Hallo Steffen,
dass ihr gute Absichten verfolgt, stellen wahrscheinlich noch die wenigsten in Abrede. Am Ende zählen aber eure Taten, nicht eure Worte. Und da sieht es eher düster aus, was verantwortungsvolles Handeln angeht.
Du sagst: "Es gibt keine Abberufung des Vorstandes, schon gar keine sofortige." und "Zum Schluss noch zum Vorwurf des unüberlegten Handelns: Es wird (von mehreren Personen) so dargestellt, als sei das Präsidium ein Haufen Diskussions-Trolle, die eines Morgens aufgestanden sind und beschlossen haben, den Vorstand auswechseln zu wollen."
Der Vorwurf des unüberlegten Handelns rührt aus meiner Perspektive primär daher, dass ihr ohne Not einen für den Verein extrem unangenehmen Zustand hervorgerufen habt. Auch auf wiederholter Nachfrage, woher denn nun konkret die Notwendigkeit für eine vorzeitige Trennung kommt, gibt es keine Antwort. Der Verweis auf die neue Strategie ist ein Witz, denn, wie einige schon festgestellt haben: inhaltlich unterscheidet sie sich nicht wesentlich von den bisherigen Zielen. Zumindest ist kein Unterschied erkennbar, der so wesentlich ist, dass er als nachvollziehbare Begründung für eine Unvereinbarkeit zwischen Präsidium und Vorstand herhalten kann. Und selbst wenn: einen Beschluss der Mitgliederversammlung, der die neue Strategie als Grundlage für das Handeln des Vereins bestätigt, gibt es nicht. Sie hatte bisher nicht einmal Gelegenheit, sich damit zu beschäftigen. Wie kann das logisch funktionieren?
Der Eindruck, der hier entsteht, ist ganz einfach, dass sich Präsidium und Vorstand auf persönlicher Ebene nicht mehr grün sind und das Präsidium nun den zweifelhaften Weg gesucht hat, sich schnellstmöglich eines Ärgernisses zu entledigen. Das mag alles nicht so gewollt sein, sieht aber so aus. Eure Aufgabe wäre es gewesen, dafür zu sorgen, dass es nicht so aussieht.
Du sagst: "Wie von uns dargestellt, trennen sich Verein und Vorstand im gegenseitigen Einvernehmen, mit einem geordeneten Übergang. Wir reden hier nicht über sofort, sondern über einen Zeitraum von Monaten."
Wie sieht denn dieser geordnete Übergang nun aus? Wurden Aufhebungsverträge unterschrieben? Gibt es Einigkeit bezüglich des Zeitplans? Wenn ja, wie sieht der aus? Ihr scheint auch völlig zu ignorieren, wie euer Verhalten die nun anstehende Suche nach einem neuen Vorstand behindern wird. Welcher kompetente und erfahrene Kandidat wird bereit sein, als Vorstand von Wikimedia Deutschland tätig zu sein, wenn er damit rechnen muss, jederzeit auf solch eine Art vorzeitig den Job zu verlieren?
Du sagst: "Wir möchten mit den sehr engagierten Mitarbeitern natürlich weiterhin zusammen für Freies Wissen arbeiten. Alle - und zwar wirklich alle - Bereiche der Geschäftsstelle sollen bestehen bleiben."
Eine der wichtigsten Aufgaben des Vorstands ist die Vorbereitung des jährlichen Finanzierungsantrags bei der Foundation sowie die Ausarbeitung des Wirtschaftsplans. Die vorzeitige Abberufung des Vorstands ohne wichtigen Grund erzeugt erhebliche Zweifel an der Verlässlichkeit des Vereins als stabile Organisation, der umfangreiche Mittel aus der Wikimedia-Bewegung zugeteilt werden können. Zusätzlich besteht je nach Zeitplan die Gefahr, dass Wirtschaftsplan und Antrag nicht rechtzeitig fertig wird oder nicht richtig vorgestellt und verteidigt wird. Es ist völlig unklar, wie das Präsidium die Finanzierung aller Bereiche der Geschäftsstellen sicherstellen will, wenn der Zeitplan noch nicht feststeht, es aber Bestrebungen im Präsidium gibt, sofort zu handeln.
Du sagst: "Die Abstimmung ergab einen überdeutlichen Konsens: 9 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung. Warum unser Vorsitzender, der zumindest nicht gegen den Beschluss stimmte, diesen nun plötzlich und für uns unerwartet so gar nicht mehr mittragen kann, entzieht sich allerdings meinem Verständnis."
