Die freie Enzyklopädie Wikipedia zieht nicht nur immer mehr Benutzer und Autoren an, auch die Wissenschaft interessiert sich zunehmend für Fragen rund um das Gemeinschaftsprojekt. Schon mehrere Diplom- und Magisterarbeiten haben sich aus unterschiedlichen Blickrichtungen mit der Wikipedia auseinandergesetzt. Mittlerweile gibt es aber auch deutlich umfangreichere Forschungsprojekte, die zum Teil aus Fördermitteln der EU oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert werden. Um den Austausch der Forscher untereinander zu fördern, hat der Verein Wikimedia Deutschland kürzlich an der Humboldt-Universität zu Berlin ein Wikipedia-Forschungssymposium veranstaltet, auf dem zehn Forschungsprojekte zur freien Enzyklopädie vorgestellt wurden.
"Über die Wikipedia wird inzwischen mehr geforscht als über alle anderen modernen Enzyklopädien zusammen in den letzten zwanzig Jahren", freut sich Martin Haase, Vorstandsmitglied bei Wikimedia Deutschland e.V. und Professor für Linguistik an der Universität Bamberg. Auf seine Initative hin diskutierten rund 15 Teilnehmer einen Tag lang in Berlin-Adlershof über ihre Projekte und konnten sich auf diese Weise erstmals in größerer Runde kennenlernen und austauschen. Die Forschungsprojekte betrafen sehr unterschiedliche Fächer und Fachbereiche: allen voran Soziologie und Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Künstliche-Intelligenz, Informatik, Systemwissenschaft, Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Linguistik und Publizistik.
Unter den vorgestellten Forschungsprojekten überwiegen Fragestellungen nach der Motivation für kollaboratives Arbeiten und somit danach, wie sich Kooperation konstituiert. Diese Fragen werden aus soziologischer, psychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive beleuchtet. Informatik und KI-Forschung interessieren sich vor allem für die Weiterverwendung des in der Wikipedia vorhandenen Wissens, zum Beispiel für das Erstellen von so genannten Ontologien als Basis für ein semantic web. Auch die qualitative und quantitative Auswertung von Wikipedia wird in verschiedenen fachlichen Zusammenhängen (und somit auf unterschiedliche Weise) vorgenommen, vor allem in den Geistes- und Kulturwissenschaften einschließlich der Bibliothekswissenschaft.
"Der Austausch über die Fächergrenzen hinaus ist eine große Chance, weil sich die Erkenntnisse eines Forschungsansatzes befruchtend auf einen anderen auswirken können, auch wenn sich die Methoden von Fach zu Fach sehr stark unterscheiden", stellt Martin Haase fest. So haben sich in Berlin bereits Ideen für die weitere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Projekten entwickelt. Auch Wikimedia Deutschland ist mit dem Verlauf dieses ersten Forschungssymposiums sehr zufrieden. Der gemeinnützige Verein, der sich ganz der Förderung Freien Wissens verschrieben hat, visiert deshalb bereits ein weiteres Treffen interessierter Wikipedia-Forscher und die Konstituierung eines Forschungsnetzwerks an.
Eine Übersicht über die beim Wikipedia-Forschungssymposium vorgestellten Projekte findet sich in der deutschsprachigen Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Wikipedistik/Wikipedia-Forschungssymp...
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