Hi Till!
Zunächst einmal vielen Dank für Deine Antwort.
Wie eingangs geschrieben, bezieht sich meine Kritik nicht auf die grundsätzliche Legitimation einer Bannerkampagne oder die Arbeit des Fundraising-Teams, sondern auf die die konkrete Umsetzung des aktuellen Banners. So kurz vor Weihnachten (und zum Ende der Kampagne) bin ich natürlich nicht davon ausgegangen, noch großartig Einfluss auf den aktuellen Banner nehmen zu können. Es ging mit viele mehr darum auf das hinzuweisen, was (offensichtlich nicht nur) mich an den aktuellen Bannern stört und so ein Learning für das nächste Jahr in Gang zu setzen.
Professionalität: Seit März 2010 betreiben wir professionales Fundraising bzw. gibt es einen hauptamtlichen Fundraiser (mittlerweile gibt es knapp 2,5 FTE + Werkstudierende).
Es liegt mir fern, Euch als Team mangelnde Professionalität zu unterstellen. Dennoch weiß ich (auf Grund meines eigenen beruflichen Hintergrunds), dass an solchen Projekten mehrere Gewerke (z.B. Projektmangament, Design, Programmierung) beteiligt sind (oder sein sollten) und man dem Ergebnis (im Guten wie im Schlechten) die Besetzung und Gewichtung des dahinterstehenden Teams ansieht.
Deshalb nochmal meine Frage: War an der Entwicklung dieses Banners ein (interner oder externer) Interaktions- oder Kommunikationsdesigner beteiligt?
Wenn ich mir das Ergebnis so ansehe und Deine Erläuterungen zur eher technokrartische Herangehensweise lesen, vermute ich nämlich, dass dieser Banner vor allem in der Zusammenarbeit von Leuten mit wirtschaftlich und technischem Hintergrund entstanden ist?!
Seit dem sind wir verantwortlich für die Durchführung der Spendenkampagne und dienen daher auch als erster Ansprechpartner für euch. Es wundert mich ein wenig, dass dies anscheinend nicht so klar war. Angesichts der großen Erfolge der letzten Jahre (erinnert sich noch jemand an die Spenden- und Mitgliedereinnahmen des Jahres 2009?), kann man uns eine gewisse Professionalität sicherlich nicht absprechen. Dieser Erfolg beruht genauso wie bei der WMF zu einem sehr großen Teil auf unsere systematische Herangehensweise mittels des A/B-Testings.
Methodik: Seit 2011 testen wir unsere gesamte Unterstützerkommunikation. Dabei orientieren wir uns an einem sauberen Testing, so dass wir stets nur ein Element austauschen. Sonst begeben wir uns in das Reich der Vermutungen, die konzeptionell nur schwer aufnehmbar sind. Mittels dieser langwierigen und kleinteiligen Herangehensweise haben wir zusammen mit der WMF, von der wir viele Testergebnisse wiederholen und auch immer wieder übernehmen, die Spenderkommunikation seit 2011 erheblich weiterentwickelt.
Dieses rein zahlengetrieben Vorgehen birgt leider die Gefahr wirklich erfolgsversprechende Alternative niemals in den Blick zu nehmen, weil sie weit außerhalb der Test-Range liegen. Theoretisch gesprochen besteht in solchen Testreihen immer die Gefahr, bei einem lokalen Maximum hängen zu bleiben:
Ein Beispiel: Wollte man die Maximalhöhe mittels eines A/B-Tests ermitteln und würde dabei immer eine Varianz maximal hundert Kilometern Entfernung anlegen, findet man sein vermeintliches Maximum hierzulande höchstwahrscheinlich auf dem Gipfel irgendeines Mittelgebirges und übersieht dabei, dass es in den Alpen oder gar im Himalaya noch Gipfel gibt, die 2 bis 8mal höher sind als dieses lokale Maximum.
Und in einem dynamischen System, wie dem, mit dem wir es hier zu tun haben, ist diese Gefahr natürlich noch viel größer.
