Rechtsgutachten zu wiederkehrenden Fragen in der Wikipedia nicht beauftragt werden * ein Buch- und ein Diascanner für zusammen 1400 Euro nicht angeschafft werden * Visitenkarten und Wikimedia-Mailaccounts für Wikipedia-/Commons-Aktive nicht gewährt werden * der Antrag eines hochengagierten Wikimedianers auf ein Wikimania-Stipendium nicht bewilligt wird * vom CPB-Ausschuss befürwortete Anträge nicht gefördert werden
Zusätzliches Personal, das für Community-Support bereit gestellt und dann auch tatsächlich nicht von ganz anderen Aufgaben absorbiert wird, begrüße ich dagegen ausdrücklich.
Es arbeiten wirklich einige gute Leute in dem jetzigen Team, aber trotzdem widerspreche ich in einem Punkt entschieden: Festangestellte sind keinesfalls per se verlässlicher oder leistungsstärker als Freiwillige, manchmal sogar im Gegenteil. Eindrückliches Beispiel sind die bisherigen Landtagsfotoprojekte.
Schönen Gruß Martina
Am 17.11.2011 20:18, schrieb Sebastian Moleski:
On 17.11.2011 19:21, Martina Nolte wrote:
Moin,
Am 17.11.2011 00:27, schrieb DaB.:
Woher kommt dieser Beissreflex: "Oh Gott, noch mehr Personal" immer wenn der Verein jemanden einstellen will?
- Weil wir hier nicht über (mal) "jemanden einstellen" sprechen, sondern geplant ist, dass die Personalkosten künftig einen höheren Anteil einnehmen als die Sachkosten.
Obwohl diese Frage bisher schon mehrere Male gestellt wurde, unter anderem bei der Diskussion des Wirtschaftsplans 2011, der Diskussion deines Antrags zur letzten MV, aber auch bei der Diskussion des Wirtschaftsplans 2012, so blieb sie immer unbeantwortet. Nun von mir ein erneuter Versuch: welche Rolle spielt es, ob Personalkosten einen höheren oder einen niedrigeren Anteil als Sachkosten einnehmen? Sind Personalkosten von 15% per se besser als 85%, ungeachtet davon, welche Ziele mit diesen Mitteln erreicht werden? Wenn dem so ist, warum?
- Weil Wikimedianer aus der Tradition des ehrenamtlichen Engagements kommen und es ihnen umso schwerer vermittelbar ist, warum zunehmend viele Menschen (von denen immer mehr keine Erfahrungen in den Wikimedia-Projekten haben) ihr Einkommen aus denjenigen Geldern beziehen, die zum allergrößten Teil direkt der Arbeit der Ehrenamtlichen entstammt (denn immer noch spenden die Leute massenhaft für den technischen Betrieb, die Werbefreiheit und als Dankeschön an die Wikipedia, nicht "für den Geist freien WIssens").
Es trifft sicher zu, dass Beitragen zu den Wikimedia-Projekten in der Regel ehrenamtlich und unentgeltlich erfolgt. Es ist aber auch klar wie Kloßbrühe, dass sich dieses Prinzip nicht über diese Arbeiten hinaus universalisieren lässt, schon weil die Arbeit in den Wikimedia-Projekten anderen Anforderungen unterliegt als die Arbeit außerhalb. Entsprechend setzt der Verein an den Stellen auf ehrenamtliche Arbeit, wo es sinnvoll und vernünftig ist, und auf hauptamtliche Arbeit, wo es das nicht ist. Tendenziell bedeutet das natürlich, dass weder der Umfang der Arbeit, die ehrenamtlich verrichtet wird, noch der, der hauptamtlich verrichtet wird, nach oben hin geschlossen ist.
Schließlich: wenn erstens Geld vorhanden ist, zweitens viel Arbeit zu erledigen ist, drittens für diese Arbeit Ehrenamtler erfahrungsgemäß nicht in Frage kommen, dann ist es aus dem Blickwinkel der Effektivität völlig richtig, die hauptamtliche Arbeit auszubauen. All diese theoretischen Bedingungen sind derzeit gegeben, also kommt auch die Folge.
- Weil es weder der Geschäftsstelle noch dem Vorstand gelingt, die Notwendigkeit zusätzlichen Personals und den Benefit für die Community überzeugend darzulegen.
Es ist recht offensichtlich, dass für die breite Mehrheit der Mitglieder die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit zusätzlichen Personals überzeugend dargelegt wurde. Das zeigt nicht zuletzt die Städtetour zum Wirtschaftsplans, auf der Pavel und ich viele Fragen zu diesem Themen beantwortet haben. Die kompakte Darstellung (einer möglichen) Personal- und Projektplanung für das nächste Jahr war ein Wunsch, der unter anderem aus diesen Veranstaltungen herleitete. Der Inhalt dessen, was Pavel gestern veröffentlicht hat, sollte aber niemanden überraschen, der sich mit dem Wirtschaftsplan 2012 inhaltlich auseinandergesetzt hat.
