... Vorallem in Bezug auf die Gewinnung von Autoren aus den Wissenschaften, was mE bisher nicht recht gelungen ist. Andererseits scheint die Veranstaltung bei den Partnern durchaus beliebt zu sein (immerhin zB BASF und RoG dabei).
Ich denke, wir sollten grundsätzlicher darüber nachdenken, welche immensen Probleme Wikipedia Wissenschaftlern stellt, Zwei kann ich Euch kurz notieren:
Ich schrieb, kein Geheimnis, den WP-Artikel "Roman" - vielleicht bin ich jemand, der das beruflich tun sollte. 2005 trat die ''Enzyklopädie der Frühen Neuzeit'' an mich heran mit der Anfrage für sie den Artikel "Erzählliteratur (ca. 1470-1800)" zu schreiben. Das tat ich (weit kürzer als im WP-Artikel), meine Seiten durchliefen die Redaktionsschritte bei Metzler unbeanstandet, bis ich in der letzten Situng vor dem Druck wie ein kleiner Student als Wikipedia-Plagiator aufflog. Man hatte in meinen Seiten nicht direkt Wortgleichhheiten aber doch eine ähnliche Argumentation wie im Wikipedia-Artikel gefunden. Es ließ sich aufklären, dass das kein Wunder ist - der dortige Artikel ist von mir, aber es war für die ''Enzyklopädie der Frühen Neuzeit'' danach doch unmöglich, den Artikel zu drucken. Man wird ihn wohl durch zwei Artikel zu Roman und Novelle ersetzen, ich bin da als Autor tot. (Noch bange ich, dass sie in Reclams demnächst erscheinenden Lexikon ähnliches feststellen, ich schrieb auch dort in einem kleinen Lexikon auf Einladung den Artikel Roman, mühte mich diesmal redlich, den Text so schwer zu machen, dass niemand bei Wikipedia gegenliest).
Geschichte 2: Ich schreib vor einigen Wochen den Artikel "Aufklärung" neu und hatte zwischenzeitlich immense Bauchschmerzen. Edits kamen hinein, bei denen es mir das wissenschaftliche Genick gebrochen hätte, hätte man sie meiner Person zugeordnet. Man kann sagen: ist doch kein Problem: Die Versionsgeschichte klärt's - ist aber doch eines, da niemand so genau nachsieht. In Fachkreisen kann man den Artikel mir zuordnen, ich muss da seitdem einen heiklen Balanceakt durchführen: Wie stelle ich sicher, dass nur in die Passagen merkwürdige Edits einfließen, die man mir ganz sicher nicht zutraut? Das Problem ist dabei extrem diffizil: Ich bin auch dann als Fachwissenschaftler bedroht, wenn Edits anderer WP-Autoren sich mit Fußnoten aus der Sekundärliteratur absichern. Zum Thema Aufklärung gibt es Fragen und Fachliteratur, zu denen ich besser nicht Bezug nehme. Unter Fachkollegen sterbe ich, wenn mir auf einer Konferenz Leute begegnen und sagen: "Ich wusste gar nicht, dass Sie dieser und jener wissenschaftlichen Richtung angehören, vermutete, Sie finden solche Argumentationen suspekt..." Allein die Tatsache, dass Wissenschaftler irgendetwas nachweislich behaupten rettet mich nicht als wissenschaftlichen Autor, der selbst für eine bestimmte Position einstehen muss...
Die zwei Geschichten zeigen, dass es in der Praxis extrem heikel für den einzelnen Wissenschaftler werden kann, in Wikipedia zu veröffentlichen. Ich schlug deswegen vorlängst schon einmal vor, ganz anders über den Wissenschaftler bei Wikipedia nachzudenken. Wir sollten nicht unbedingt Wissenschaftler als Artikel-Autoren gewinnen. Wir können ihnen nur bei harmlosen Einträgen wie bibliographischen oder naturwissenschaftlichen einige Sicherheit bieten, sic da nicht selbst zu prostituieren.
Nachdenken sollten wird darüber, wie Wissenschaftler publizieren müssen - und ihnen bei uns eine adäquate Plattform geben: so etwas wie eine Wissenschaftliche Reihe, in der Konferenzbeiträge erscheinen, und die bei uns im Druck wie auch online verfügbar werden. Für Wissenschaftler spricht nichts dagegen diese Beiträge unter eine Commons-Lizenz zu stellen. Sie erhalten auch bei Rodopi, Metzler oder Reclam nichts für ihre Arbeit. Wichtig ist für sie, dass klar ist, was sie wann schrieben. Was andere danach mit ihnen machen, ist egal. Sie an uns anzubinden, ihre Beiträge in WP auszuwerten, sie mit WP zu vernetzen, wäre ein Gewinn. Wikiversity wird nicht die Lösung dieses Problems sein. Wir müssen über den WP-Tellerand sehen und begreifen, unter welchen Bedingungen und welchem spezifischen Leistungs- und Konsistenzdruck Wissenschaftler agieren müssen. Hier sehe ich bislang (Kompass 2020 las ich mir durch und erschauerte) nur ganz prekäre Gedanken eines Zuschnitts der gänzlich vorbeigeht an den realen Problemen der gewünschten Interaktion.
Die Zedler-Medaille – ich fuhr nach Frankfurt, um zu sehen, was ich von ihr denken soll. Inhaltlich ist sie prekär. Wikipedia spannt die Mainzer Akademie, BASF und Reporter ohne Grenzen ein, um seine eigenen Autoren zu ehren. Als Event ist sie indes gelungen: Es muss uns darum gehen, derartige Institutionen an uns anzubinden. Faktisch spielen diese mit, weil wir ein kleiner Mediengigant sind und sie sich selbst mit uns schmücken. Die Win/Win-Situation deckt das Unternehmen, doch das allein kann uns eigentlich nicht genügen, um das einmal so heikel zu sagen. Olaf -- Dr. Olaf Simons Forschungszentrum Gotha der Uni Erfurt etc.