Benutzt diese Test also bitte für das, für das sie gedacht sind: Nämlich die Feinjustierung eines Konzepts und nicht als Ausrede für die Betonierung des Status Quo!
Thema Mittelverwendung. Wir hatten bereits Links im Banner auf die Mittelverwendung. Es haben jedoch nur kaum Menschen darauf geklickt. Ähnliches können wir auch auf der Spendenseite sehen, auf der nur wenige Klicks auf die Mittelverwendung erfolgen.
Die kommunikative Aufgabe eines solchen Links beschränkt sich doch nicht darauf, zu den dahinter liegenden Inhalten zu führen?! Vielmehr soll allein seine Existenz schon Transparenz und Seriösität kommunizieren („Ich kann mich hier informieren, wenn ich will“). Solche indirekten Effekte lassen sich natürlich allein auf Basis irgendwelcher Web-Tracker schwer quantifizieren. Aber in Nutzerbefragungen oder Einzelinterviews kann man so etwas durchaus verifizieren.
Die Links zu Impressum, Datenschutz und AGBs in Online-Shops werden ja auch in den seltensten Fällen geklickt. Die dahinterliegenden Inhalte liest niemand. Und trotzdem würde ich persönlich niemals in einem Shop bestellen, der mir diese Informationen nicht anbietet.
Kommunikation: Dieses Jahr haben wir sehr viel am Bannertext gearbeitet. Die jetzige Kommunikation ist unsere erfolgreichste bisher. Hier wiederhole mich gerne: Es gilt dabei die Menschen mit sehr wenig Text von einer Spende zu überzeugen. Natürlich haben wir aufgrund des geringen Platzes, der uns zur Verfügung steht, nur sehr wenig Raum.
MMn ist nicht sehr wenig Text auf diesem Banner, sondern viel zu viel. Ich selbst habe (Asche auf mein Haupt) in den letzten 10 Jahren schon etliche Webbanner gestaltet bzw. umgesetzt. Nicht einer davon hat seinen Nutzern auf einen Schlag mit so einer Bleiwüste erschlagen.
Der Faktentext ist natürlich eine ganz andere Sache als die persönlichen Aufrufe. Mir selber haben die persönlichen Aufrufe während der Kampagne 2012 (https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Fundraiser_2012/Pers%C3%B6nliche_Auf...) unglaublich gut gefallen und auch sehr viel Spass gemacht. Aber der kondensierte zahlenorientierte Faktentext funktioniert einfach um Längen besser, d.h. er spricht mehr Menschen an.
Woran machst Du das fest? Die Veränderung des Umsatzes von Jahr zu Jahr hängt neben der Gestaltung des Spendenbanners doch noch von vielen anderen Faktoren ab (z.B. von einer steigenden Nutzungsfrequenz oder der Gewöhnung an Online-Zahlungen)...
Design: Ja, die Banner sind nicht sehr schön. Aber wir testen auch Design und all die Hervorhebungen, Farben, Formulare im Banner sind nicht ohne Grund da. Denn auch diese Konstellation ist Ergebnis der Tests. Wenn wir jedoch Ästhetik vor Effektivität setzen, gibt es einfach Folgewirkungen wie z.B. eine längere Kampagne oder geringere Einnahmen.
Ohne jetzt eine müßige Form vs. Funktion-Debatte führen zu wollen (die mMn übrigens von einem sehr eingeschränkten Designbegriff zeugt):
Bei großen und erfolgreiche Marken (von Mercedes-Benz bis Google) gibt es eigene Abteilungen, die nur dafür da ist, über die Coporate Identity und die Einhaltung der zugehörigen CD- und UI-Guidelines zu wachen und so für eine konsistente, wiedererkennbare und erfolgreiche Markenkommunikation zu sorgen. Und auch die Wikimedia hat Visual Identity Guidelines (die leider in diesem Banner keinerlei Anwendung finden).