Geschäftsführung und Vorstand schlagen für das nächste Jahr sehr ambitionierte Ziele vor, die der Verein mit seinen Aktivitäten erreichen soll. An diesen Zielen scheint es, nach aller Konsultation mit Mitgliedern und Community, nichts auszusetzen zu geben. Zumindest liegen trotz mehrfacher Bitten und Aufforderungen keinerlei Änderungsvorschläge vor.
Wenn man nun also diese Ziele akzeptiert, dann muss man auch akzeptieren, dass sie ohne Man- bzw. Womanpower nicht erreicht werden. Es gibt keine Maschinen, die dafür sorgen wird, dass sich der Frauenanteil verdoppelt, Inhalte staatlicher Institutionen unter freien Lizenzen veröffentlicht, Schülern und Lehrern Medienkompetenz im Umgang mit Wikipedia beigebracht, Gründe für den Autorenschwund erforscht, die Erzeugung und Verbreitung Freien Wissens nicht politisch beschränkt, lokale Aktivitäten gefördert, die Qualität der Wikimedia-Projekte gesteigert oder Wikimedia-Inhalte in den Medien lizenzkonform genutzt werden. All das verlangt zwangsläufig nach menschlicher Arbeit, ob bezahlt oder nicht.
Akzeptiert man die Ziele und akzeptiert man, dass die Ziele ohne Menschen nicht zu schaffen sind, verbleibt nur noch die Abwägung, wieviel der zu leistenden Arbeit innerhalb der gegebenen Zeit vernünftigerweise ehrenamtlich umgesetzt werden kann. Das Ergebnis dieser Abwägung nach dem besten Wissen und Gewissen von Vorstand und Geschäftsführung ist das, was Pavel gestern veröffentlicht hat.
Auf der Mitgliederversammlung im Frühjahr räumte Pavel ein, dass die (zu) schnell gewachsene Geschäftstelle sich jetzt intern besser organisieren müsse (was ich aus der Außensicht klar bestätigen kann). Gutgläubig wie ich bin, dachte ich, er meint damit, dass jetzt erstmal Ruhe einkehren, die Teams zusammenwachsen, Aufgabenstellungen, Befugnisse und Verantwortlichkeiten im Arbeitsalltag geklärt werden würden, um mit dem vorhandenen Personal effektive(re)s Arbeiten zu erreichen.
Es fällt mir sehr schwer nachzuvollziehen, wie man angesichts der ständig steigenden Popularität und Bekanntheit von Wikipedia, Wikimedia und den Wikimedia-Projekten, den erkennbaren Trends bei der Beteiligung in den Projekten und der zunehmenden gesellschaftlichen Verantwortung dessen, was wir tun, erwarten kann, dass "jetzt erstmal Ruhe einkehren" würde. Unabhängig davon, dass die Umstände das gar nicht hergeben, kann ich auch nicht nachvollziehen, was daran erstrebenswert wäre.
Das, was Wikimedia so spannend macht, ist, dass es einer Mission folgt, die einerseits so alt wie die zivilisierte Menschheit ist, andererseits sie in einer Zeit realisiert wird, die kurzlebiger, rasanter und dynamischer ist, als das meiste, was die Menschheitsgeschichte hervorgebracht hat. Mich erfüllt das persönlich mit viel Begeisterung, Tatendrang und Optimismus dafür, was wir noch alles schaffen und wie wir mit unserem Einsatz die Welt um uns gestalten können. Ich bin sicher nicht frei von Sorgen, Ängsten und Befürchtungen, aber ich würde mich davon doch nie leiten lassen. Warum tun das hier aber einige immer wieder?
Aber nein, nun soll das Personal sogar weiter rasant anwachsen. Pavel begründet hier das Wachstum mit Wachstum. Das viele Personal braucht jetzt ein Mittleres Management (Stabsstellen) und mehr Eigenverwaltung (Gehalts- und Finanzbuchhaltung, Administration).
Eine Frage hatte ich oben gestellt, nun eine andere, bzw. zwei Teilfragen:
- Wie hoch schätzt du das langfristige realistische Potenzial zur
Mitteleinwerbung beim Verein ein? Anders ausgedrückt: wieviel, denkst du, wird Wikimedia Deutschland langfristig betrachtet realistischerweise an jährlichen Mitteln zur Verfügung stehen? Zum Vergleich: für 2012 beläuft sich diese Zahl auf etwa 3,5 Mio. Euro.
- Wieviele hauptamtliche Mitarbeiter würdest du für den Verein
langfristig für angemessen halten? Zum Vergleich: für 2012 sind etwa 32 Vollzeitäquivalente geplant.
Diese Fragen kann jeder wohl nur subjektiv beantworten, ich sicher auch. Aber bevor ich schreibe, wie ich diese Fragen beantworten würde, würde ich mich freuen, wenn einige Mitglieder dieser Mailingliste ihre eigene Meinung veröffentlichen könnten. Vielleicht kommen wir damit den eigentlichen Ursachen dieses Streitthemas, das ja nun mindestens schon so alt ist wie die Entscheidung einen Geschäftsführer anzustellen, etwas näher.
Beste Grüße Sebastian Moleski Erster Vorsitzender
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