Liebe Mitglieder und Freunde des Vereins,
in unserer Erklärung vom 19. Mai 2014 haben wir Euch darüber informiert, dass das Präsidium die Zusammenarbeit mit dem Vorstand vorzeitig beenden möchte.
Verständlicherweise kann vielen, die nicht einen ähnlich intensiven Einblick in die Vereinsarbeit wie das Präsidium haben, diese Entscheidung als übereilt erscheinen. Dies ist aber nicht der Fall. Eine Trennung – auch eine gütliche – ist eine schwere Entscheidung. Das Präsidium hat darum lange erfolglos andere Lösungswege gesucht. Doch wir sind jetzt überzeugt, dass es für den Verein besser ist, die Geschäftsführung in neue Hände zu legen.
Unsere am Montag veröffentlichte Erklärung war ein Schritt, den wir unter Zeitdruck gehen mussten: Im Vorfeld unserer Sitzung vom 18. Mai hatten uns mehrere Zuschriften zu der bevorstehenden Entscheidung erreicht, so dass wir die Gefahr einer unkontrollierten öffentlichen Debatte sahen. Wir bedauern, dass wir dadurch auf viele berechtigte Fragen nicht angemessen und zügig antworten konnten. Mit diesem Brief wollen wir entstandene Missverständnisse ausräumen, Euch über die Hintergründe der Trennung von Pavel Richter informieren und einen Blick in die Zukunft werfen.
== Unterschiedliche Auffassungen über die Schwerpunktsetzung bei der Umsetzung der Strategie ==
In unserer Erklärung vom 19. Mai 2014 haben wir uns bei den Gründen für die vorzeitige Trennung von Pavel Richter auf die strategische Ausrichtung des Vereins bezogen und die künftige Umsetzung der Strategie genannt. Hierzu möchten wir klarstellen: Die Differenzen bestehen nicht in den strategischen Zielen selbst. Die neue Strategie wurde seit 2012 in einem transparenten und kollaborativen Prozess zusammen mit vielen Stakeholdern in und um den Verein erstellt. Das neue Strategiepapier bedeutet keine Abkehr von der bisherigen Arbeit des Vereins. Einige Kommentatoren sehen eine Kontinuität zur vorherigen Strategie in vielen Punkten – und das ist richtig.
Unsere Differenzen mit dem Vorstand liegen nicht in den strategischen Zielen. Wir haben unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Schwerpunkte bei ihrer Umsetzung gesetzt werden sollten.
Schon während des Strategiefindungsprozesses – der bereits unter dem 2. Präsidium gestartet und seitdem intensiv diskutiert worden ist – wurde deutlich, dass es zwischen Präsidium und Vorstand große Uneinigkeit mit Blick auf die praktischen Konsequenzen der neuen Strategie gibt. So wünscht sich ein Großteil des Präsidiums beispielsweise eine deutlich stärke Fokussierung auf die Einbindung und Förderung von Mitgliedern und Freiwilligen.
Präsidium und Vorstand sind sich darüber hinaus auch bei der strategischen Führung und Weiterentwicklung des Vereins im Allgemeinen uneins. Hier haben sich dem Präsidium über viele Monate hinweg unüberbrückbare Differenzen bezüglich der Erwartungen und der Form unserer Zusammenarbeit gezeigt.
== Die Trennung vom Vorstand war keine leichtfertige Entscheidung ==
Diese Differenzen haben sich über einen längeren Zeitraum herauskristallisiert und immer weiter verstärkt – obwohl wir sie bei intensiven Diskussionen innerhalb des Präsidiums und mit dem Vorstand wiederholt thematisiert haben. Unsere Entscheidung haben wir darum keineswegs überstürzt oder leichtfertig getroffen: Sie ist vielmehr das Ergebnis eines langen Prozesses, der schon bis in die Amtszeit des vorherigen Präsidiums zurückreicht. Nach langen Diskussionen kam die sehr große Mehrheit des Präsidiums schließlich zu der Erkenntnis, dass die Vorstellungen von Präsidium und Vorstand mittlerweile zu unterschiedlich sind, um die Zusammenarbeit weiter fortsetzen zu können.
Den Beschluss zur Trennung vom Vorstand haben wir mit neun Ja-Stimmen bei einer Enthaltung getroffen. Diese große Mehrheit kam zustande, obwohl sich das Präsidium aus Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammensetzt, die zudem über sehr unterschiedliche Erfahrungen in unserem Gremium verfügen.
== Wir schätzen die in den letzten fünf Jahren erbrachte Leistung des Vorstands sehr ==
Pavel Richter hat die Entwicklung des Vereins mit Professionalität und Leidenschaft geprägt und vorangebracht. Die Trennung vom Vorstand erfolgt darum in gegenseitigem Respekt. Beide Seiten legen großen Wert auf eine geordnete Übergabe, für die wir ausreichend Zeit eingeplant haben: Unsere Vereinbarung mit Pavel Richter sieht vor, dass die Zusammenarbeit in beiderseitigem Einverständnis noch mehrere Monate fortgesetzt werden kann, wenn eine stabile Vereinsarbeit das erfordert.
Uns ist bewusst, dass auch nach dieser Erklärung noch Fragen offen bleiben. Viele unserer Erläuterungen sind nur exemplarisch oder mussten abstrakt gehalten werden. Bitte versteht, dass Personalangelegenheiten nicht öffentlich im Detail diskutiert werden können. Wir werden Euch baldmöglichst über weitere Einzelheiten informieren. Wir hoffen aber, dass wir zumindest die wichtigsten Missverständnisse ausräumen konnten und Ihr unsere Entscheidung jetzt besser nachvollziehen könnt.
== Weiterentwicklung des Vereins muss im Zentrum stehen: Was wollen wir erreichen? ==
Unser Schritt eröffnet dem Verein die Chance, nach zehn Jahren die bestehende Situation zu hinterfragen und konkrete Änderungen in Angriff zu nehmen. Wo stehen wir in Bezug auf die Vereinsziele? Wie können wir die unterschiedlichen Positionen aller Interessengruppen zusammenbringen? Wie stärken wir die Mitwirkungsmöglichkeiten der Communities und der Mitglieder? Und schließlich: Wie ermöglichen wir konkret die Förderung freien Wissens, insbesondere innerhalb der Wikimedia Projekte?
Um diese Fragen zu beantworten und Änderungen in die Wege zu leiten, haben wir eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Zum Beispiel wird mit der Veröffentlichung der Strategie der Strategieprozess fortgeführt, nicht abgeschlossen: Wir streben einen lebendigen Prozess an, der kontinuierlich und im Dialog weiterentwickelt wird. Dafür brauchen wir Euch! Desweiteren wollen wir die Transparenz und die Beteiligung sogar noch steigern, wobei wir auf den Erfahrungen mit der Einbindung vieler Menschen im bisherigen Prozess aufbauen möchten. Und wir initiieren – was nach dem rasanten Wachstum der letzten Jahre geboten ist – eine Überprüfung unserer Strukturen und Regeln (Governance Review) mit der Fragestellung: Wie können wir sicherstellen, dass wir unserem professionellen Anspruch und der Idee einer demokratischen, transparenten Vereinsstruktur gerecht werden?
Der Dialog ist eröffnet. Sprecht mit uns, kritisiert uns, macht Vorschläge, fragt, bringt euch ein! Wir sind da, für Euch.
Für das Präsidium: Anja Ebersbach, Tim Moritz Hector, Steffen Prößdorf, Jens Best, Jürgen Friedrich, Markus Glaser, Ralf Bösch, Sebastian Wallroth.
22. Mai 2014