Eine stringente Design-Policy steht also nicht im Widerspruch zum Erfolg sondern bedingt diesen nachhaltig. Hässlichkeit und Effektivität gleichzusetzen, halte ich für eine gefährliche These.
Marke: Das ist eine schwierige Diskussion, da diese in der Regel sehr subjektiv geführt wird. Der anekdotenhafte Verweis auf Fragen in FzW oder auf Facebook und Twitter ist dabei sicherlich auch nicht sehr hilfreich.
Doch, das ist er. Dort werden nämlich die Probleme problematisiert, bevor sie voll durchschlagen. Auch hier verweise ich gerne auf die großen Marken, die mittlerweile u.a. deshalb eigenen Socialmedia-Abteilungen betreiben, um solche Probleme frühzeitig zu erkennen und reagieren zu können. Wenn die nämlich erstmal in den MainStream-Medien angekommen sind, ist es dafür oft zu spät.
Meines Erachtens muss eine große Spendenkampagne wie die unsrige auch auf diesen Kanälen kommunikativ begleitet werden. Nichts vernichtet mehr Vertrauen (und damit auch Spendenbereitschaft) als das Gefühl, dass der Spendenempfänger nur am Geld interessiert ist und Feedback ignoriert.
Ich weiß nicht, wie man hierüber am besten diskutieren kann. Eines können wir jedoch festhalten: Wir überzeugen von Jahr zu Jahr immer mehr Menschen von einem finanziellen Engagement für Freies Wissen. Man könnte hier somit auch die Gegenthese aufstellen, dass gerade das Fundraising an der Verbesserung der Marke gearbeitet hat.
Da das Fundraising ja nicht mal die (Bild-)Marke verwendet, sondern quasi huckepack auf der (zweifelsohne) positiv konotierten Wikipedia segelt, halte ich das für eine sehr gewagte These.
Ich wurde in meiner Zeit als Fundraiser bei Wikimedia Deutschland sehr wenig auf die Durchführung und inhaltliche Ausgestaltung der Kampagne angesprochen.
Das könnte daran liegen, dass sich die Leute, die sich an dieser Kampagne stören, sich selten bis nie zu Euch durchtelefonieren (wie auch - im Banner ist ja keinerlei Kontaktmöglichkeit angeben). Im besten Fall landen diese Leute auf Seiten wie der /WP:Auskunf /oder bei /WP:Fragen zur Wikipedia//./ Es lohnt sich also durch aus die dortigen Diskussionen mal mitzulesen...
- https://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Suche?search=Spendenbanner&prefix=... - https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spezial%3ASuche&profile=defau... - https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spezial%3ASuche&profile=defau... - https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion:Hauptseite#Zum_Spendenauf...
...und auch die anderen sozialen Medien im Blick zu behalten: - https://twitter.com/search?q=wikipedia spendenbanner&src=typd
Es gibt sogar eine Parodie in der Titanic: - http://www.titanic-magazin.de/spendenbanner-wikipedia/
Ein positives Echo sieht anders aus...
Ich freu mich über jede konstruktive Kritik und auch Verbesserungsvorschläge. Aber bitte nutzt dafür die Portalseite, damit hier Ideen gesammelt und strukturiert diskutiert werden können und bitte habt dafür Verständnis, dass wir auf der Zielgeraden der jetzigen Kampagne nicht sofort auf Diskussionen eingehen können.
Der Bitte komm ich gerne nach. Ich würde Euch jedoch bitten Eure vorschläge dort zu einem Zeitpunkt zur Diskussion zu stellen, an dem man noch konstruktiv eingreifen kann. Das Feinjustieren kleinster Details mittels A/B-Test ist für die Community nämlich weitgehend uninteressant.
Ihr könnt Euch auch gerne mal persönlich bei mir melden, sobald ihr wieder etwas Zeit habt. Dann kann ich Euch gerne erläutern, was ich warum aus meiner gestalterischen Sicht anders machen würde...
Bis dahin noch viel Glück für die Restkampagne und danach besinnliche Weihnachten ;)
// Martin