Das leuchtet mir auch nicht ein. Deine Aussage ist, dass es letzten Sonntag 9 Stimmen für die vorzeitige Beendigung der Vorstandsbestellung bei einer Enthaltung gegeben hat? Bist du dir sicher? Nach dem, was ich über die Sitzung gehört habe, ging sie bis in die Abendstunden und war am Ende gar nicht mehr vollzählig besetzt. Auf welche Abstimmung beziehst du dich also?
Am Ende liegt die Verantwortung für die Geschicke des Vereins bei Präsidium und Vorstand. Eurer Aufgabe genügt ihr dabei jedoch nicht, in dem ihr nur gute Absichten hegt. Zu eurer Aufgabe gehört es auch, unter Einfluss des euch zur Verfügung stehenden Sachverstands diejenigen Handlungsweisen auszuwählen, die am Ende tatsächlich unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Reaktionen (auch der öffentlichen Kritik) zum gewünschten Ziel führen, vulgo: strategisch und taktisch klug vorzugehen. Davon ist hier nur wenig zu erkennen.
Ihr habt euch anscheinend zum Ziel gesetzt, den Vorstand kurzfristig auszuwechseln. Dabei seid ihr anscheinend überzeugt davon, dass ihr ohne Angabe von nachvollziehbaren Gründen, ohne vorherige Zustimmung der Mitglieder zur neuen Strategie, ohne klare Einigung zu Zeitplan und Modalitäten und mit Art als auch Inhalt der Verkündung zu diesem Zeitpunkt dieses Ziel erreichen könnt. Das heißt, ihr müsst diese Diskussion und die Wortbeiträge anderswo am letzten Sonntag mindestens billigend in Kauf genommen haben, weshalb es mehr als unredlich ist, sich jetzt darüber aufzuregen, was ihr an Kritik erhaltet. Einzelne Mitglieder (eure Wähler übrigens) dafür anzufahren und ihnen verantwortungsloses Handeln vorzuwerfen, weil sie ihre eigene Interpretation der Dinge auf Basis eurer Darstellungen wiedergeben, gehört sich einfach nicht.
Ich kann nur hoffen, dass die Mitgliederversammlung am Samstag diesem unprofessionellen, undurchdachten Spuk ein Ende bereitet. Zeit für Dringlichkeitsanträge ist noch vorhanden, und die Frage, ob das Thema tatsächlich dringlich ist, wird da hoffentlich keiner stellen.
Beste Grüße Sebastian
2014-05-20 1:42 GMT+02:00 Stepro wiki@stepro.de:
Am 19.05.2014 21:23, schrieb P. Birken:
Das hier ist ziemlich schockierend und die kaum stattfindende Kommunikation ist inakzeptabel.
Ich lese aus der ganzen Sache heraus, dass eine Mehrheit des Präsidiums die Ausrichtung des Vereins ändern will. Rational interpretiert muss das ja derartig dramatisch sein, dass die sofortige Abberufung des Vorstands kurz vor einer MV notwendig erscheint. Nun muss man ja kein Hellseher sein, um jetzt schon den Vorschlag zu kennen: Der Verein und die Geschäftsstelle sollen darauf reduziert werden, die Arbeit in den Communities zu unterstützen. Weder erschliesst sich daraus eine Notwendigkeit des getroffenen Beschlusses, noch wird klar, warum so eine Abkehr von der Ausrichtung der letzten zehn Jahre, ohne Absicherung durch einen MV-Beschluss durchgeführt wird. Ich finde das ehrlich gesagt skandalös und erwarte, dass die Präsidiumsmitglieder die das hier zu verantworten habe, Farbe bekennen.
Gleichzeitig erscheint es auch nicht durchdacht. Die Suche nach einem neuen Vorstand wird ein halbes Jahr dauern, eher länger da es ja offensichtlich vor einer neuen Ausschreibung erstmal längere Diskussionen über die Tätigkeitsbeschreibung geben muss. Dann muss man 3-6 Monate warten, damit die Person aus ihrem bestehenden Vertrag rauskommt und dann soll die neue Person ja eingearbeitet werden. Und dann ist man nahe am von Sebastian genannten Zeitpunkt des Endes der Bestellung des Vorstands.
Tut mir leid, aber das passt alles hinten und vorne nicht und wirkt hochgradig unprofessionell von Seiten des Präsidiums.
