Jetzt wollte ich zu diesem Thema auch noch einige Gedanken loswerden, insbesondere ergänzend zu dem was Olaf geschrieben hat. Neben dem, was er beschreibt, sehe ich noch ein weiteres Problem bei der angestrebten Beteiligung von Wissenschaftlern in deren Fachbereich in der Wikipedia:
Die Wikipedia ist ein Projekt, das von Freiwilligen in deren Freizeit bearbeitet wird. Nun geht es mir selbst so, dass ich mich in meiner Freizeit nicht mit dem beschäftigen will, was ich schon studiere/arbeite, zumindest nicht hauptsächlich. Man will sich dann lieber anderen Interessen widmen. Vielen geht es da ähnlich, wenn auch sicher nicht allen. Und genau das ist, denke ich, was das dauerhafte Mitarbeiten von Wissenschaftlern in deren Fachbereich auch erschwert, neben den fehlendem Nutzen oder vorhandenen Nachteilen für die Wissenschaftler. Bei einem Wettbewerb, der die Autoren mit einem Preis "ködert", mag man das noch ausgleichen können, aber das Engagement wird dann nicht von Dauer sein. Auch wenn man das eigentlich erreichen wollte.
Man sollte sich also vielleicht vom Ziel, Wissenschaftler dazu zu bringen, in ihrem Fachbereich in der Wikipedia Artikel zu schreiben, mehr oder weniger verabschieden. Denn zumindest kurzfristig sehe ich dafür kaum Erfolgschancen. Mit der Zeit kann sich das sicher ändern, wenn sich auch der wissenschaftliche Diskurs und die Publikationsformen durch die Möglichkeiten des Internets (und die schlichte "Anwesenheit" der Wikipedia) verändern. Wer bei der Wikipedia mitschreiben will, für den brauchen wir keinen Wettbewerb, der kommt auch so. Und für die brauchen wir dann einen guten Umgang mit neuen Autoren.
Wo ich aber durchaus noch Chancen sehe, und was meines Wissens noch nicht versucht wurde, ist Wissenschaftler mehr in redaktionelle Prozesse einzubinden. Also im einfachsten Fall, dass bei möglichen Fehlern im Artikel auf der Diskussionsseite darauf aufmerksam gemacht wird. Oder dass sich Wissenschaftler an Reviews beteiligen. Für beides ist keine so genaue Regel- und Syntaxkenntnis erforderlich, es liegt glaube ich den meisten Wissenschaftlern auch näher, die Artikel zu kritisieren und auf Fehler aufmerksam zu machen, als sich direkt am kollaborativen Schreiben zu beteiligen (das klingt vermutl. abwertender, als es gemeint ist). Dennoch können solche Hinweise oft eine große Hilfe sein. Es sollte also mehr darauf hingewiesen werden, dass sich man auch über Diskussionsseiten, Reviews u.Ä. an den Artikeln beteiligen bzw. auf Fehler aufmerksam machen kann. An das Support-Team gehen zum Beispiel immer wieder Hinweise zu Fehlern in Artikeln. Und bei einer Beteiligung im Review oder auf der Diskussionsseite wäre für den Wissenschaftler das von Olaf genannte "Risiko", denke ich, deutlich geringer - Er hat ja nur "ein paar Tipps gegeben" und steht auch nicht in der Versionsgeschichte. Hier ist vielleicht auch die Einstiegshürde für viele geringer als beim direkte Mitschreiben am Artikel, wenn denn die Möglichkeit bekannt ist.
Übertragen auf die Zedler-Medaille, nur mal als Gedankenspiel, könnte das bedeuten, dass man ihr Konzept etwas auf den Kopf stellt. Das heißt, Wikipedia-Autoren schreiben Artikel, die dann von Wissenschaftlern des Fachs für reviewt werden. Das würde dann natürlich in starke Konkurrenz zum Schreibwettbewerb treten. Oder man vergibt den Preis für das hilfreichste Review, wie auch immer man das dann ermittelt ;)
Alex
P.S.: Bei Zedler habe ich nicht den Eindruck, dass sich die Jury zu jedem Thema so gut auskennt, dass sie die Artikel immer richtig einschätzen kann. Das ist, so wie die Preisvergabe jetzt ist, im Grunde auch schlecht möglich. Zumindest darüber sollte man sich nochmals Gedanken machen.