Herr Biere hat geantwortet und mir freundlicherweise erlaubt, seine Mail an
diese Liste weiterzuleiten.
-------- Original-Nachricht --------
Betreff: AW: Satzungsentwurf Wikimedia e.V.
Datum: Wed, 9 Jun 2004 16:51:16 +0200
Von: Sebastian Biere
An: Kurt Jansson
Sehr geehrter Herr Jansson,
hier in aller Kürze meine Anmerkungen zu Ihren Fragen:
* Einige sahen in diesem Absatz eine eventuelle Gefahr
im
Hinblick auf die
Anerkennung der Gemeinnützigkeit (weil sie vermuteten, dass sich
das Finanzamt
daran stören könnte und ggf. langwierige Prüfungen notwendig
würden, ob die
Foundation auch gemeinnützig im Sinne des deutschen Rechts ist).
* Andere befürchteten, dass bei einer Streichung des Absatzes die
Möglichkeit
entfallen würde, Spenden zu sammeln und diese Gelder in die USA
zu transferieren.
§ 2 Abs. 3 der Satzung ist mit Blick auf die sogenannte "Unmittelbarkeit"
bedenklich und dürfte der Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft
entgegen stehen.
Eine gemeinnützige Körperschaft verfolgt nur dann unmittelbar ihre
steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck, wenn sie selbst diesen Zweck
verwirklicht. Die Eigenverwirklichung kann nach § 58 Nr. 1 AO grundsätzlich
auch darin bestehen, einer anderen Körperschaft Mittel zu verschaffen, um
dieser die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zu ermöglichen.
Allerdings wird eine ausländische Körperschaft, die dem deutschen Recht
nicht unterliegt, nicht als steuerbegünstigte Körperschaft angesehen (so
ausdrücklich das Finanzministerium Niedersachsen in einem Rundschreiben vom
4. Dezember 2000). Eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit der ausländischen
Körperschaft ist der mir vorliegenden einschlägigen steuerrechtlichen
Literatur nicht zu entnehmen.
Ich geäußerten Bedenken kann ich daher nur bekräftigen.
== Liste der noch offenen Fragen ==
2.) Halten Sie folgende Formulierung für sinnvoll, um das
Verhältnis zwischen
Wikimedia Foundation und Verein klarzustellen und Bedenken seitens der
Foundation (in Bezug auf eine Abspaltung) zu beseitigen?
Der Verein ist eine Sektion (local Chapter) der Wikimedia Foundation
Inc. (Florida, USA), die als Dachorganisation aller nationalen
Wikimedia-Sektionen fungiert und die dem Vereinszweck entsprechenden
Aktivitäten im internationalen Sektor koordiniert. Der Name "Wikimedia"
sowie die Namen der verschiedenen internationalen Wikimedia-Projekte
werden von der Wikimedia Foundation Inc. verwaltet und kontrolliert.
Den Begriff "Sektion" und "Dachorganisation" halte ich für bedenklich,
da
hierdurch eine mögliche Unselbständigkeit des Vereins zum Ausdruck kommt.
Grundsätzlich kann der rechtsfähige Verein der "Dachorganisation" beitreten.
Formulierungen wie "Der Verein nimmt die Aufgaben einer Sektion (local
Chapter) der Wikimedia Foundation Inc., (...)", aus denen die
Eigenständigkeit hervorgeht, halte ich für unbedenklich.
3.) Ist die Regelung, dass bei Ausscheiden eines
BGB-Vorstands
ein Beisitzer in
den BGB-Vorstand nachrückt rechtlich in Ordnung, oder ist das
nicht zulässig?
Müssen dann alle Beisitzer beim Amtsgericht eingetragen werden
oder muss die
Eintragung nur im Falle eines Nachrückens geändert werden?
Der Begriff des Beisitzers ist kein fester Rechtsbegriff. Nach Ihrer Satzung
hat der Verein zwei unterschiedliche "Vorstände". Einen sogenannten
"erweiterten Vorstand" und einen Vorstand nach § 26 BGB. Möglich ist, dass
hier das Vereinsregister eine deutlichere Unterscheidung für erforderlich
hält.
Beisitzer, die dem "Vorstand" angehören, müssen nicht beim Vereinsregister
angemeldet werden. Ein automatisches Nachrücken der Beisitzer als
"Ersatzmitglieder" ist grundsätzlich möglich. Aus der Satzung sollte
hervorgehen, dass das Ersatzmitglied für die restliche Amtszeit Mitglied des
Vorstandes ist. Bei der Bestellung der "Beisitzer" bzw.
"Ersatzmitglieder"
ist die Reihenfolge festzulegen, in der sie zum Zuge kommen. Da bei Ihnen
die innere Organisation des Vorstandes durch die Satzung vorgegeben ist, ist
bei der Bestellung besonders darauf zu achten, dass die Reihenfolge des
Nachrückens eindeutig ist.
Erst mit dem Ausscheiden des Vorstands und Nachrücken des Ersatzmitgliedes
ist die Änderung des Vorstands beim Vereinsregister anzumelden. Erst dann
prüft das Vereinsregister, ob das Ersatzmitglied eindeutig bestimmt werden
kann und damit die Bestellung wirksam ist.
4.) Kann man die Haftung des Vorstandes verringern,
beispielsweise durch eine
Beschränkung auf Fälle grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz? Wenn ja, wie?
Entscheidend ist hier, wem gegenüber hier die Haftung eingeschränkt werden
soll. Die Haftung nach § 31 BGB, also die Haftung für den Schaden, den der
Vorstand einem Dritten zufügt, kann nicht durch die Satzung beschränkt
werden. Eine Beschränkung der Haftung des Vorstandes gegenüber dem Verein
ist hingegen grundsätzlich möglich.
5.) Ist es notwendig/sinnvoll, in §12 bereits jetzt
eine Organisation zu
benennen, an die im Falle der Auflösung des Vereins das Vermögen
übertragen wird?
Die Benennung ist nicht zwingend.
6.) Gibt es sonst noch irgendwelche Ungereimtheiten
oder
Unklarheiten in der
Satzung, die wir korrigieren sollten?
Das habe ich mir aus zeitlichen Gründen noch nicht angeschaut.
Bei offenen Fragen können Sie mich gerne jederzeit kontaktieren. Ich wünsche
dem Verein viel Erfolg und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Sebastian Biere
Rechtsanwalt
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