Das Amtsgericht Charlottenburg hat heute die am 17. Januar 2006 gegen den Verein Wikimedia
Deutschland e.V. erlassene und kurze Zeit später zunächst außer Kraft gesetzte
einstweilige Verfügung aufgehoben. Damit kann der Verein von seiner Domain wikipedia.de
wieder uneingeschränkt zur deutschsprachigen Ausgabe der freien Enzyklopädie Wikipedia
weiterleiten. Die Weiterleitung wird noch im Laufe des Tages wiederhergestellt.
Nach Auffassung des Gerichts verletzt die Nennung des vollen bürgerlichen Namens des
verstorbenen Hackers Tron in dem entsprechenden Wikipedia-Artikel nicht das postmortale
Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Auch eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Vaters von Tron hat der Richter mit klaren Worten verneint.
"Wir freuen uns, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung vollumfänglich bestätigt
hat", meint Kurt Jansson, Erster Vorsitzender von Wikimedia Deutschland. "Wir
hoffen, dass die juristische Auseinandersetzung damit beendet ist und der Anwalt der
Kläger angesichts der Eindeutigkeit des Urteils von weiteren Schritten gegen Wikimedia
absieht", erklärt Jansson. Denn wenn die letzten Wochen eines gezeigt hätten, dann
dass die juristische Auseinandersetzung einer sachlichen Debatte nicht förderlich war und
dem eigentlichen Anliegen der Eltern von Tron mehr geschadet als genutzt habe. Zur
Versachlichung der Diskussion könne es auch beitragen, wenn die Eltern von Tron ihre noch
im Raum stehende einstweilige Verfügung gegen die Wikimedia Foundation (Florida, USA)
freiwillig zurückzögen; schließlich sei nicht zu erwarten, dass das Amtsgericht
Charlottenburg hier zu einer anderen Entscheidung kommen werde.
Wikimedia Deutschland appelliert auch an die aktiven Wikipedia-Autoren und die gesamte
Netzgemeinde: Der Beschluss des Gerichts betrifft nur den konkreten Fall. Über die
Veröffentlichung von Klarnamen muss weiterhin im Einzelfall entschieden werden. "Dies
hat aus unserer Überzeugung grundsätzlich nur nach sorgfältiger Abwägung aller ethischen
und juristischen Aspekte zu erfolgen", stellte der Erste Vorsitzende Kurt Jansson im
Anschluss an die Entscheidung des Gerichts klar. Auch wenn im konkreten Fall eindeutig
keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorliege, begrüßt der Verein ausdrücklich die
Forderung zur Formulierung einer Informationsethik für die Wikipedia. Wikimedia
Deutschland e.V. wolle dieses Thema zusammen mit Mitgliedern aus der Gemeinschaft der
Wikipedia-Autoren und der Öffentlichkeit in den kommenden Monaten voranbringen.
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