Lieber Sebastian Wallroth,
das hast Du in der Tat alles wunderbar zusammengefasst.
Letztlich diskutierten wir das alles 2010, vor Jahren mit der nötigen Satzung. Der Leitgedanke der jetzigen Satzung war dabei der der Professionalisierung. Dem Verein wurde wie der Community wenig Professionalität zugetraut. Das große Ziel der Geschäftsstelle definierte sich über die produktive Ausgabe des wachsende Spendenaufkommens. Hier wurde der Wikipedia-Community die wenigste Expertise zugetraut. Und tatsächlich geht es hier nicht nur um Expertise, sondern um Sprengstoff in Wikipedia.
Sobald Geld in die Wikipedia Community zurückfließt, zerreißt es diese: Wieso soll ich nachts kostenlos Artikel schreiben, wenn andere dafür Geld kriegen?
Hier liegt ein Knackpunkt des gesamten Wikipedia-Wikimedia-Projektes. Sobald wir Geld mit Wikipedia machen, ist unklar, was damit geschehen soll, ohne dass es Wikipedia schadet, sprich, ohne dass es die Autorenschaft auseinanderdividiert. Schlimmer noch als Autoren, die ihr Hobby finanziert bekommen, ist die Funktionselite, die hier entsteht: Leute, die Entscheider der anderen Chapter kennen, Leute die wissen, wem man wie schreiben muss, um Weichen in der Politik mit der Foundation zu stellen. Leute, die zwischen Berlin und Amerika pendeln und allein die Kontakte haben, die man benötigt, um das Projekt zu führen. Da schreiben Wikipedianer für nichts, und da fällen andere Entscheidungen und man hat keine Chance, mit denen zu konkurrieren - obwohl die mal wie man selbst begannen...
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Natürlich gilt es den Serverbetrieb aufrecht erhalten, die Rechtsabteilung zu finanzieren, professionelle Öffentlichkeitsarbeit zu machen, die Software zu aktualisieren, neue Projekte anzustoßen...
Und ich denke aus den letztgenannten Gründen brauchen wir eine Geschäftsstelle, die in der Tat eine andere Aufgabe hat als Wikipedia. Ich denke indes auch: Alle Projekte dieser Geschäftsstelle müssen letztlich offen diskutiert werden, und zwar im Vorfeld in einem Antragsverfahren, das jedem frei steht, ob er/sie Mitarbeiter der Geschäftsstelle ist oder Wikipedianer. Ich schlug seinerzeit einen "Think Tank" vor, ein Wiki, auf dem alle Projekte der Geschäftsstelle (wie alle Projekte die Andere vorschlagen) zu entfalten, zu entwickeln und zu diskutieren sind; ein Medium, auf dem man Finanzvolumina vorab nennt. Ich schlug zudem ein Gremium vor, dass Projekte öffentlich begutachtet und dem Verein zur Entscheidung vorlegt, um sicherzustellen, dass der Verein das oberste Gremium bleibt.
Aus dem Vorschlag entwickelte sich verheerender Weise das Community Projekt Budget - mit dem die ganz offene Konkurrenz zwischen Geschäftsstelle und Community begann (mit einer Geschäftsstelle, die Community Projekte finanzieren und zugleich als Konkurrenz torpedieren konnte).
Wir werden nachdenken müssen, wie der Verein mit seiner gewählten Führung sich durch strukturelle Maßnahmen Entscheidungshoheit zurück erobert.
Er verlor sie, da sein Präsidium am Ende nicht mehr im Vorfeld entschied, sondern nachgeschaltet. Man ließ den Verein leere Strategiepapiere schreiben und den Haushalt bewilligen, und hatte danach freie Hand in der Gestaltung echter Projekte der Geschäftsstelle.
Mein Ratschlag ist, dass wir noch einmal über die Satzung nachdenken, da letztlich alles, was nach 2010 geschah, bereits als Gefahr im Vorfeld der Satzungsfrage diskutiert wurde. Damals standen zwei Szenarien einander gegenüber:
- Satzung mit mehr Kontrolle der Geschäftsstelle - wurde als Gefahr gesehen, da die Geschäftsstelle danach nicht mehr professionell arbeiten könnte. - Satzung, wie wir sie schließlich erhielten - würde eine Geschäftsstelle schaffen, die mit dem Verein in Konflikt gerät, da der am Ende nur noch die harte Reißleine einer Entlassung des Geschäftsführers in der Hand hat.
Nachdenken sollte man im selben Zusammenhang auch darüber, die Leitungsposition zu teilen. Ein guter Leiter wird nicht beides können: Öffentlich mit Standing (etwa aus dem Feld der Wissenschaften) Wikipedia und die Schwesterprojekte vertreten und gleichzeitig all das Administrative leisten. Zudem wäre eine Doppelspitze gute interne Balance der Leitung,
Gruß, Olaf Simons
Das Link zum Satzungsvorschlag, den ich seinerzeit als Community-Vertreter vorlegte https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:WMDE-Satzungsentwurf_Olaf_Simons_2010-12...
Martin Kraft martin.kraft@gmx.de hat am 16. November 2014 um 21:39 geschrieben:
Am 16.11.2014 um 18:52 schrieb Sebastian Wallroth:
Die Vision zum Verein, die von Pavel Richter und Sebastian Moleski 2011 entwickelt wurde, stellt sich mir so dar: Eine Geschäftsstelle, die vom Vorstand zusammengestellt und von niemandem kontrolliert wird. Das Präsidium ist eine Art Beirat, das möglichst mit klingenden Namen zu besetzten ist. Die Mitglieder stellen eine verlässliche Einnahmequelle dar und unterstreichen mit ihrer Anzahl die Bedeutung des Vereins. Dabei ist die Geschäftsstelle der Verein. Die Zielsetzung des Vereins ist schwammig mit Förderung Freien Wissens angegeben. Das soll mit effizientem Einsatz der zur Verfügung stehenden Gelder passieren. Freiwillige zwar eine historische Last, aber ein Unsicherheitsfaktor und können vernachlässigt werden. [7]
Danke, dass es endlich mal jemand konkret das benennt, was ja offenbar der eigentliche Grund für die Trennung von Pavel war. Wäre diese Differenz im Aufgabenverständnis der Geschäftsstelle schon auf der letzten MV so klar benannt worden, hätte das wahrscheinlich einem Großteil des dort geäußerten Unverständnisses die Grundlage entzogen.
Die GS als von der Community losgelösten Firma ohne konkrete Einflussmöglichkeit der Vereinsmitglieder, kann sich ja von den einfachen Mitgliedern eigentlich niemand wünschen...?! Ich jedenfalls teile da eher die von Dir skizzierte Vision.
// Martin
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