Crossposted auf die Vereinliste und Wikide, da es beide angeht.
----------
Hallo,
Da beide Themen des Subjects eng miteinander zusammenhängen, packe ich
mal beides in eine Mail.
Ich war gestern mit einem Vortrag über Wikipedia auf einer Veranstaltung
in München zu Gast: Langer Titel "Future Scan - Gesellschaftliche
Dimensionen der Medienentwicklung". Das ganze fand in relativ kleinem
Kreis (etwa 30 Leute) statt, mit Vertretern der städtischen und
staatlichen Münchner Kinder- und Jugendinstitutionen.
Neben Wikipedia gabs einen Vortrag zum Kinderportal der Stadt München,
pomki.de, zur Zukunft der Musikindustrie im Zeitalter des Internets vom
MP3-Erfinder Karlheinz Brandenburg von der Fraunhofer Gesellschaft, Rena
Tangens vom Foebud e.V. hat über den gläsernen Bürger gesprochen,
Christine Wittig von der Frauencomputerschule über das
Generationenverhältnis im Internet usw. Als letztes hatte dann --
nachdem Renate Schmidt im Schneechaos nicht aus Berlin weggekommen ist
-- Gertraud Burkert, die zweite Münchner Bürgermeisterin, den
undankbaren Job, den Vortrag der Familienministerin vorzulesen.
Auf Wikipedia war die Reaktion -- neben einigen kritischen Fragen ("Wie
sieht es denn mit dem Urheberrecht der Bilder darin aus") -- durchwegs
enthusiastisch - und am neugierigsten war man eigentlich auf Wikikids.
Nach der Veranstaltung habe ich mich mit einigen Leuten von städtischen
und staatlichen (bayrisch hier) Stellen unterhalten, die einer
Kooperation mit Wikipedia würde ich sagen sehr aufgeschlossen
gegenüberstanden. Wir sind so verblieben, dass sie mir ihre Vorschläge
mailen, was sie gerne unternehmen würden, die Kontakte gebe ich gerne an
Achim weiter.
Das bringt mich zum zweiten Thema dieser Mail:
Mit den Leuten vom Münchner Kinderportal hatte ich eine sehr
aufschlussreiche Diskussion zum Thema Kinder und Wikis. Dieses Projekt
bastelt unter anderem auch Websites gemeinsam mit Kindern. Dafür ein
Wiki einzusetzen kommt jedoch für sie aus mehreren Gründen nicht in Frage:
a) Verantwortung: In einem - städtischen oder staatlichen -
Kinderprojekt darf es nicht möglich sein, jugendgefährdende Inhalte
einzustellen - es muss für sie immer eine Moderation stattfinden.
b) Textlastigkeit von Wikis: Kinder unter zehn Jahren wollen Bilder und
Action... ein Wiki kann das ihrer Auffassung nach nicht leisten.
Diese beiden Fragen stellen sich für uns natürlich auch, allerdings
haben wir, denke ich, die Möglichkeit, das durchaus mal auszuprobieren.
Achim hat sich mit seinem Vorschlag im Dickicht der Wikimedia-Bürokratie
verfangen, allerdings sollte es möglich sein, uns da auch wieder
herauszukatapultieren. Ich denke nicht, dass eine globale Abstimmung zur
Zeit Sinn macht, vor allem, da es ja erstmal nur um ein
deutschsprachiges Projekt geht. Ausserdem schätze ich die Stimmung im
Moment eher gegen neue Projekte ein - das würde in einer Fülle von
Einwänden erstickt.
Derzeit läuft die Debatte, Projekte nicht wie Wikinews mit einer
globalen Abstimmung zu starten, sondern erstmal in einer Art Inkubator
anlaufen zu lassen, wo sich zeigt, ob genügend Interesse besteht, und
dann erst zu entscheiden, ob es als offizielles Wikimedia-Projekt
betrieben wird.
Die zweite Frage ist, ob wir mit Genehmigung des Boards ein Meinungsbild
darüber in den deutschsprachigen Projekten abhalten sollten (wo sich
auch Leute, die sich beteiligen wollen, eintragen könnten, damit man mal
sieht, wieviel Interesse besteht)
Wovon ich gar nichts halte, ist, dieses Projekt in der Art zu starten,
wie es bei Wikinews gemacht wurde: Mit großen Konzepten und viel Tamtam,
Medienrummel, globaler Abstimmung etc. Ich fände es besser, wenn sich
eine kleine engagierte Gruppe - mit Billigung der deutschen Community
und des Boards und evtl. mit einem Kooperationspartner und einer festen
Gruppe an Kindern/Jugendlichen - einfach mal hinsetzt und macht.
So, und jetzt kommen die Sachen, die Achim gar nicht gefallen werden. In
Anbetracht der ganzen Einwände, die gekommen sind und immer wieder
kommen werden (Moderation, Pädophile etc.) wäre es zu überlegen, die
Rahmenbedingungen für dieses Projekt anders als bisherige
Wikimedia-Projekte zu gestalten.
Im Klartext:
* ein Team von Projektverantwortlichen, die die Endscheidungshoheit
darüber haben, wie Sachen im Wiki geregelt werden (Wie
Entscheidungsfindung in Wikipedia schief gehen kann, sehen wir ja
gerade). Die Idee sollte sein, den Kids einen Freiraum zu geben, Dinge
selbst zu regeln, aber sobald die aus dem Ruder laufen, sollte jemand da
sein, der sagt, wo es lang geht und der das auch durchsetzt.
* Geschlossene Benutzergruppen: das Projekt in Kooperation mit Kinder-
und Jugendorganisationen hochzuziehen und darüber auch die Accounts zu
vergeben.
* Altersgruppe: Achim hat in seinen Vorschlag geschrieben 6 bis 16 Jahre
- Einwände dazu siehe oben. Die Frage ist, ob man das nicht besser
eingrenzt auf eine Zielgruppe von 10 bis 16-jährigen (wo sich natürlich
durchaus auch frühreife und interessierte achtjährige beteiligen können).
Das wären mal meine Überlegungen zu dem Projekt. Ich halte das ganze für
realisierbar - allerdings möglicherweise nur unter den oben genannten
Einschränkungen. Wenn das diejenigen, die das machen wollen, für
akzeptabel halten, würde ich die Rolle übernehmen, mich beim Board der
Foundation dafür einzusetzen, dass sie diesen Freiraum zum
Experimentieren erhalten.
viele Grüße,
elian