Moin,
da habe ich ja was losgetreten. Erst einmal Danke an Sebastian für das Versprechen,
Details kurzfristig zu veröffentlichen. Und Danke an Richard für die vielen Ausführungen
und Erläuterungen um Hallo Welt. Ich finde es vorbildhaft, wie innerhalb der Firma mit
diesen Fragestellungen umgegangen wird. Dass Anja und Marcus nicht an euren internen
Diskussionen teilnehmen, wenn es um Aufträge für Wikimedia geht, ist zwar einerseits eine
moralische Selbstverständlichkeit, andererseits aber, wie man aus vielen anderen
Unternehmen kennt, oft doch nicht üblich. Auch sonst freut es mich, dass nicht nur ich
Interesse an diesem Thema habe.
Um so unerfreulicher ist dennoch, dass meine Fragen weitestgehend unbeantwortet blieben.
Richard hat zwar dargelegt, wie bei ihnen, also Hallo Welt, gearbeitet wird, wie das aber
innerhalb von Wikimedia Deutschland geschieht, weiß ich weiterhin nicht. Ich will meine
Fragen hier nicht wiederholen, hoffe aber, dass da zeitnah seitens des Präsidiums und des
Vorstands noch etwas kommt.
Grundsätzlich halte ich bei gemeinnützigen Organisationen personelle Überschneidungen
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer für unangemessen. Das gilt gerade dann, wenn die
Überschneidungen auf höchster Ebene zwischen Aufsichtsgremium auf der einen und
Geschäftsführung auf der anderen Seite existieren. Egal wie Strukturen oder Prozesse im
Tagesgeschäft ausgebildet werden, führen solche Konstellationen immer zu kritischen Fragen
und (im schlimmsten Fall) zu nur mit viel Aufwand abwehrbaren Unterstellungen, die man
doch eigentlich gar nicht braucht. Gemeinnützige Organisationen wie Wikimedia leben von
ihrer Reputation, von ihrem Vertrauen anderer darin, dass sie nicht korrumpierbar sind.
Das Verhältnis zwischen Wikimedia und Hallo Welt mag im Tagesgeschäft harmlos sein, es ist
aber mindestens erklärungsbedürftig, was angesichts der knappen Ressource Aufmerksamkeit
aus Sicht der konstruktiven Öffentlichkeitsarbeit nur unnötig ablenkt.
Wenn Hallo Welt aber auch noch, wie Richard selbst schreibt, der "einzig größere
Anbieter für Wikimedia-Dienstleistungen außerhalb von Wikimedia ist", dann sollte es
solche institutionellen Beziehungen zwischen Wikimedia und Hallo Welt einfach nicht geben.
Die Abhängigkeitsbeziehung, die dadurch entsteht, ob gewollt oder nicht, kann für
Wikimedia nur schlecht ausgehen. Damit will ich weder Anja noch Marcus ihr ehrenamtliches
Engagement im Verein abspenstig machen - ganz im Gegenteil. Ich denke aber, dass der
Verein es solange vermeiden sollte Aufträge an Hallo Welt zu vergeben, wie es diese
personellen Überschneidungen gibt.
Nebenbei spielt auch noch etwas ganz anderes hier rein, was mir in den E-Mails des
vergangenen Wochenendes aufgefallen ist (ich bin leider erst heute zum Lesen gekommen,
Sorry für die Verspätung). Während Richards erst Mail vom Freitag noch sehr offen und
hilfreich war, fand ich seine späteren Nachrichten zum Präsidium, zur Strategie, zu
aktuellen Prozessen und zur Rolle des Vorstands bzw. der Geschäftsstelle um so
bemerkenswerter. Ich habe es bisher noch in keinem Verein erlebt, in dem ich mich
engagiert habe, dass jemand, der in einem Auftragsverhältnis zu ihm steht, sich auf diese
Weise aktiv zu internen vereinspolitischen Themen äußert. Ich finde das auch unanständig.
Ich möchte nicht, dass in Vereinen, die ich mit Spenden unterstütze, Dienstleister bzw.
deren Geschäftsführer Auftrag und Vereinsfragen miteinander vermengen und anscheinend
nicht einmal bemerken, welche Konflikte sie damit heraufbeschwören. Dabei zu fordern, dass
das Gremium, in dem man selbst mit zwei Vertretern einen enormen (potenziellen) Einfluss
hat, mehr Kompetenzen erhält, lässt mich dann auch völlig sprachlos zurück. Mir fehlt da
ein bisschen das Fingerspitzengefühl, das angesichts der vorliegenden Situation dringend
geboten wäre.
Ich bin der Meinung, dass sich Hallo Welt und deren Geschäftsführer dringend entscheiden
müssen, in welchem Verhältnis es zu Wikimedia aktiv wird: entweder als Mitglied oder als
Auftragnehmer. Beides gleichzeitig geht nicht, wenn man den tadellosen Ruf des Vereins
erhalten und jedwede Vermutungen von Zielkonflikten im Keim ersticken möchte. Daneben muss
es, wie Stefanie Schönwälder (glaube ich, das war ihr Vorschlag - korrigiert mich bitte)
klare Regeln geben, die verlangen, dass sich das Präsidium mit solchen Überschneidungen
jedes Mal im Einzelfall jedes einzelnen Projekts befasst und eine nachvollziehbare,
veröffentlichte Entscheidung dazu fasst, bevor es zur Projektvergabe kommt. Das gehört zum
Mindestmaß an Transparenz, das ich mir für Wikimedia wünsche.
Liebe Grüße,
Eure Jutta