Meine Güte. Da war doch ein Wiki-Maxim, so was wie
Assume good faith.
Wurde der abgeschafft? Nach einem anstrengenden Tag bei meiner 'day job' und ein absolut frustrierende Darstellung der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der WM in Schweden, muss ich wohl auch hier noch mal Stellung nehmen. Eigentlich geht es nur den Vereinsmitgliedern was an, aber im Sinne der Transparenz tue ich das hier.
Obwohl ich keine Juristin bin, in mein Verwaltungshandeln habe ich eins gelernt: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.
Ich schlage vor, wir nehmen uns die Wahlordnung [1] und die Satzung [2] zur Hand. Das sind diejenigen, nach dem wir seit einigen Jahren verfahren, wenn ich recht informiert bin, und sie sind nicht außer Kraft gesetzt worden.
§2 (1) der Wahlordnung: "Für die Vorbereitung und Organisation der Wahlen und Abstimmungen ist der Vorstand von Wikimedia Deutschland verantwortlich. Er kann die dafür notwendigen Aufgaben an die Geschäftstelle delegieren."
Und er hat genau das getan. Die Geschäftsstelle hat zur Vorbereitung die Wahlbriefe aufgemacht (immer zwei Personen haben zur Protokoll gegeben, wieviele das waren) und die Wahlberechtigung kontrolliert. Die Originalunterschriften sind in der Geschäftsstelle, ein Ordner mit Kopien wurde mir als Zählkommissionsvorsitzende ausgehändigt.
Wir lesen weiter:
§ 3 (2) "Der Zählkommission obliegen insbesondere folgende Aufgaben:
* das Sicherstellen der Einhaltung der Grundsätze demokratischer Abstimmungen und Wahlen, insbesondere bei geheimen Abstimmung und Wahlen * das Entgegennehmen der Stimmzettel * das Auszählen der Stimmen * die Feststellung der abgegebenen, der gültigen, der ungültigen und der jeweils auf die Kandidaten bzw. den Antrag entfallenen Stimmen und des daraus resultierenden Wahl- bzw. Abstimmungsergebnisses * im Falle einer Wahl die Frage an die gewählten Kandidaten, ob diese die Wahl annehmen."
Die Grundsätze demokratischer Abstimmungen sind: allgemeiner (jeder im Verein dürfte wählen), unmittelbarer (keine Wahlmänner oder -frauen werden gewählt), freier (jeder hatte die gleiche Wahl: ja oder nein), gleicher (jede Stimme zählte gleich viel) und geheimer (unbeobachtet ausfüllen und in eine Urne werfen, es ist nicht möglich festzustellen, wer was gewählt hat) Wahl.
Ach ja, und transparent hat es zu sein, also dürfte jeder - auch Anwälte - zuschauen.
Also erste Spiegelstrich: check.
Im zweiten Spiegelstrich steht "Stimmzettel". Die haben wir in verschlossenen Umschläge bekommen. Beim ersten Wahlgang müssten wir noch mal nachzählen, wieviele es waren, und entscheiden über die Fälle, wo Leute die Anweisungen nicht folgen könnten, also kein Wahlschein im Umschlag waren oder der Name unleserlich war, etc. Dann haben wir die Umschläge aufgetrennt und sortiert in Kästchen. Da die Wahlzettel farbig waren, ging das relativ schnell. Die Kästchen wurden dann versiegelt, dann gingen wir nach oben, um den
dritten Spiegelstrich zu erfüllen. Wir haben doppelt gezählt, weil ich zickig bin bei so was.
Der vierten Spiegelstrich war im ersten und dritten Wahlgang einfach, da klare Mehrheiten herrschten. Beim zweiten Wahlgang - eine Satzungsänderung, haben wir von der Satzung § 9 (4) angewendet: "Für Satzungsänderungen und Beschlüsse zur Auflösung des Vereins ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich."
Bleibt noch zu klären, was eine "abgegebene Stimme" ist. Zurück zur Wahlordnung verrät uns im § 5 (2) unter anderem "Enthaltungen und ungültige Stimmen werden als nicht abgegebene Stimmen gewertet."
Wenn ich mich recht entsinne, waren es 180 Stimmzettel, davon 3 die als nicht abgegeben zu werten sind, also 177. 115 waren für die Satzungsentwurf von Sebastian Moleski. Bei 180 hätte man 120 "ja" gebraucht, bei 177 reichten 118. 115 < 118 < 120, also war es egal, wie rum gezählt wurde, Antrag ist *nicht* angenommen.
Gewählt wurde niemand, also entfiel den 5. Spiegelstrich, wir haben die Protokolle ausgefüllt, unterschrieben, alles versiegelt und wieder an die Geschäftsstelle in der Person von Henriette übergeben.
Alles abgelehnt. Aber gute Diskussionen gab es.
Es steht uns frei, wenn unsere Paranoia überhand nimmt, die Wahlordnung zu ändern. Wir können die Zählkommission übertragen, die Wahlscheine zu prüfen. Das dauert aber dann ziemlich lange, dazu müsste es in der Tat eine bereits vorher bestimmter Zählkommission geben, die ggf. am Vortag anreist zu diesem Zweck. Aber das kostet Hotelkosten und wer darf dann mit den Wahlzettel schlafen? Oder wir stehen früh auf, aber ganz ehrlich, ich will eigentlich bei der Sitzung mitdiskutieren, nicht nur mit zählen beschäftigt sein.
Wir können Wahlkabinen einführen, wir können Wahlprüfer wählen, dessen Aufgabe es ist, die Zählkommission zu prüfen,.....
Aber wir sind ein Verein. Wir haben ein gemeinsames Ziel: "Antworten auf die Frage zu finden, wie das Wissen endgültig befreit und damit allen Menschen dauerhaft zugänglich gemacht werden kann." Das steht im Prämbel der Satzung, und das ist mein Grund, in diesen Verein zu sein.
Wenn wir uns gegenseitig immer verdächten, und zanken wie eine WG kurz vor der Auflösung über jedes Haar was noch am Badezimmerboden klebt, kommen wir nicht weiter.
Wir müssen uns als Verein - und ich appelliere an der Vorstand dieses auch konsequent zu tun - noch viel mehr an Transparenz in allen Lebenslagen arbeiten.
Ich finde es nicht notwendig, die Wahlordnung zu ändern, obwohl ich gestern Abend so was erst mal formuliert habe. Ich finde es albern, und der Aufwand steht im keinen Verhältnis zum Zugewinn an Vertrauen in das Ergebnis. Aber wenn wir das so beschließen, dann soll das so sein. Wir sollten dann aber auch einen Passus aufnehmen, dass wenn sich keine Freiwilligen für das Amt der Zählkommission findet, es gelost wird unter den Anwesenden.
Können wir nun zurück zur Löschkriege und Wikimania-Stipendien zurückkehren?
Danke.
----- [1] http://www.wikimedia.de/wiki/Wahlordnung [2] http://www.wikimedia.de/wiki/Satzung