Viele Grüsse
Philipp
Hallo Philipp,
da ich Dich als sehr überlegten und verantwortungsbewussten Menschen kenne, bin ich über diese Deine Mail sehr überrascht und auch enttäuscht. Du stellst hier leider Dinge als Fakten dar, die schlicht nicht zutreffen. Deine Unterstellung, wir würden die Arbeit der Geschäftsstelle reduzieren wollen, ist gefährlicher Unfug und zutiefst geeignet, unsere Mitarbeiter zu verunsichern und schadet damit dem Verein enorm. Dein Handeln kann ich daher leider nur als äußerst verantwortungslos bezeichnen.
Zu den Fakten: Es gibt keine Abberufung des Vorstandes, schon gar keine sofortige. Wie von uns dargestellt, trennen sich Verein und Vorstand im gegenseitigen Einvernehmen, mit einem geordeneten Übergang. Wir reden hier nicht über sofort, sondern über einen Zeitraum von Monaten. Die falsche Darstellung zu verbreiten, der Vorstand wäre abberufen worden, ist der Sache (und im Übrigen auch Pavel) nicht dienlich und kann konkreten Schaden anrichten.
Besonders nochmals zu den Mitarbeitern: Das Präsidium schätzt ausnahmslos die Mitarbeiter des Vereins. Wir haben heute (das verstehe ich übrigens unter verantwortungsvollem Handeln) natürlich zuerst unsere Mitabeiter informiert und ihnen versichert, dass es keinerlei Bestreben zu einem Personalabbau gibt. Im Klartext: Wir möchten mit den sehr engagierten Mitarbeitern natürlich weiterhin zusammen für Freies Wissen arbeiten. Alle - und zwar wirklich alle - Bereiche der Geschäftsstelle sollen bestehen bleiben. Da auch schon Gerüchte bgzl. der Softwareentwicklung aufgekommen sind: Wir sind stolz auf diese Abteilung und schätzen ihre Arbeit. Das Präsidium kann sich gar einen weiteren Ausbau vorstellen. Im Gegenteil setzt sich das Präsidium schon länger dafür ein, dass die Mitarbeiter des Vereins künftig früher Sicherheit über ihre Weiterbeschäftigung erhalten, d. h. Anschlussverträge bzw. Entfristungen so früh wie möglich erfolgen. Ebenso begrüßt das Präsidium die Gründung eines Betriebsrates, mischt sich jedoch aus naheliegenden Gründen nicht in diesen Prozess ein.
Zum Schluss noch zum Vorwurf des unüberlegten Handelns: Es wird (von mehreren Personen) so dargestellt, als sei das Präsidium ein Haufen Diskussions-Trolle, die eines Morgens aufgestanden sind und beschlossen haben, den Vorstand auswechseln zu wollen. Hier sollten sich die Betreffenden einmal fragen, wie sie zu dieser Einschätzung kommen. Das aktuelle Präsidium ist in seiner Zusammensetzung sehr divers, und repräsentiert damit einen größeren Querschnitt verschiedener Interessensgruppen und Erfahrungen. Die Mitglieder erstrecken sich dabei von Studenten über leitende Angestellte, Freiberufler bis hin zum Universitätsprofessor. Man sollte doch also davon ausgehen können, dass hier ein Gremium mit sehr viel Erfahrung und Sachverstand besteht. Die Überlegungen kamen auch nicht kurzfristig, sondern entwickelten sich über mehrere Monate. Die Abstimmung ergab einen überdeutlichen Konsens: 9 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung. Warum unser Vorsitzender, der zumindest nicht gegen den Beschluss stimmte, diesen nun plötzlich und für uns unerwartet so gar nicht mehr mittragen kann, entzieht sich allerdings meinem Verständnis.
Bitte verstehe diese Mail nicht als Rant o. ä., sondern als tiefe Besorgnis, dass mit der Darstellung teilweise absurder Ideen als Faktum ein gewaltiger Schaden für den Verein angerichtet werden kann. Ich möchte alle auffordern, verantwortungsvoll im Interesse des Vereins zu handeln und ihre sicher auch berechtigten Bedenken mit Tatsachen statt mit wilden Thesen zu untermauern.
Mit freundlichen Grüßen,
Steffen Prößdorf
-- Steffen Prößdorf Schatzmeister Wikimedia Deutschland e.V. http://wikimedia.de
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